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Der saubere Weg der Lanzette

Zuführsysteme: Automatisierung im Reinraum
Der saubere Weg der Lanzette

Die Automatisierung in der verarbeitenden Industrie ist ohne komplexe Zuführsysteme nicht denkbar. Dies gilt – mit deutlich erhöhten Anforderungen – auch für die Herstellung von Medizin- und Pharmaprodukten. Lösungen bieten die Neuentwicklungen der IMA Automation in Amberg.

Nur ein kleiner Pieks bei der Blutabnahme? Was für die meisten Menschen alle paar Jahre einmal eintritt, ist für den Diabetiker tägliche Routine. Und jeder vertraut darauf, dass die eingesetzten Stechhilfen präzise „arbeiten“ und auch den hygienischen Ansprüchen genügen. Um dies zu gewährleisten, erfolgt die Montage der einzelnen Komponenten vollautomatisch. Die Technologie kommt aus der verarbeitenden Industrie. Dort hat sich im Laufe der letzten Jahre mit Längstransfer- und Rundtaktautomaten eine sehr flexible Architektur entwickelt – auch für komplexe Anforderungen.

Ausgehend von früheren Konzepten mit starrer Kopplung oder umlaufenden freien Werkstückträgern erfolgte eine stetige Weiterentwicklung hin zu verketteten Montagezellen mit Schnelleinzug. Das bringt erhebliche Vorteile für eine prozessoptimierte Fertigung mit sich, gerade bei der Verknüpfung von Prozessen mit unterschiedlichen Taktzeiten. Und genau diese Technik ist auch im Bereich der automatisierten Montage von Medizin- und Pharmaprodukten auf dem Vormarsch. Die deutlich höheren Anforderungen in diesem Bereich spiegeln sich nicht nur in der Sauberkeit und leichten Reinigungsmöglichkeiten wider sondern auch in dem konkreten Punkt der Einhaltung einer bestimmten Reinraumklasse. Das gilt sowohl für einfache als auch komplexe Montagen mit hoher Fertigungstiefe.
Wie diese Forderungen umgesetzt werden können, zeigt das Meditec-Längstransfersystem der IMA Automation Amberg. Das Unternehmen mit Erfahrung in der Konstruktion von Rundtakt- und Längstransfersystem für die Industrie hat auf dieser Basis ein neues Konzept für die automatisierte Montage von Medizin- und Pharmaprodukten entwickelt und realisiert. „Dieser Geschäftsbereich“, so Bernhard Walter, Market Manager Medical, „ist bei uns seit drei Jahren installiert und macht bereits 20 Prozent des Umsatzes aus. Unser Ziel ist es, deutlich über ein Drittel zu kommen.“ Die integrierbaren Prozesse sind vielfältig: Angefangen vom Ausstanzen und Silikonisieren, über Ultraschallschweißen und Pflastern bis hin zum Einkleben von Nadeln.
Das Meditec-Längstransfersystem lässt sich aufgrund seiner modularen Bauweise fast beliebig verlängern und ermöglicht unterschiedliche Taktzeiten im Umlauf. Zu den zentralen Komponenten gehören die Bearbeitungs- beziehungsweise Montagezellen: Der Schnelleinzug für die 60 x 160 mm großen Werkstückträger erfolgt über den Eingriff von seitlich positionierten Zahnriemen, die über Servomotoren angetrieben werden. Die Kombination aus getaktetem Schnelleinzug innerhalb der Montagezellen und dem freien Umlauf des Werkstückträgers außerhalb ermöglicht eine hohe Flexibilität im Materialfluss.
Eine weitere Komponente neben den Zellen mit Fügen, Kennzeichnen und Prüfen sind Pick&Place-Stationen. Ihr Antrieb erfolgt in den meisten Fällen kurvengesteuert, da für diese Aufgabe oft keine hohe Flexibilität, aber höchste Zuverlässigkeit notwendig ist.
Das Meditec-Längstransfersystem ist speziell für kleine Bauteile bis zu einem Durchmesser von 60 mm ausgelegt. Die von Bernhard Walter hervorgehobenen Parameter sind der schnelle Wechsel des Werkstückträgers in weniger als 0,2 s und die hohe Positioniergenauigkeit von ± 0,02 mm. Gerade der letzte Punkt ist ein wichtiger Sicherheitsaspekt bei der Montage von Medizin- und Pharmaprodukten. Ein typisches Beispiel sind die eingangs erwähnten Lanzetten für eine hygienische und sanfte Blutgewinnung. Auch die Vorgaben in Bezug auf bakterielle Verunreinigungen unterscheiden sich von üblichen Transfersystemen in der Industrie. Aus diesem Grund sind beispielsweise die Gleitschienen der Förderstrecke aus einem speziellen, antibakteriell dotierten Kunststoff gefertigt.
Eine weitere Hauptanforderung ist die Reinraumklassifizierung. Das Unternehmen hat seine komplette Fertigungsanlage von einem unabhängigen Institut überprüfen und erfolgreich für eine solche Eignung zertifizieren lassen. Die Untersuchung auf Partikel unterschiedlicher Größen an insgesamt 62 Messstationen in der Anlage erfolgte in einem Reinraum der Klasse 1 des Frauenhofer IPA. Um ein breiteres Spektrum der Größenverteilung zu gewährleisten, wurden drei unterschiedliche Arten von Laser-Partikel-Messgeräten für Größen von 0,1 bis 5,0 μm eingesetzt. Sie arbeiten nach dem Streulichtprinzip: Pro Minute wird ein Kubikfuß (23,8 l) Luft angesaugt, in die Messkammer geleitet und dort von einem Laser durchleuchtet. Trifft der Laserstrahl auf ein Partikel, entsteht eine Streustrahlung, die von Photodetektoren erfasst wird. Die Messungen für die Montagezelle im Größenbereich von 0,1 bis 5,0 μm ergaben eine Eignung für die Klasse 6 nach DIN EN ISO 14644-1.
Seit einem Jahr läuft eine Anlage zur Montage von Lanzettentrommeln mit insgesamt 25 Stationen bei einem namhaften Medizintechnikhersteller. Mit einer Bestückung von sechs Lanzetten pro Trommel fertigt sie 960 Bauteile pro Minute.
Dr. Peter Stipp Fachjournalist in Einhausen

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