Um bis zu 40 % lässt sich der Energiebedarf einer industriellen Produktion senken, wenn alle Produktionsmittel optimal zusammenwirken. Im Projekt ETA-Fabrik untersuchen Forscher der TU Darmstadt, wie sich die Potenziale ausschöpfen lassen.
Die Energieeffizienz in der Industrie ist ein bisher kaum beachtetes und erschlossenes Forschungsfeld. Und das, obwohl sie zunehmend zum erfolgskritischen Faktor für die Energiewende in Deutschland wird und auch für den einzelnen Unternehmer von wachsender Bedeutung ist. Nach einer Studie der IHK Baden-Württemberg steigt der Anteil der Energiekosten an den Unternehmensgesamtkosten 2013 auf über 7 %. Potenziert wird dieser Effekt durch die steigende Nachfrage nach energieeffizienten Produkten.
In den letzten Jahren konzentrierte sich die Forschung insbesondere darauf, den Energiebedarf von Werkzeugmaschinen zu optimieren. So konnte beispielsweise das Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt im BMWi-geförderten Forschungsprojekt Maxiem den Energiebedarf eines Bearbeitungszentrums um über 50 % senken. Dabei hat sich gezeigt, dass Amortisationszeiten von unter zwei Jahren bereits heute bei vielen Effizienzmaßnahmen möglich sind.
Während wichtige Maßnahmen an einzelnen Maschinen bekannt sind, liegt ein bisher wenig erschlossenes Potenzial in der Nutzung der Abwärme der Maschinen. Sie lässt sich mittels thermischer Speicher und Techniken zur Energietransformation räumlich und zeitlich unabhängig aufnehmen und bei Bedarf wieder nutzen. Doch um diese Energieeffizienzpotenziale zu erschließen, ist ein systemischer Ansatz nötig, der die Zusammenarbeit von Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen erfordert, von den Architekten, Bauingenieuren, Fachplanern der technischen Gebäudeausrüstung bis zu den Produktionsingenieuren. Das vernetzte Betrachten des Gebäudes, der technischen Gebäudeinfrastruktur und der Produktionsmaschinen verspricht ein höheres Energieeffizienzpotenzial als die Summe der Einzelmaßnahmen.
Zu diesem Zweck hat sich eine Forschergruppe an der Technischen Universität Darmstadt bestehend aus Wissenschaftlern verschiedener Fachgebiete des Maschinenbaus, Bauingenieurwesens und der Architektur zusammengeschlossen. Sie wollen im Forschungsprojekt ETA-Fabrik eine hoch energieeffiziente Modellfabrik entwickeln, welche die thermische und elektrische Interaktion der Maschinen untereinander ermöglicht, aber auch die zusätzliche Integration des Fabrikgebäudes in die Maschineninteraktion betrachtet. Dabei analysieren und optimieren sie für die Metallbearbeitung repräsentative Produktionsanlagen.
Als Referenz dient eine Produktionsprozesskette des Industriepartners Bosch Rexroth. Abgebildet werden dabei die Prozessschritte
- spanende Weich- und Hartbearbeitung,
- Wärmebehandlung sowie
- Zwischen- und Endreinigungsprozesse.
Dementsprechend wird sich der Maschinenpark aus Werkzeugmaschinen, Reinigungsanlagen und einem Ofen zur Wärmebehandlung zusammensetzen. Beispielhaft soll die ungenutzte Abwärme der Wärmebehandlung in der ETA-Fabrik als Wärmequelle fungieren. Sie kann den Wärmebedarf der Reinigungsanlagen sowie – mittels Absorptionskälteanlage – den Kältebedarf der Werkzeugmaschinen decken. Zudem sorgt sie für eine bedarfsgerechte Hallenklimatisierung.
Die Forschungsthemen gliedern sich neben dem Objekt-bezogenen Fokus (Gebäude, Prozesskette, Maschine) zusätzlich nach der Art der energetischen Optimierung. Maßnahmen, die das organisatorische Planen betreffen, werden unter dem Punkt „Technisch-Organisatorisch“ zusammengefasst. Beispiele dafür sind neue Reglungskonzepte für Energiespeicher oder das simulative Ermitteln energetisch optimaler Prozessketten. Der Bereich Systemkonzeption umfasst alle Gebiete, die mit der technischen Auslegung der ETA-Fabrik verbunden sind. Dazu zählen die energetische Verknüpfung der Produktionsmaschinen untereinander und die Verbindung zum Gebäude. Auch soll die Weiternutzung der Abwärme erforscht und Möglichkeiten untersucht werden, aus der Haustechnik bekannte Technologien, wie Absorptionskältemaschinen oder Blockheizkraftwerke, in die thermische Versorgung von Produktionsprozessen zu integrieren. In einem weiteren Arbeitsfeld liegt der Fokus auf der effizienten Energienutzung im Gesamtproduktionssystem wie auch bei einzelnen Verbrauchern.
Die ETA-Fabrik ist für eine dreigliedrige Nutzung am PTW vorgesehen: Neben den diversen Forschungsaktivitäten zum Thema Energieeffizienz soll sie für die fachübergreifende Ausbildung des Ingenieurnachwuchses an der TU Darmstadt und die Weiterbildung von Spezialisten in der Industrie genutzt werden.
Das am PTW unter Institutsleiter Prof. Eberhard Abele laufende Projekt beschreitet neue Wege. Durch eine umweltfreundlichere Produktion am Standort Deutschland sollen die Klimaziele erreicht werden. Darüber hinaus versprechen innovative Fertigungsverfahren, effiziente Produkte und das Know-how für deren effizienten Einsatz Wettbewerbsvorteile.
- Martin Beck, Projektleiter ETA-Fabrik
- Philipp Schraml Forschungsgruppe Umweltgerechte Produktion, PTW der TU Darmstadt
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