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Der Berg kommt zum Propheten

Werkzeugmaschinen: Angepasst an die Produktion kleinster Werkstücke
Der Berg kommt zum Propheten

Wenn die Werkstücke winzig sind, bekommt die Technik zum Bearbeiten ganz neue Möglichkeiten. Das Konzept des Square Foot Manufacturing setzt modulare Maschinen ein, die – wenn nötig – gleichzeitg an einem Teil arbeiten und trotzdem alle „in einen Schuhkarton“ passen.

Was ist eine Werkzeugmaschine? Unter Umständen etwas sehr kleines, denn ein Wissenschaftler-Team an der Hamburger Universität der Bundeswehr will die industrielle Mikrofertigung auf kleinster Fläche revolutionieren. Ihren Ansatz bezeichnen die Forscher als Square Foot Manufacturing (SFM), im Deutschen auch als Produktion „im Schuhkarton“: Damit sind kleine, aber hochflexible Maschinen gemeint, die in einer Art Baukastenprinzip mit wenigen Handgriffen und geringen Kosten auf viele neue Anforderungen eingestellt und umgerüstet werden können.

Diese kleinen Maschinen sollen winzige, komplexe Werkstücke fertigen, die oft nur einige Mikrometer bis wenige Millimeter lang oder groß sind. Gebraucht werden solche vor allem für die Medizintechnik und die Optik, aber auch für Biotechnik, Mechatronik und (Mikro-) Formen- und Werkzeugbau.
Das Konzept zu den Maschinen stammt von Prof. Jens-Peter Wulfsberg. Und es klingt wirklich revolutionär, was sich da im Detail abspielt. Schließlich wird hier nicht mehr das Werkstück an das Werkzeug herangeführt und positioniert, sondern der Berg kommt quasi zum Propheten: Abhängig von der Bearbeitungsaufgabe bewegt sich die Maschine zum einmal positionieren Werkstück hin. Und dafür können in diesen Dimensionen sogar Mechanismen verwendet werden, von denen sich der Ingenieur einer herkömmlichen Maschine mit Grausen abwenden würde. Die Vorschubeinheit beispielsweise, die Werkzeug und Werkstück zusammenbringt, arbeitet mit einem nachgiebigen Mechanismus, nutzt die elastische Verformung für kleinste Bewegungen.
Neu ist auch, dass sich der Arbeitsraum der Maschine mit dem zu bearbeitenden Raumausschnitt des Werkstücks überlagern kann. Dadurch können sogar mehrere Maschinen gleichzeitig an einem Werkstück arbeiten und je nach Bedarf flexibel nebeneinander, übereinander aber auch versetzt oder in einer Reihe angeordnet werden. Der Präzison schadet das nach Angagben der Wissenschaftler nicht: Die Maschinen erreichen eine Wiederholgenauigkeit mit Abweichungen im einstelligen Mikrometerbereich – obwohl sie modular aufgebaut und damit auf häufiges Umrüsten eingestellt sind.
Der Ansatz der Hamburger orientiert sich also an den veränderten Produktionsbedingungen: Produktvielfalt mit geringen Stückzahlen verdrängt die Massenproduktion. „Heutige Ultrapräzisionsmaschinen lassen sich unter diesen Bedingungen nur noch selten wirtschaftlich betreiben“, sagt Wulfsberg. Daher wachse gerade in der Mikrofertigung die Nachfrage nach neuartigen, größenangepassten Werkzeugmaschinen, die ökonomischer und ökologischer arbeiten, als man das bisher gewohnt ist.
Mit dem Square Foot Manufacturing sollen Betriebe nun wie beim Lego-Spiel auf wechselnde Ideen und Bearbeitungstechnologien reagieren können. Werden neue Bauteile benötigt, können sie auf die Maschine gesteckt oder per Magnet befestigt werden. Gleiches gilt für die Werkzeuge: Ein schneller Wechsel zwischen Mikrofrässpindeln, Laserbearbeitungsoptiken oder Funkenerosionselektroden ist möglich. Gesteuert wird das über ein Notebook oder einen PC.
Erste Prototypen sind schon entwickelt. Wenn die Serienreife erreicht ist, soll eine solche Maschine nur noch knapp ein Fünftel herkömmlicher Fertigungssysteme kosten, schätzt Wulfsberg. op
Weitere Informationen Das SFM-Projekt ist Teil des DFG-Schwerpunktprogramms 1476 „Kleine Werkzeugmaschinen für kleine Werkstücke“.Eingerichtet hat es die Deutsche Forschungsgemeinschaft schon im Mai 2009. Bundesweit sind daran 16 Lehrstühle und Institute mit 20 Teilprojekten beteiligt. www.hsu-hh.de/laft www.mikromaschinenbau.de

Square Foot Manufacturing
Für das Square Foot Manufacturing wurden verschiedene Desktop-Manufacturing-Konzepte kombiniert und durch die Eigenschaft ergänzt, dass die Maschinen möglichst leicht verändert werden können.
Die neuen Maschinen für die Mikrofertigung sollen daher aus mehreren Elementarmaschinen aufgebaut sein. In diesen so genannten Mikrobearbeitungseinheiten können Technologien eingesetzt werden, die heutzutage in Werkzeugmaschinen nicht üblich sind – wie das Zustellen mit Hilfe elastisch verformbarer Elemente.

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