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Gezahlt wird gerne später

Marktzulassung: Spanien und Portugal verlangen Registrierung von Medizinprodukten aus der EU
Gezahlt wird gerne später

Trotz EU-Harmonisierung müssen ausländische Hersteller Medizinprodukte mit CE-Kennzeichnung gesondert registrieren, bevor sie diese auf dem iberischen Markt platzieren. Schwierigkeiten gibt es mit der laxen Zahlungsmoral in Europas Südwesten.

Spanien unterscheidet sich von Portugal – nicht nur in der Sprache. „Auch die Mentalität ist eine ganz andere“, betont Jürgen Kiesel, Area Manager Südeuropa bei der Sirona Dental GmbH in Salzburg. Viele Firmen betreuten Portugal als Zweitmarkt von Spanien aus, was nur bedingt funktioniere. Daher hat das Unternehmen einen portugiesischen Händler mit ins Boot genommen: „Das hat uns zusätzliche Türen geöffnet“, sagt Kiesel.

Grundsätzlich ist es möglich, spanische Kunden direkt zu bedienen. Es wird jedoch empfohlen, sich einen lokalen Repräsentanten zu suchen. Nicht nur wegen der Größe des Marktes, seiner Besonderheiten und der Sprachbarriere, sondern auch, um überhaupt ins Geschäft zu kommen.
„Es ist ein Markt, der nach wie vor über die persönlichen Kontakte läuft. Egal, ob Sie Ärzte, private Krankenhäuser oder Einrichtungen der Sozialversicherung beliefern“, erklärt der Rechtsanwalt Georg Abegg, der für die Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner in Madrid arbeitet. Ausländische Unternehmen kommen nur schwer direkt mit den Betreibergesellschaften oder anderen Entscheidern in Kontakt: Deshalb wird neben der Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Vertreter vor Ort auch der Aufbau einer eigenen Niederlassung empfohlen. Das Gesundheitswesen in Spanien ist dezentral organisiert, und die Zuständigkeit liegt bei den einzelnen autonomen Regionen und Gemeinden. Aufgrund des stark aufgespaltenen Marktes, unterschiedlicher Ausschreibungsverfahren und Einkaufssysteme sei bei den Großunternehmen der Branche sogar der Trend zu eigenen Repräsentationen in den einzelnen Landesteilen festzustellen, schreibt die Zeitschrift „Economía”, die von der Deutschen Handelskammer für Spanien herausgegeben wird, im Mai 2010. „Ein Neueinsteiger muss sein Produktsortiment jeder Region anbieten“, sagt Manuel Jiménez, der Geschäftsführer von B. Braun Spanien.
Vor dem Verkauf steht die Bürokratie. In Spanien wurde die EU-Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte in die Königliche Verordnung 1591/2009 übertragen. Produkte der Klassen IIa, IIb und III sind in einer spanischen Datenbank zu registrieren, auch wenn sie eine CE-Kennzeichnung haben. Zuständige Stelle ist die Spanische Agentur für Medikamente und medizinische Produkte (AEMPS/AGEMED). Sie ist innerhalb des Gesundheitsministeriums für Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Medizinprodukten zuständig, die in Spanien vermarktet werden.
Im Nachbarland Portugal müssen Medizinprodukte bei der Nationalen Behörde für Medikamente und Medizinprodukte (Infarmed) registriert werden. Hier wurde die Richtlinie 93/42/EWG in der Verordnung 273/95 umgesetzt. Seit März 2010 ist es Pflicht, Infarmed bereits 60 Tage vor Aufnahme der Vertriebsaktivität zu benachrichtigen. Während der Einkauf von Verbrauchsmaterial oder Medikamenten über die Zentralverwaltung für das Gesundheitswesen (ACSS) erfolgt, werden medizintechnische Produkte regional beschafft. Krankenhäuser und lokale Gesundheitsbehörden verfügen über eigene Einkaufsabteilungen.
Aufträge von unter 5000 Euro können in Portugal direkt vergeben werden, bei Werten über 75 000 Euro erfolgt eine regionale Ausschreibung. Eine internationale Ausschreibung ist bei Aufträgen ab 133 000 Euro erforderlich, die unter anderem im „Diário da República“ und über die europäische TED-Datenbank publiziert werden. Im privaten Gesundheitsbereich sind keine Ausschreibungen notwendig – umso wichtiger ist gerade hier der persönliche Kontakt.
Ein Problem ist die laxe Zahlungsmoral, die in Spanien und besonders auch in Portugal vorherrscht. Kreditsicherung und Zahlungsfristen sind für Georg Abegg daher zwei wesentliche Themen. Zwar gebe es in Spanien ein neues Gesetz, das für 2012 im privaten Bereich eine maximale Frist von 75 Tagen vorschreibt, im staatlichen Bereich liege das Zahlungsziel sogar bei 40 Tagen. Die Realität sehe jedoch anders aus, sagt der Rechtsanwalt: „Wir liegen beim Verkauf an Einrichtungen der Sozialversicherung bei 180 bis 280 Tagen.“ Bei Geschäften mit privaten Kliniken rät der Experte, sich die Zahlung abzusichern, etwa über eine Kreditversicherung. Jürgen Kiesel von Sirona Dental bestätigt:„Die haben keine Hemmungen, Rechnungen einfach nicht zu bezahlen.“
  • Bettina Gonser Freie Journalistin in Stuttgart
  • Weitere Informationen Portugal Zentralverwaltung für das Gesundheitswesen: www.acss.min-saude.pt Nationale Behörde für Medikamente und Medizinprodukte: www.infarmed.pt Spanien Spanische Agentur für Medikamente und medizinische Produkte: www.aemps.es AHK Spanien: www.ahk.es Rechtsberatung: www.roedl.com

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