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Das Individuum begreifen

Rapid Prototyping: Filigrane und komplexe Modelle für die Medizintechnik
Das Individuum begreifen

Aus hochauflösenden radiologischen Bilddaten, wie sie im CT oder MRT entstehen, lassen sich mit Rapid-Prototyping-Verfahren 3D-Konstruktionen für die Medizintechnik erzeugen. Der RP-Spezialist Bertrandt Technikum arbeitet hierzu mit der Universität Heidelberg zusammen.

Das größte medizinische Anwendungsfeld von Rapid-Prototyping-Modellen liegt heute in der Chirurgie. Die Visualisierung zwei- oder dreidimensionaler Daten auf einem Bildschirm ist oft unzureichend, um ein ganzheitliches Verständnis der komplexen anatomischen Details zu erhalten. An dieser Stelle setzt Rapid Prototyping an: Es ist ein Werkzeug, um individuelle Unregelmäßigkeiten zu verstehen und räumlich zu visualisieren. Auch maßgeschneiderte Prothesen oder Implantate lassen sich herstellen. Darüber hinaus eröffnet das Verfahren neue Möglichkeiten für die Forschung: Die Untersuchung von Modellen, die mittels Rapid Prototyping erstellt wurden, kann helfen, physiologische Prozesse aufzuklären, die bisher nicht vollständig erfasst wurden.

Ein Beispiel dafür ist ein Aortenmodell, das von der Bertrandt Technikum GmbH in Ehningen hergestellt wurde. Eine Patientin, die unter einer Bindegewebserkrankung litt, bekam nach der Geburt ihres Kindes einen Einriss der inneren Gefäßhaut. Dadurch verschaffte sich das Blut mehr Platz und scherte die Wandschichten der Aorta auseinander. Nach einer Bypass-Operation wurden der Patientin schließlich vier Gefäß-Endoprothesen implantiert.
Das Aortenmodell für diesen Fall wurde als 3D-Konstruktion erstellt. Dafür wurden die Bildinformationen in ein maschinenlesba- res Format umgewandelt. Mit der entsprechenden Software wird daraus ein Modell, das der Bertrandt-Modellbau innerhalb weniger Tage herstellte und nach Heidelberg schickte.
Der Vorteil des verwendeten Rapid-Prototyping-Verfahrens liegt in den kurzen Prozessen, die es ermöglichen, aus Daten reale Modelle zu machen – ein Vorteil, der in der Medizintechnik noch nicht weit verbreitet ist.
Die Herausforderung für die Bertrandt-Ingenieure war im Fall des Aortenmodells, die Maschinen so einzustellen, dass das aus Polyamidpulver im Lasersinter-Verfahren hergestellte Modell einerseits die dünnsten, filigranen Blutgefäße, andererseits aber auch die große Hauptschlagader originalgetreu abbildete. Die plastische Darstellung des Stents ermöglichte es den Heidelberger Ärzten zu sehen, wie die gedehnten Blutgefäße und damit die sichtbare Außenseite in der Realität aussehen.
Im gleichen Verfahren wurde entsprechend auch das Gegenstück hergestellt, um den Durchfluss der massiven Adern zu testen. Dies ist besonders bei einer Verengung des Gefäßdurchmessers im Falle von Verkalkungen hilfreich für die Ärzte. Das Beispiel von Ventrikel-Modellen zeigt, dass auf diese Weise auch mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume als Modell für Untersuchungen erstellt werden können.
Der Gebrauch von Lasersinter-Maschinen ist für die Bertrandt-Mitarbeiter Alltag, da der Entwicklungsdienstleister diese Technik zum Herstellen von Einzelteilen mit kleinen Stückzahlen schwerpunktmäßig für die Automobil- und Luftfahrtindustrie einsetzt. Die Anwendung des Rapid-Prototyping-Verfahrens in der Chirurgie ist vor allem in Hinblick auf Diagnose, Behandlungsplanung und die intra-operative chirurgische Navigation wertvoll – vor allem bei Fällen, in denen 2D- oder 3D-Visualisierung ungenügend sind, um ein vollständiges Verständnis der Pathologie zu gewährleisten.
Die aufstrebende Technik ermöglicht viele medizinische Anwendungen wie chirurgische Planung, Konstruktion von Implantaten, biomedizinische Forschung und medizinische Ausbildung. Mit vermehrten Anwendungen – sowohl in den Feldern der individuellen Patientenpflege als auch in der wissenschaftlichen Forschung – ist zu rechnen.
  • PD Dr. med. Frederik L. Giesel Universität Heidelberg
  • Luisa Boger, Michael Wetzstein Bertrandt, Ehningen
Weitere Informationen Über den Entwicklungsdienstleister Bertrandt: www.bertrandt.com

Ihr Stichwort
  • Lasersintern
  • 3D-Modelle aus Computerdaten
  • Aorten- und Ventrikelmodelle
  • Darstellung von Flüssigkeiten in Hohlräumen

  • RP-Verfahren in der Medizin
    Das Erzeugen von Modellen, um Computerdaten räumlich zu prüfen, war die Basis der bisherigen Entwicklungen bei Bertrandt. Die Nachbildung von Herzen, Ventrikel und Gehirnflüssigkeiten markierte den Anfang der Kooperation mit der Uni Heidelberg, speziell mit der radiologischen Abteilung um Privatdozent Dr. Frederik L. Giesel. Auch Rückenwirbel wurden inzwischen nachgebaut, ebenso wie Körperoberflächen, die räumlich visualisiert werden sollen. Die Abteilung Modellbau/Rapid Technologies der Ehninger Bertrandt Technikum GmbH erarbeitet die plastischen Darstellungen im Rapid-Proto- typing-Verfahren, um die Messgenauigkeit der medizinischen Daten zu prüfen.
    Rapid Prototyping nutzt dreidimensionale Computermodelle, um ein physisches 3D-Modell aus Materialschichten zu konstruieren. Die Lasersinter-Maschine liest die Daten einer CAD-Zeichnung (oder einen CT-Datensatz) ein und erstellt das Modell durch aufeinanderfolgende Polyamidpulver-Schichten in einer Serie von Querschnitten. In diesem Schichtbauprozess schmilzt der Laser das Pulver und baut so Schritt für Schritt das Modell auf. Die Schichten entsprechen den zusammengefügten virtuellen Querschnitten des CAD-Modells. So lässt sich so gut wie jede komplexe geometrische Form herstellen.
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