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Aus Wissen entstehen Visionen

Computer- und roboterassistierte Chirurgie: Mediziner und Ingenieure tauschen sich aus
Aus Wissen entstehen Visionen

Parallel zur Medica findet die 11. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Computer- und Roboterassistierte Chirurgie (Curac) statt. Tagungsleiter Prof. Dr. med. Arya Nabavi erläutert, warum der Austausch zwischen Medizinern und Ingenieuren hier besonders wichtig ist.

Herr Professor Nabavi, an wen wendet sich die Curac-Tagung in Düsseldorf?

An Mediziner und Ingenieure, die sich für unser Gebiet interessieren und sich einen aktuellen Überblick über Lösungen und Fragen der computer- und roboterassistierten Chirurgie verschaffen wollen. Und wir hoffen, dass sich gerade junge Kollegen aus den Ingenieur- und Computerwissenschaften von unserem Angebot angesprochen fühlen und sehen, welches enorme Potenzial in ihrer Arbeit steckt.
Warum liegt Ihnen diese Zielgruppe besonders am Herzen?
Technik spielt bei dem, was wir im OP tun wollen, eine große Rolle. Es gibt so viele Möglichkeiten, die bestehenden Computer- und Roboter-Systeme zu verbessern. Dafür brauchen wir Leute, die Visionen und neue Ideen entwickeln. Das ist schwierig, weil man sich im Alltag häufig auf Details konzentriert, sich in speziellen Fragestellungen verbeißt und die größeren Zusammenhänge aus dem Blick verliert. Bei der Curac-Tagung sind deswegen Referenten aus verschiedenen Disziplinen vertreten. Was zum Beispiel Professor Kikinis von der Harvard Medical School aus dem Surgical Planning Lab berichtet, setzt weltweit Maßstäbe. Und das Programm ist so angelegt, dass ein interdisziplinärer Austausch stattfinden kann. Lassen Sie uns also diskutieren, was wir Mediziner uns noch wünschen und für welche Anwendungen die vorhandene Technik angepasst und weiterentwickelt werden kann. Daran haben Chirurgen ein Interesse, und wir stehen nicht nur unerreichbar im OP. Auch das wollen wir bei Curac zeigen.
Wie verbreitet sind computer- und roboterassistierte Systeme heute in der Chirurgie?
Das ist, je nach System, sehr unterschiedlich. Navigationssysteme sind heute in den Bereichen HNO, Neurochirurgie und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie quasi Standard und halten in der Abdominalchirurgie gerade Einzug. Auch die Endoskopie ist schon weit verbreitet. Spannender wird es bei den Assistenzsystemen, den Manipulatoren. Damit lassen sich die recht groben menschlichen Bewegungen verfeinern und präzisieren. Kommerziell verfügbar ist dafür nur das Davinci-System, das zur Zeit für Prostata-Operationen angepasst ist. Daneben gibt es viele Systeme im Versuchsstadium, die aber eben nicht kommerziell verfügbar sind. Diese wollen wir in den Zentren, die Curac-Mitglieder sind, evaluieren.
Warum ist Präzision so wichtig?
Wir gehen einer Zeit entgegen, in der die Menschen älter und kränker sein werden, als wir es bisher gewohnt sind. Zugleich haben wir immer mehr und immer feinere Diagnosemöglichkeiten, erkennen winzige Strukturen im Gewebe. Wenn wir diese mit heutigen Operationstechniken erreichen wollen, um eine Gewebeprobe zu entnehmen oder die Struktur zu entfernen, richten wir mit dem Zugang unter Umständen mehr Schaden an, als ein Tumor in diesem Stadium verursachen würde. Daher müssen wir die chirurgischen Verfahren anpassen und auch die technischen Möglichkeiten ausnutzen.
Welchen Ruf genießen die Systeme unter Medizinern?
Chirurgen haben die Aufgabe und den erklärten Willen, eine Operation vollständig und mit möglichst wenig nachteiligen Folgen für den Patienten auszuführen. Daher werden sie alle Methoden einsetzen, die sinnvoll und anwendbar sind. Ganz neuen Methoden, bei deren Einführung es noch Unwägbarkeiten gibt, wird dabei eine gewisse Skepsis entgegengebracht. Dennoch haben auch OP-Mikroskope und Navigationssysteme den Weg in die Operationssäle geschafft – und über kurz oder lang wird das mit computer- und roboterassistierten Systemen genauso sein.
Was erwarten Mediziner von einem stärkeren Einsatz von Computern und Robotern in der Chirurgie?
Wir haben heute einige Systeme, die für bestimmte Anwendungen funktionieren. In den kommenden Jahren werden wir auch andere Indikationen validieren und sehen, wofür die bestehenden Systeme noch sinnvoll eingesetzt werden können. Für manche Bereiche der Medizin muss der Operateur aber flexibel sein, dort wo die menschliche Intelligenz, Intuition und Improvisationsgabe gefragt sind. Hierfür kommen die bekannten roboterbasierten Systeme noch lange nicht in Betracht.
Revolutioniert die computer- und roboterassistierte Chirurgie die medizinischen Arbeitsweisen auf lange Sicht?
Eine schnelle Veränderung erwarte ich nicht, wenngleich sie aus den genannten Gründen sicher kommen wird. Mediziner müssen als nächstes die Aufgaben definieren, für die wir den Roboter – natürlich unter menschlicher Kontrolle – gern einsetzen würden. Er kann uns repetitive Schritte abnehmen und damit unsere Arbeit vereinfachen.
Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Ihr Stichwort
  • Bildgebung
  • Navigationssysteme
  • Manipulatoren
  • Evaluierung durch Mediziner
  • Neue Anwendungen

  • Mehr über Curac
    Mit der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Computer- und Roboterassistierte Chirurgie (Curac) haben sich die Mitglieder vorgenommen, das Feedback zwischen Medizinern und Ingenieuren zu intensivieren. So sollen schneller als bisher praxisgerechte neue technische Hilfsmittel für die Chirurgie entstehen. Etwa die Hälfte der Curac-Mitglieder sind Ärzte, etwa ein Drittel sind Experten in Sachen Bildgenerierung und Verarbeitung. Darüber hinaus sind die Roboterspezialisten vertreten.
    Das Programm der Tagung, die am 15. und 16. November in Düsseldorf stattfindet, wird auf der Website der Gesellschaft zur Verfügung gestellt.
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