Formkonzept mit „Heißer Seite“

Die Herstellung thermoplastischer Formteile für die Medizintechnik bedingt ein konsequentes Produktionsmanagement und den Einsatz hochwertiger Produktionsanlagen. Gesucht werden Systeme und Komplettlösungen sowie Partner, welche die hohen Anforderungen der Medizintechnik verstehen und erfüllen können. Speziell für diese anspruchsvollen Produktionslösungen erweitert die Hasco Hasenclever GmbH + Co KG, Lüdenscheid, ihr Produktportfolio kontinuierlich.

Grundlage für ein Spritzgießprojekt mit Heißkanaltechnologie ist die optimale Teilekonstruktion und richtige Werkzeugkonzeption. Aber auch die Komponenten des Heißkanalsystems sollten vorhanden sein, um die geforderten Kriterien erfüllen zu können. Gemeinsam mit dem Formenbau- und Spritzgussspezialisten Elm- Plastic GmbH aus Dudeldorf wurde ein 24-fach Spritzgießwerkzeug für eine Manschette aus einem LDPE (Basell Lupolen 3026K) und einem Produktionsvolumen von 12 Millionen Stück pro Jahr realisiert. Elm-Plastic bietet eine Produktpalette aus technisch anspruchsvollen, hochwertigen Kunststoffteilen für pharmazeutische Primärpackmittel und Dosierhilfen für human- und veterinärmedizinische Präparate. Die gemeinsam entwickelte Manschette hat ein Schussgewicht von 0,32 g und ist Bestandteil der dreiteiligen Dosierpipette. Um deren Dichtheit zu gewährleisten, sind hier sehr hohe Ansprüche an die Maßhaltigkeit und Toleranzen gestellt.

Wie so oft ist der enorme Kostendruck auf die Hersteller auch ein Kriterium für die Auswahl des passenden Heißkanalsystems. Um die hohen Anforderungen zu erfüllen, kam bei diesem Projekt nur ein durchgängiges Formkonzept mit „Heißer Seite“ in Frage.

Die Form auf der einen, das Heißkanalsystem auf der anderen Seite so kompakt und einfach wie möglich zu realisieren, war die Aufgabe. Dabei fiel die Wahl auf einen 4-fach Standardverteiler der Baureihe H106/…. und 6-fach Multi-Shot-Düsen Z 10425/…. mit einem Teilkreis von 40 mm Durchmesser. Durch diese Anordnung konnten die besonderen Anforderungen einer konturnahen Kühlung zur Erreichung der Zykluszeit von 12 s sowie die artikelbedingte, mehrstufige Entformung umgesetzt werden.

Die Düsenbaureihe Multi Shot ist mit offenen und konventionellen Spitzen aus einer Spezial-Molybdänlegierung erhältlich. Als Normteil sind 2-, 4- und 6-fach Düsen mit Teilkreisdurchmessern von 20, 25, 32 und 40 mm und vier unterschiedlichen Längen verfügbar. Diese Mehrfachanschnittdüse löst viele bei anderen Multidüsenkonzepten bekannte, typische Probleme durch eine völlig neue Abdichtung der Düsenspitzen. Jede Düsenspitze wird in der Anspritzkalotte durch eine Dichtkappe aus Spezialkunststoff (Mur-Seal) individuell abgedichtet. Diese Einzelabdichtung bringt viele Vorteile mit sich: Geringe Volumina von Kunststoff im gut durchspülten Kalottenvorraum erlauben schnelle Material- und Farbwechsel. Die projizierte Fläche mit Belastung durch Spritzdruck wird minimiert, was die Krafteinwirkung auf Düse und Formeinsatz erheblich mindert und somit die Lebensdauer von Düse und Form erhöht.

Stichmaßunterschiede zwischen Kalt- und Warmmaßen werden durch die Elastizität des Dichtkappenwerkstoffs ausgeglichen. Auch Düsen mit größeren Teilkreisdurchmessern können im kalten Zustand montiert werden. Das bekannte Reißen von Dichtkappen aus spröderen Werkstoffen gehört bei dieser Art der Abdichtung der Vergangenheit an. Eine optimierte Kalotten- und Spitzengeometrie erlaubt kleinste Anschnittdurchmesser ab 0,8 mm. Dadurch kann die in der Medizintechnik geforderte optimale Anschnittoptik erreicht werden.

Die vordere Zentrierung der Multi-Shot- Düse in der Kavitätenplatte oder im Formeinsatz erfolgt über ein neu gestaltetes Titanelement. Übermäßiger Wärmeabfluss wird dadurch vermieden. Ein gleichmäßiges Temperaturprofil gewährleistet sichere Produktionsprozesse und eine gleichbleibende Qualität der Spritzgussteile. Das modulare Baukastensystem der Verteilerblöcke mit über 180 unterschiedlichen Kombinationen garantiert eine sichere Verstopfung und materialschonende Schmelzeumlenkung.

Die ab Lager verfügbaren Blöcke werden neuerdings mit den bewährten, flexiblen Rohrheizkörpern Z 11381/…beheizt und so dem Aspekt der Wartungs- und Montagefreundlichkeit in vollem Umfang Rechnung getragen. Einen gleichmäßigen Wärmeeintrag und ein sehr homogenes Temperaturprofil im Block ermöglichen die beidseitig eingebrachten, flexiblen Rohrheizkörper. Die Kompression des deformierbaren Nickelgeflechts führt beim Einschlagen der Rohrheizkörper zu einem innigen Wandkontakt und somit zum optimalen Wärmeübergang vom Heizkörper in den Block. Der quadratische Querschnitt des Heizkörpers ermöglicht – im Gegensatz zu runden Heizelementen – 75 % Anlagefläche. Jüngste wärmetechnische Untersuchungen haben ergeben, dass die abgegebene Heizleistung optimal in den Verteiler eingeleitet wird. Die Konvektionsstrahlung wird durch den umgebenen Luftstrahl weitestgehend isoliert. Bei Bedarf können diese vor Ort problemlos in kürzester Zeit ausgetauscht werden, was wiederum die Produktionsstillstandzeiten erheblich verkürzt.

Nach nur rund vierwöchiger Lieferzeit für das komplette System und die von Hasco vorgefertigten Formplatten, konnte die Form bei Elm-Plastic in kürzester Zeit zusammengebaut, bemustert und nach wenigen Schuss brauchbare Teileproduziert werden. In der Zwischenzeit wurden mehrere Millionen Artikel ohne Probleme produziert. Die Spitzen zeigen bislang keinen erkennbaren Verschleiß, sodass die gleichmäßige Teilefüllung in der geforderten Qualität gewährleistet und konstant gefahren werden kann. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass jedes Werkzeug individuelle Heißkanallösungen benötigt. Wenn im Vorfeld alle Faktoren berücksichtigt und die Erfahrungen aus vorangegangen Projekten konsequent berücksichtigt werden, lassen sich auch komplizierte Projekte erfolgreich abschließen.

Armin Kölz Hasco Hasenclever, Lüdenscheid

Quadratischer Heizkörper-Querschnitt vergrößert die Anlagefläche