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Dauerhaft wie ein Tattoo

Laserbeschriftung: So überleben Markierungen das heiße Bad im Reinigungsmittel
Dauerhaft wie ein Tattoo

Eine sehr gute Möglichkeit, die Rückverfolgbarkeit von Produkten zu sichern, ist das Laserbeschriften. Erfolgversprechende Parameter für das Anlassbeschriften und das Gravieren in der Medizintechnik haben Forscher ermittelt.

Aggressive Reinigungsmethoden, die sogar die Erreger der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJK) unschädlich machen, stellen die Medizintechnikindustrie vor neue Herausforderungen: Hochalkalische Reinigungsbäder mit einem pH-Wert über 10 und eine anschließende Sterilisation bei mindestens 134 °C erhöhen nicht nur die Korrosionsgefahr an Laserbeschriftungen, sondern können auch zum Verblassen oder Abplatzen einer Markierung führen.

Unter welchen Bedingungen sich möglichst dauerhafte Lasermarkierungen anbringen lassen, haben daher im Jahr 2006 eine Reihe von Partnern in einem Verbundprojekt untersucht. Das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut der Universität Tübingen (NMI) führte das Projekt in Kooperation mit dem Laserspezialisten Trumpf durch. Daneben waren verschiedene Medizintechnikfirmen sowie das Kompetenzzentrum Minimal Invasive Medizin und Technik (MITT), Tübingen-Tuttlingen, beteiligt.
Folgende Fragen standen im Vordergrund:
  • Die Forscher haben die Parameter für verschiedene Laserbeschriftungsverfahren an zwei Stahlsorten mit unterschiedlichen Oberflächenstrukturen optimiert und dabei ihr besonderes Augenmerk darauf gelegt, wie korrosionsbeständig und dauerhaft die Beschriftung nach klinischer Aufbereitung mit hochalkalischer Reinigung und Sterilisation ist.
  • Sie haben nach Möglichkeiten gesucht, die laserbeschrifteten Bereiche zusätzlich durch eine Passivierung korrosionsbeständiger zu machen.
Die beiden untersuchten Lasermarkierverfahren, die Anlassbeschriftung und die Gravur, werden für verschiedene Anwendungen eingesetzt und bieten jeweils Vorteile. Bei der Anlassbeschriftung erwärmt das Laserlicht den Edelstahl oder das Titan lokal bis unterhalb des Schmelzpunktes. Dabei entstehen Oxidschichten an der Werkstückoberfläche, die für das menschliche Auge als metallische Anlassfarben zu erkennen sind. Je dicker die Oxidschicht, desto größer ist der Kontrast. Weil sich bei diesem Verfahren die Oberflächenbeschaffenheit nicht ändert, wird es in der Medizintechnik favorisiert.Die Anlassfarben sind bis etwa 200 °C stabil.
Bei der Gravur entsteht die Markierung, weil der Laser Metall, Keramik oder Kunststoff abträgt. Das Material schmilzt und verdampft teilweise. Bei Metallen bilden sich durch die Reaktion mit dem Luftsauerstoff zusätzlich farbige Oxide, die die Beschriftung deutlicher hervortreten lassen.
Das Erhitzen beim Anlassbeschriften verändert aber das Verhältnis von Chrom zu Eisen im nichtrostenden Stahl, aus dem medizinische Instrumente und Implantate überwiegend gefertigt sind. Nur wenn der Chromgehalt bei mindestens 10,5 % liegt, sind sie ausreichend vor Korrosion geschützt. Bei Gravuren sind die Verhältnisse generell deutlich besser.
An diesem Punkt setzten die Projektpartner an, um bessere Bedingungen für ein korrosionsbeständiges Anlassbeschriften zu finden. Ihre Ergebnisse zeigten, dass das günstige Verhältnis zwischen Chrom und Eisen erhalten bleibt, wenn eine Mindestmenge von Energie ins Material eingebracht wird. Als Grenzwert nennen die Experten einen aufsummierten Energieeintrag von mindestens 0,4 kJ/cm². Auf dieser Basis ermittelten sie „modifizierte Anlassparameter“, mit denen die Oberfläche nicht nur verfärbt, sondern zusätzlich sanft angeschmolzen wird. Erreichen lässt sich dies, indem etwas stärker fokussiert und bei höheren Intensitäten gearbeitet wird.
Es ist auch möglich, die Parameter für eine reine Anlassbeschriftung zu definieren, bei der sich die Oberflächenstruktur nicht verändert. Der Vorteil dieser Beschriftungen ist, dass sie das Passivieren sowie das klinische Sterilisieren und Desinfizieren unbeschadet überstehen. Die Korrosionsanfälligkeit steigt zwar durch diese Art der Beschriftung zunächst. Doch der Passivierungsprozess mit CitriSurf – der in den Tests die besten Ergebnisse lieferte – verbessert das Cr/Fe-Verhältnis wieder und senkt damit die Korrosionsanfälligkeit, ohne dass die Beschriftung darunter leiden müsste. Somit ist dieser Prozess im Anschluss an eine Anlassbeschriftung unbedingt zu empfehlen.
Die Partner haben auch die Bedingungen getestet, unter denen eine Gravur angebracht werden kann. Nach Passivierung ist eine Gravur weniger korrosionsanfällig und weist im Alltag klinischer Reinigungsprozesse einen dauerhaft hohen Kontrast auf. Das könnte dazu führen, dass die Gravur trotz der Oberflächenriefen in der Medizintechnik zukünftig an Bedeutung gewinnt. Bisher wird sie eingesetzt, wo ein tiefes Eindringen in das Material gefordert ist und wo die Vertiefung, wie beispielsweise bei Endoskopen, mit Farbe ausgelegt werden soll.
Insgesamt lassen sich mit der Laserbeschriftung individuelle Informationen auf medizinische Instrumente und Implantate schreiben, wobei das Verfahren hochwertig, ökonomisch und flexibel ist. Sein Anwendungspotenzial ist noch nicht erschöpft, zumal sich anhand der Untersuchungsergebnisse die Qualität der Anlassbeschriftungen und -gravuren deutlich verbessern lässt.
Dr.-Ing. Birgit Faisst Leiterin Applikation Markieren und Mikrobearbeitung, Trumpf Laser, Schramberg

Markierung im Test
Im Verbundprojekt haben Forscher und Unternehmensvertreter mehrere Einsatzfälle für den Laserbeschrifter untersucht. Die eingesetzten Werkstoffe waren der niedrig legierte Edelstahl 1.4021 sowie der hochlegierte Stahl 1.4301. Glänzende, elektropolierte sowie matte gebürstete Oberflächen haben die Partner mit einem vordefinierten, wirtschaftlich sinnvollen Parametersatz belasert, charakterisiert, ausgewertet und dokumentiert.
Zum Passivieren setzten sie das Verfahren Borer Chemie ein, eine so genannte Spritzreinigung, sowie das Ultraschallverfahren MKK CitriSurf 2250. Wie im klinischen Ablauf durchliefen die Proben 50 Zyklen des Waschens und Sterilisierens, bei denen auf eine maschinelle Dekontamination in einer Taktbandanlage eine Dampfsterilisation folgte. Die chemische Zusammensetzung der Oberfläche und das Verhältnis von Chrom zu Eisen haben die Experten mittels Photoelektronenspektroskopie (XPS – quantitative Elementanalyse) bestimmt.
Beim Bewerten der Ergebnisse wurde nicht die technische Kontrastmessung verwendet, sondern der physiologische Kontrast, der die menschliche Wahrnehmung berücksichtigt und ein Maß dafür ist, wie sicher die Identifikation eines Teils im klinischen Alltag ist. Passivierung- und Aufbereitung können den Kontrast schwächen. Dennoch fanden die Forscher einen sehr guten Kontrast auf allen Materialien.

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