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Ein Bild sagt mehr als 1000 Zahlen

Kunststoffteile: Qualitätssicherung mit optischer 3D-Messtechnik
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Bei einem Hersteller von Körperpflegeprodukten hat sich durch die Einführung von optischer Messtechnik im Bereich Qualitätssicherung nicht nur einiges verändert. Manche Prüfpraktiken wurden dadurch erst möglich.

Bei der Herstellung ihrer Produkte stehen für die Braun GmbH, Kronau im Taunus, Präzision und Maßhaltigkeit im Mittelpunkt. Waren die Bauteilkonturen in der Vergangenheit aber eher von Regelgeometrien bestimmt, wurden sie im Laufe der Zeit mehr und mehr von Freiformflächen abgelöst. Die dazugehörigen Prüfpläne wurden allerdings in Form von Zahlen aus einer 2D-Zeichnung hinterlegt.

In der Qualitätskontrolle bedeutete die Prüfung der einzelnen Merkmale aus der Zeichnung einen hohen Aufwand, eine vollflächige Kontrolle des Kunststoffbauteils war dennoch nicht möglich. Daher ist das Unternehmen auf optische Messtechnik umgestiegen: Heute nutzt das Tochterunternehmen von Procter & Gamble den Atos-3D-Digitalisierer in Verbindung mit der Inspektionssoftware der GOM Gesellschaft für Optische Messtechnik mbH mit Sitz in Braunschweig.
Die Software verfügt über einen parametrischen Kern, der die Beziehungen und Verknüpfungen zwischen den einzelnen Elementen speichert, zum Beispiel eine komplette Auswertung. Ohne zu programmieren kann dadurch ein zweites Bauteil mit derselben Auswertung belegt werden, so dass vor allem wiederkehrende Messaufgaben vereinfacht werden. Dafür wird der Messdatensatz (STL-Dreiecksnetz) beliebig eingespielt und der Updateknopf gedrückt. Die Inspektion läuft für dieses Bauteil nun automatisch durch – einschließlich der Erstellung des Prüfberichts. Wenn spätere Änderungen im Messprogramm notwendig sind, werden diese durch die Parametrik automatisch auf alle betreffenden Elemente übertragen.
Bei Braun werden auf diese Weise heute Hunderte Teile gemessen und ausgewertet – sowohl für die standardisierte Erstmuster- als auch für die Vorserienprüfung. Der 3D-Digitalisierer erfasst die gesamte Bauteilgeometrie flächenhaft statt nur weniger Einzelmesspunkte. In der Auswertung werden Maßabweichungen zum CAD-Datensatz farblich dargestellt, so dass sich Korrekturmaßnahmen durch die anschaulichen Messprotokolle von selbst erklären.
Mit Hilfe der optischen Messtechnik kann Braun außerdem deutlich mehr Erkenntnisse gewinnen: Es liegen nicht mehr nur Punkt-Punkt-Distanzen in Form von Zahlen vor, sondern das Bauteil wird vollständig erfasst und abgebildet. Dadurch konnte beispielsweise der Prozess zur Erstmusterprüfung einer Bürstenscheibe für elektrische Zahnbürsten aus einem 32-fach-Kavitätenwerkzeug im Vergleich zu früher um die Hälfte verkürzt werden. Diese Bauteile taktil zu vermessen, dauert erheblich länger und liefert dabei ausschließlich Punktdaten. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Hersteller von Elektro-Kleingeräten alle Messergebnisse mit der kostenfreien Software GOM Inspect innerhalb des Unternehmens, aber auch mit anderen Produktionsstätten tauschen und bewerten kann. So können Entscheidungen schneller gefällt werden.
Die optische Messtechnik wird nicht nur für die Erstmusterprüfung, sondern auch die Werkzeugkorrektur eingesetzt. Aufgrund der hohen optischen und haptischen Anforderungen an die Produkte setzt Braun neben verschiedenen Werkstoffen auch metallische Beschichtungen ein. Dadurch weisen die Kunststoffteile nach der Beschichtung andere Geometrien auf. Auch durch mechanisches Spannen können sie sich verziehen. Solche Bauteile werden nun vor und nach der Beschichtung vermessen, um Schwund und Verzug gegenüber dem CAD-Modell darzustellen und daraus notwendige Korrekturmaßnahmen am Werkzeug abzuleiten.
Auch bei partiell beschichteten oder weich umspritzten Bauteilen bieten die vollflächigen Messdaten Vorteile. Da mit taktilen Methoden nur einzelne Punkte angetastet werden, konnten solche Bauteile in der Vergangenheit nur schwer vermessen und ausgewertet werden. Besonders die in einigen Bauteilen von Braun integrierten 3D-Dichtungen ließen sich mit einer taktilen Messung kaum erfassen. Entsprechend zeitaufwendig war die Werkzeugkorrektur für Konstrukteure und Werkzeugmacher.
Mit der optischen Messtechnik werden bei Braun auch gängige Probleme entdeckt, die an Spritzgussteilen auftreten können, etwa Einfallstellen, vertiefte Auswerfer oder überstehende Angüsse. Sie werden anhand der vollflächigen Messergebnisse nicht nur schnell erkannt, sondern auch eindeutig lokalisiert und mit Daten untermauert. Für den Formenbauer ist dies von Vorteil, denn er kann schnell ermitteln, ob und wie in die Werkzeuggeometrie eingegriffen werden muss oder ob Parameter an der Spritzgießmaschine zu verändern sind. Die Experten bei Braun können anhand des übersichtlichen Flächenvergleichs von Ist- und Soll-Daten sogar erkennen, ob ein Problem im Werkzeug oder im Spritzgießprozess liegt.
Seit Einführung der optischen Messtechnik wurden bei Braun Zeichnungen und Prüfberichte vereinfacht. Bestanden Prüfpläne in der Vergangenheit aus Zahlenkolonnen, ermöglichen die vollflächige Datengrundlage und die übersichtliche Auswertung als Farbabweichung gegen das CAD heute eine wesentlich einfachere Darstellung der Auswertung. Mehrere 100 Seiten lange Tabellenprüfberichte schrumpfen so auf wenige Bilder und Funktionsmaße zusammen. Mittels 3D-Messtechnik gewährleistet das Unternehmen die Maßhaltigkeit des Designs bei allen Freiformflächen, zielgerichtete Maßanpassungen beim Prozess des Galvanisierens sowie die Maßkontrolle der Bauteile.
Stephanie Adolf GOM, Braunschweig

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