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Die Hochglanz-Maschine

Werkzeug- und Formenbau: Automatisiertes Laserpolieren jetzt im industriellen Einsatz
Die Hochglanz-Maschine

Bauteile – etwa für den Werkzeug- und Formenbau – werden bisher aufwendig von Hand poliert. Fraunhofer-Forscher haben eine Werkzeugmaschine entwickelt, die das mit Laserstrahlung automatisch schafft. Weitere Ideen sind in Arbeit.

Millimeter für Millimeter glättet die Fachkraft mit Schleifsteinen und Polierpasten die Oberfläche einer Metallform. Etwa zehn Minuten pro Quadratzentimeter benötigt sie dafür – eine zeitintensive und damit kostspielige Angelegenheit.

Die Zeiten solch mühsamer Handarbeit könnten aber bald der Vergangenheit angehören. Gemeinsam mit der Ravensburger Maschinenfabrik Arnold GmbH & Co. KG und der Aachener S&F Systemtechnik GmbH haben Forscher des Aachener Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT eine neuartige Werkzeugmaschine entwickelt, die auch komplexe Oberflächen poliert – mit Hilfe von Laserstrahlen. „Während konventionelle Verfahren Unebenheiten an der Oberfläche abtragen, schmilzt der Laser eine dünne Randschicht von etwa 20 bis 100 µm an der Oberfläche an“, erklärt Dr.-Ing. Edgar Willenborg, Gruppenleiter am ILT. „Diese verflüssigt sich und wird anschließend durch die physikalisch immer vorhandene Oberflächenspannung glatt gezogen.“
Abhängig vom Werkstoff erreichen die Projektpartner mit ihrem Verfahren bereits eine Oberflächengüte von einem Mittenrauhwert Ra von 0,1 bis 0,4 µm. „Beim manuellen Polieren lassen sich zwar noch bessere Ergebnisse erzielen“, räumt Willenborg ein. „Für viele Branchen ist aber eine mittlere Oberflächenqualität ausreichend – etwa beim Fertigen von Formen für die Glasherstellung, Umform- oder Schmiedewerkzeuge.“
Solche Produktionen könnten mit der Neuentwicklung viel Zeit und Geld sparen. Die Maschine bearbeitet eine Fläche bis zu zehnmal schneller als ein Handpolierer und ist für die Serienproduktion wie auch für das Polieren kleiner Stückzahlen geeignet.
Die neue Laserpolieranlage besteht aus einer fünfachsigen Portalmaschine und einem zusätzlichen dreiachsigen Laserscanner. Dank dieser Konstruktion ist das Werkstück von allen Seiten zugänglich. Ein Spiegelsystem lenkt die Laserstrahlung dabei so um, dass hohe Vorschubgeschwindigkeiten möglich sind. Auch auf kleinen Flächen kann sich der Laser in Vorschubrichtung mit mehr als 1 m pro Sekunde bewegen.
Eine durchgängige CAM-NC-Datenkette existiert bereits. Ihr Ausgangspunkt ist ein 3D-CAD-Modell des zu polierenden Bauteils. Anhand dieses Modells werden die Bahndaten für den Laserstrahl berechnet. „Für diesen Schritt nutzen wir konventionelle CAM-Programme, wie sie auch beim Fräsen eingesetzt werden“, erläutert Willenborg. „Das hat den Vorteil, dass das Programm in der Regel bereits im Unternehmen vorhanden ist und die Mitarbeiter in der Bedienung geschult sind.“
Anschließend werden die ermittelten Bahndaten an eine spezielle, am ILT entwickelte Postprozessor-Software übergeben. Diese passt beispielsweise den Laser an den jeweiligen Einstrahlwinkel oder die Bauteilkanten an.
„Indem wir mit einem völlig neuen Wirkprinzip arbeiten, können die Maschinen viel leichter gebaut werden“, sagt Willenborg. Im Gegensatz zu konventionellen Verfahren kommt es beim Laserpolieren nicht auf die Steifigkeit der Maschine an. Die Bauteilqualität ergibt sich ja nur aus der Physik des Umschmelzprozesses.
Aktuell steht die Laserpolieranlage kurz vor der Einsatzreife. Auf der diesjährigen Messe Euromold in Frankfurt zeigen die Forscher ihre Neuentwicklung erstmals der Öffentlichkeit. op
Weitere Informationen Zum Fraunhofer IPT: www.ipt.fraunhofer.de Zum Fraunhofer ILT: www.ilt.fraunhofer.de Zur Maschinenfabrik Arnold: www.arnold-rv.de Zu S&F Systemtechnik: http://sf-systemtechnik.net

Glatt automatisiert
Um durch automatisierte Prozesse erheblich schneller zu polierten Oberflächen zu kommen, arbeiten Unternehmen und Forscher seit etwa einem Jahr zusammen. Das internationale Konsortium forscht unter Federführung der Fraunhofer-Institute ILT und IPT im Projekt Polimatic, das mit 3,9 Mio. Euro von der Europäischen Kommission gefördert wird. Ziel ist es, Herstellungskosten im Werkzeug- und Formenbau zu reduzieren und gleichzeitig das Problem des Fachkräftemangels für das manuelle Polieren zu lösen. Die Werkzeugindustrie in Europa verzeichnet einen jährlichen Umsatz von 13 Mrd. Euro. Bei der Herstellung von Spritzgussformen entfallen 12 bis 15 % der Produktionskosten und 30 bis 50 % der Produktionszeit auf das Polieren. Die überwiegend kleinen und mittleren europäischen Unternehmen im Werkzeug- und Formenbau stehen aber in einem Preiskampf mit Asien.
Ziel von Polimatic ist es, zwei automatisierte Poliertechniken zu entwickeln, die bei vollständiger CAD/CAM-Kompatibilität bis zu 30 Mal schneller zum gewünschten Ergebnis führen als das manuelle Polieren. Die bisher bekannten Automationstechniken sind aber für die meisten Werkzeuge mit Freiformflächen und funktionsrelevanten Kanten nicht geeignet. Interessante Alternativen sind das Laserpolieren und das kraftgeregelte roboterunterstützte Polieren (FCRP -force-controlled robot polishing).
Als Ergebnis des Projekts sollen Bearbeitungsstrategien für dreidimensionale Bauteile und eine wissensbasierte CAx-Plattform entstehen. Eine weitere Projektaufgabe ist der Langzeittest automatisiert polierter Werkzeuge. Um das automatisierte Polieren im Vergleich zum manuellen beurteilen zu können, untersuchen die Projektpartner auch neue messbare Kriterien für die Oberflächenqualität.

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