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Endoskopie mit Feedback

Human Centered Design: Intelligente Innovationen für die Kniearthroskopie
Endoskopie mit Feedback

Wer heute am Markt Erfolge verzeichnen will, muss offen sein für neue Innovationsprozesse. Design Thinking kann ein richtungsweisender Ansatz sein. Ein Beispiel für kreative Prozesse ist das neu entwickelte Simulationssystem Arthros, das virtuelle Knieoperationen ermöglicht.

Durch Innovation zum Erfolg – für Medizintechnikhersteller ist dieses Credo eine Selbstverständlichkeit. Doch frustriert müssen immer mehr Unternehmen feststellen, dass herkömmliche Innovationsprozesse heute nicht mehr greifen. Sie sind zu langsam, weil sie Schritt für Schritt linear ablaufen. Wenn das Produkt serienreif ist, haben sich Gesellschaft, Markt und Technologien bereits weiter entwickelt.

Die von der Schweizer Erdmann Design AG eingesetzte Alternative zu den konventio-nellen Innovationsabläufen heißt Design Thinking. Bei dieser Entwicklungsmethodik begleiten Industrial Designer von Anfang an die Produktentwicklung und wirken als eine der treibenden Kräfte des Innovationsprozesses.
„Die Stärke von Design Thinking liegt darin, dass es Prozessschritte, die bisher linear abliefen, zeitlich parallelisiert und miteinander vernetzt“, erklärt Firmengründer Raimund Erdmann. Ingenieure, Marktforscher, Designer und Controller arbeiten zusammen. Wissenschaftler sprechen mit Praktikern, Technologen sitzen mit den Kreativen am gleichen Tisch. Und weil die Designer schon von Anfang an integriert sind, stehen viel früher Design-Prototypen zur Verfügung, die am Markt getestet werden können. Dazu wird neueste Rapid-Prototyping-Technologie eingesetzt.
Als Beispiel einer gelungenen Produktentwicklung mittels Design Thinking nennt Erdmann ein neues medizinisches Praxistraining im virtuellen Raum eines Schweizer Jungunternehmens: Die Virtamed AG, Zürich, hat das Simulationssystem Arthros für das virtuelle Trainieren der Kniearthroskopie entwickelt. Um die Gebrauchsfähigkeit zuverbessern, kooperierte das Unternehmen mit den Usability-Spezialisten aus Brugg.
Wie alle Facharbeiter müssen Chirurgen ihr Handwerk gründlich lernen – theoretisch und vor allem auch praktisch. Dafür trainieren angehende Operateure an Human- oder Tierpräparaten oder in zunehmendem Maße auch mit hoch entwickelter Simulationssoftware, die chirurgische Verfahren realitätsnah erfahrbar macht.
Virtamed, ein Spin-off der Eidgenössischen Technischen (ETH) Zürich, hat sich auf Simulationen endoskopischer Operationen spezialisiert. Die Mediziner trainieren mit einem echten Endoskop im virtuellen Raum, um je nach Programm Eingriffe in der Gebärmutter vorzunehmen, Myome und Polypen zu entfernen oder auch Resektionen an Blase und Prostata durchzuführen. Die Kompetenz der Züricher liegt dabei in der lebensnahen Visualisierung des Innenraums des jeweiligen Organs sowie der gesamten Operation. Ein automatisches Feedback informiert über die Dauer und die Qualität des Eingriffes oder eventuelle Komplikationen. Die Software befindet sich seit einigen Jahren in verschiedenen Trainingszentren vor allem in den USA im Einsatz, und angehende Fachärzte trainieren damit ihre Fähigkeiten.
Zusammen mit der ETH Zürich und der Uniklinik Balgrist hat das Unternehmen ein virtuelles Training für die Kniearthroskopie entwickelt. Allerdings musste die Bedienbarkeit des Produktes durch Human Centered Design verbessert werden. „Neue Technologie muss für Ärzte und Personal einfach zu handhaben sein, wenn sie sich gegen etablierte Verfahren durchsetzen soll“, erklärt Stefan Tuchschmid, CEO und einer der Gründer von Virtamed. Um die Gebrauchstauglichkeit und Bedienbarkeit des Simulators zu optimieren, wurde mit Erdmann Design kooperiert. „Geräte mit ausgewiesenem Nutzen scheitern am Markt, wenn sie am Anwender vorbei entwickelt wurden. Eine Entwicklung muss immer kundenorientiert sein“, bestätigt Raimund Erdmann. Dabei steht Usability nicht nur für anwendergerechte Bedienung, sondern auch für entsprechende Medizinnormen. Nach DIN-Norm (EN 60601-1-6) dürfen Medizinprodukte seit 2010 nur noch auf den Markt gebracht werden, wenn der gesamte Entwicklungsprozess sowie alle Analyse- und Human-Centered-Design-Schritte in einem Usability File festgehalten wurden.
Erdmann Design bezieht Ärzte und Patienten von Anfang an in den Entwicklungsprozess mit ein, um Fragen der Anwendung schon früh zu beantworten. So wurde die Ergonomie von Arbeitsabläufen genau analysiert, um festzustellen, wann eventuell ein Werkzeug oder Kabel im Weg steht. Auch die richtige Höhe für den Arbeitsplatz wurde berücksichtigt. Herausgekommen ist ein höhenverstellbarer Caddy, in dem das gesamte Equipment inklusive Simulationssoftware, Bildschirm, Original-Operationswerkzeugen und Gummiknie untergebracht ist.
Mit dem neu entwickelten System weckte Virtamed das Interesse der Akademie für Medizinisches Training und Simulation AMTS in Luzern. Im neuausgebauten ehemaligen Frauenspital des Luzerner Kantonsspitals bietet die AMTS auf 2000 m² eine moderne Infrastruktur, welche von Unternehmen, Ärzteorganisationen, Verbänden, Kliniken und der AMTS selbst zur Durchführung einer Vielzahl von verschiedenen Veranstaltungen genutzt werden kann. Für praktische Übungen stehen voll eingerichtete Operationssäle, Workshopräume, ein Schockraum mit CT-Simulator und weitere Kursräume zur Verfügung.
„Das AMTS war für uns ein ideales Praxisumfeld, um das Simulationssystem mit Anwendern weiter zu entwickeln“, so Erdmann. Die praxisnahe Studie lieferte Virtamed wichtige Rückmeldungen für die Verbesserung ihres Produktes, und das ist wichtig für das Plattform-System, mit dem in Zukunft viele Chirurgen trainieren sollen.
Zur Serienreife wurde Arthros in Kooperation mit verschiedenen Unternehmen aus dem Schweizer Medizintechnik-Netzwerk des Medical Cluster geführt. Über den Medical Cluster vermochte Erdmann Design die Fachkompetenz der Expertgroup in das Projekt-Team einzubringen. ADS Engineering realisierte die Konstruktion der Kunststoff- und Metallteile in enger Zusammenarbeit mit Erdmann Design. „Insbesondere die Unterbringung der Elektronik in einem relativ kleinen Gehäuse bereitete dabei Schwierigkeiten bei der Konstruktion“, betont Erdmann. Die Vernetzung der Kompetenzen durch Design Thinking erlaubte jedoch, alte Denkbarrieren zu überwinden und neue Perspektiven zu schaffen. Genau dies ist der Part der Designer: Das Mögliche auszuloten, auszuprobieren und neue Formen zu schaffen. Diese Denkweise wollen sie in die Innovationsteams einbringen, sodass es nicht mehr um eine visuelle Gestaltung geht, sondern zusätzlich darum, Technologien optimal einzusetzen oder Arbeitsabläufe umzustrukturieren. Design in dieser Form geht weit über das Visuelle hinaus. su
Weitere Informationen Zum Design-Team: www.erdmann.ch Zur Akademie für Medizinisches Training und Design: www.amts.ch Zu den Simulationsexperten von Virtamed: www.virtamed.com
Ärzte und Patienten gehören zum Produkt-Entwicklungsprozess dazu

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