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Ende der Lebensdauer ist keine Überraschung mehr

Lüfter: Integriertes Diagnosesystem erkennt individuelle Frühausfälle
Ende der Lebensdauer ist keine Überraschung mehr

Selbst in einen Lüfter passt ein bisschen Elektronik hinein. Einige Daten gibt der Anwender ein, die übrigen misst das System im Umfeld. So ausgestattet, kann ein Lüfter an unzugänglicher Stelle melden, wann er ausgetauscht werden muss.

Statistische Aussagen sind nur so gut, wie es die angenommenen Eingangsdaten zulassen. Die heute allgemein angewendete Lebensdauerberechnung bei Lüftern beruht auf der Angabe statistischer Durchschnittswerte. Dazu gibt es verschiedene Berechnungsformeln, und Belastungen wie Temperatur, Drehzahlniveau oder Staub und Feuchtigkeit werden nach unterschiedlichen Kriterien bewertet. Wenn die Einsatzbedingungen stark von der Norm abweichen, kann selbst das beste Berechnungsprogramm keine realitätsnahe Aussage über die Lebensdauer eines Produktes liefern.

Gerade bei Lüftern für exponierte Anwendungen im Sicherheitsbereich oder bei Anlagen, die nur schwer zugänglich sind, wie beispielsweise Mobilfunkstationen auf Bergen, ist jedoch eine möglichst exakt bestimmbare (Rest)Lebensdauer wichtig für die Betreiber. Ideal ist daher, wenn die tatsächliche Belastung des individuellen Lüfters an seinem Einsatzort in die Berechnung mit einfließt. Wenn das gleich im Lüfter geschieht und sich dieser bemerkbar macht, sobald eine einstellbare Sicherheitsschwelle überschritten ist, verbessert das die Zuverlässigkeit der gesamten Anlage. Aus diesem Grund entwickelte die EBM-Papst St. Georgen GmbH & Co. KG aus St. Georgen im Schwarzwald Lüfter mit integrierter Elektronik. Diese berechnet die Rest-Lebensdauer unter Einsatzbedingungen ständig neu. Deshalb sind keine vorbeugenden, kostenintensiven Austauschaktionen erforderlich; das spart Zeit, Geld und Personal.
Bisherige, konservative Lebensdauer-Katalogangaben beziehen sich auf einen angenommenen, mittleren Arbeitspunkt; zum Beispiel wird die Lebensdauer L10 von 70 000 Stunden angenommen bei 40 °C Umgebungstemperatur und 3600 Umdrehungen pro Minute. Solche Angaben sind nützliche Richtwerte für die Praxisbewertung und beruhen in der Regel auf Laborversuchen bei definierten Standardbedingungen für Temperatur und Drehzahl.
Aus theoretischen Betrachtungen zur Statistik und den Ergebnissen einzelner Versuche wird auf die mittlere Lebensdauer der gesamten Produktion geschlossen. Um kürzere Testzeiten zu erreichen, wird zudem oft die Temperaturbelastung unrealistisch hoch angesetzt, um eine schnellere Alterung der Komponenten zu erreichen. Wechselnde Betriebsbedingungen, die in der Praxis immer auftreten, werden bei diesem Vorgehen nicht betrachtet.
Um statistische Aussagen zu machen, genügt es bei Lüftern, die Lebensdauer der Lagerung des Rotors zu betrachten. Ausfälle der Elektronik oder der Motorwicklung sind signifikant kleiner und können im Normalfall vernachlässigt werden.
Auf dieser Grundlage entwickelte EBM-Papst nun aber ein im Lüfter implementiertes Diagnosetool, das die individuelle Lebensdauer des Lüfters bestimmt. So können die bisherigen Grenzen der Betriebsstatistik durch exakte Datengrundlage und neue Rechenverfahren neu definiert werden.
Die Lebensdauervorhersage der Schwarzwälder Experten berücksichtigt die individuelle Historie des Lüfters im Betrieb und kann so Aussagen über eine zu erwartende Restlebensdauer unter den Anwendungsbedingungen im Einzelfall geben. Wechselnde Temperaturen (Tag/Nacht-Zyklen oder jahreszeitliche Schwankungen) werden ebenso wie die angenommene Staubbelastung vor Ort und die tatsächliche Drehzahl mit einbezogen. Aus diesen Daten berechnet die im Lüfter integrierte Elektronik die Lebensdauer.
Statt mit vorgegebenen Werten arbeitet das neue System mit der aktuellen Betriebsdrehzahl, Umgebungstemperatur und Stillstandszeiten. Ob ein Kugel- oder Gleitlager im Lüfter eingesetzt ist, wie und mit welchem Fett es geschmiert wird und andere Bedingungen werden vorgegeben. Damit können Lebensdauerreserven ge nutzt werden, da die Prognose immer die gesamte Historie des Lüfters berücksichtigt.
Das Diagnose-System betrachtet sowohl die empirisch in der Praxis ermittelten Korrelationen wie auch die in jahrzehntelangen Dauerlaufversuchen unter verschiedenen Bedingungen ermittelten Ergebnisse. Kundenspezifische Ausgabeformen der Lebensdauer wie L5 anstelle von L10 sind möglich.
Die neue Frühausfallerkennung ist besonders für Anwender gedacht, die den Lüfter nur unter hohen Kosten oder zu bestimmten Zeiten austauschen können. Mit den neuen Optionen lassen sich die Austauschintervalle rechtzeitig planen und den individuellen Anforderungen anpassen. Der vorbeugende Austausch der Lüfter kann damit entfallen.
Der Ausgang ist wahlweise über die Alarmlitze oder eine zusätzliche Leitung herausgeführt und kann digital abgerufen werden. Die Restlebensdauer lässt sich auch analog über ein PWM-Signal an einem RC-Glied ausgeben. So kann das Produkt annähernd bis zu seinem tatsächlichen Lebensende ohne Einbußen der Zuverlässigkeit genutzt werden.
  • Dipl. Ing. (FH) Frank Heller, Dr. Lutz Ramonat EBM Papst, St.Georgen
  • Andreas Zeiff Fachjournalist in Stutensee

  • Lebensdauer und Zuverlässigkeit
    Zwei gern verwendete, aber leicht zu verwechselnde Begriffe sind Lebensdauer und Zuverlässigkeit. Die Lebensdauer, oft mit L10 abgekürzt, gibt den Zeitraum in Stunden an, in dem bis zu 10 % der betrachteten Geräte ausgefallen sind. Ein L10-Wert von 100 000 Stunden bedeutet, dass 90 % der getesteten Geräte diese Laufzeit erreicht haben.
    Die Zuverlässigkeit hingegen wird mit dem MTBF-Wert (Mean Time Between Failure) angegeben. Ein MTBF-Wert von 1 000 000 h – was mehr als 110 Jahre sind – bedeutet, dass von 1000 gleichzeitig laufenden Geräten alle 1000 h – also gut alle 42 Tage – eines davon ausfällt (1000 h * 1000 = 1 000 000 h).
    Da Lüfter in der Regel nicht repariert werden können, wäre eigentlich die Bezeichnung MTTF (Mean Time To Failure) richtiger. Trotzdem hat sich im normalen Gebrauch der Ausdruck MTBF durchgesetzt. Aussagen über MTBF-Werte sind nur während der geplanten Geltungsdauer, zum Beispiel der Brauchbarkeitsdauer, gültig. Danach kann die Ausfallrate aufgrund von Abnutzungserscheinungen deutlich ansteigen.

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