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Aus der Anlage direkt verpackt

Fertigung: Produktionszelle für die Herstellung steriler Medizinprodukte aus Kunststoff
Aus der Anlage direkt verpackt

Üblicherweise werden Medizinprodukte aus Kunststoff in einem separaten Arbeitsgang sterilisiert. Zweckmäßiger wäre es, die ohnehin steril aus der Kavität kommenden Teile sofort zu verpacken. Als Denkanstoss hat KraussMaffei eine Produktionszelle für die aseptische Herstellung dieser Produkte konzipiert.

Für die Herstellung steriler Produkte gelten besondere Anforderungen, um das Risiko einer Kontamination mit Mikroorganismen, Partikeln und Pyrogenen möglichst gering zu halten. Vieles hängt von der Fertigkeit, Schulung und dem Verhalten des betreffenden Personals ab. Die Qualitätssicherung ist hier von besonderer Bedeutung, und die Herstellung muss streng nach sorgfältig festgelegten und validierten Methoden und Verfahren erfolgen. Die Sterilität oder andere Qualitätsaspekte sollten sich nicht alleine auf den letzten Herstellungsschritt oder die Prüfung des Endproduktes stützen.

Medizinprodukte aus Kunststoff werden vielfach in einer Reinraumumgebung der Klasse C oder D nach GMP hergestellt und anschließend in einem separaten Verfahrensschritt sterilisiert. Abhängig vom Verfahren ist das Sterilisieren von Kunststoffteilen jedoch nicht unproblematisch. So kann beispielsweise die Strahlensterilisation die mechanischen Eigenschaften von Polymeren beeinträchtigen. Das wiederum ist bei der konstruktiven Auslegung der Teile zu berücksichtigen – mit dem Resultat, dass etwa Wandstärken dicker sind als tatsächlich erforderlich.
Nun ist das nachträgliche Sterilisieren von Medizinprodukten immer dann erforderlich, wenn die Teile zuvor in der Weiterverarbeitung durch Menschen, Equipment und Luft wieder mit Keimen kontaminiert werden. Bei einfachen Massenartikeln könnte jedoch ein bislang weitgehend unbeachteter Aspekt die Produktion wesentlich vereinfachen: Das Spritzgießen ist ein autosteriles Verfahren, denn die hohen Schmelzetemperaturen und Drücke töten zuverlässig alle Keime. Daher können die Teile zum Zeitpunkt des Werkzeugöffnens als steril bezeichnet werden. Würden die Formteile unmittelbar nach dem Werkzeugöffnen steril verpackt, könnte eine nachträgliche Sterilisation entfallen.
Ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise wäre die deutlich reduzierte Kontamination mit Partikeln, die sich während der sonst üblichen Folgeprozesse einstellt. Voraussetzung bei alledem ist, dass der gesamte Prozess die von GMP vorgeschriebenen Kriterien für die aseptische Herstellung erfüllt. Ausgehend von dieser Überlegung hat die KraussMaffei Technologies GmbH eine Produktionszelle für die aseptische Herstellung steriler Medizinprodukte aus Kunststoff konzipiert. Im Mittelpunkt des Konzepts stehen eine vollelektrische Spritzgießmaschine EX CleanForm und die Automation. Hinzu kommt der Reinraum, in dem die komplette Produktionsausrüstung steht. Im Endausbau gehören noch eine Verpackungsanlage sowie gegebenenfalls weitere Geräte oder Hilfsmittel dazu. Die Auslegung der Produktionszelle erfolgte unter Berücksichtigung von drei Kriterien:
  • Das Produkt bestimmt die Umgebungsbedingungen.
  • Der beim Öffnen des Werkzeugs saubere und sterile Zustand der Formteile ist zu bewahren, bis sie produktgerecht steril verpackt sind.
  • Die Produktionszelle soll verfahrensgerecht ausgelegt sein, um die für das Spritzgießen typischen Gegebenheiten mit den Forderungen der GMP in Einklang zu bringen.
Dies verdeutlicht, dass gerade in der Medizintechnik Qualität von Beginn an einzuplanen ist. Entsprechend komplex sind die Anforderungen an eine Spritzgießzelle. Entscheidend ist, dass Produkt und Fertigungskonzept aufeinander unter Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen abgestimmt sind. KraussMaffei kamen dabei die jahrelangen Erfahrungen in Sachen Reinraumtechnik zugute.
Um die allgemein gültigen GMP-Richtlinien und die verfahrensbedingten Gegebenheiten der Spritzgießproduktion in Einklang zu bringen, wurden Risikoanalysen durchgeführt. Die daraus abgeleiteten Maßnahmen bildeten die Grundlage für die Konzeption.
Ausgehend von den produkt- und fertigungstechnischen Anforderungen wurden Produkt- und Systemräume definiert und diese entsprechenden Reinraumzonen zugeordnet. Der Systemraum 1 ist das Herz der aseptischen Produktionszelle und umfasst die Produktionssysteme (Werkzeug, Schließeinheit, Roboter und Verpackungsmaschine), die im Bereich von der Entstehung bis zur Verpackung der Produkte unmittelbar beteiligt sind. Im gesamten Systemraum 1 muss eine Reinheitsklasse A nach GMP herrschen. Um das Kontaminationsrisiko auf die offenen Produkte zu minimieren, wurde der Handhabungsbereich begrenzt und als Produktraum definiert.
Die Hintergrundumgebung für den Systemraum 1 bildet ein Systemraum 2 nach GMP B (mit lufttechnischer Abgrenzung nach dem Druckdifferenz- oder dem Strömungsprinzip) und/oder ein Systemraum 3 mit GMP C (mit Abgrenzung nach dem Barriereprinzip) mit der jeweiligen Reinheitsklasse B beziehungsweise C nach GMP.
Der Systemraum 1 wird sowohl durch die Verkleidung der Schließeinheit als auch durch die Reinraumwände begrenzt, die Handhabung und Verpackung umfassen. Innerhalb dieses Klasse-A-Raumes muss eine turbulenzarme Verdrängungsströmung (Laminarströmung) vorherrschen.
Die zulässigen Verfahrwege des Roboter-Greifers für die Handhabung der Produkte erfolgt ausschließlich innerhalb des definierten Produktraumes – von der Kavität im Werkzeug bis zum Einlegebereich der Verpackungsmaschine.
GMP schreibt vor, dass von den Betriebsmitteln kein Risiko für die Qualität der herzustellenden Produkte ausgehen darf. Insbesondere liegt bei einer aseptischen Produktion das Hauptaugenmerk auf der Prozesssicherheit, um das Eingreifen von Menschen und die damit verbundene partikuläre und mikrobiologische Kontamination zu minimieren. Ein hoher Automatisierungsgrad ist deshalb obligatorisch.
Bei Maschinen und Anlagen ist es wichtig, dass sie die reinraumtechnische Eignung hinsichtlich Partikelemission, Luftströmung und Reinigungsfähigkeit für die entsprechende Reinheitszone erfüllen. Die Spritzgießmaschinen der EX-Baureihe sind in der CleanForm-Ausführung speziell für den Einsatz in Reinräumen ausgelegt. Die Hauptantriebe sind mit wassergekühlten, hermetisch gekapselten und direkt wirkenden Servomotoren ausgestattet.
Geführt wird die bewegliche Platte mittels Präzisions-Linearführungen und nicht über die Säulen, die sauber und frei von Schmiermittel bleiben. Das Schließenkonzept basiert auf dem patentierten Z-Hebel von Krauss-Maffei, der mit nur acht Gelenkpunkten auskommt, welche im geschlossenen Ölkreis geschmiert werden. Mittels einer Absaughaube werden die spritzseitig austretenden partikulären und thermischen Lasten wirkungsvoll abgesaugt. Insgesamt arbeitet die Anlage nahezu emissionsfrei.
In Bereichen mit turbulenzarmen Verdrängungsströmungen (Reinheitsklasse A) soll der Laminarstrom nicht wesentlich gestört werden. Die EX CleanForm Maschinen wurden entlang der vertikalen Luftrichtung strömungstechnisch optimiert, um einen stabilen Laminarstrom zu erhalten, zumal mit den Werkzeugbewegungen. Wie die Maschine erfüllen auch die Automatisierungseinrichtungen die Anforderungen hinsichtlich Partikelemission, Luftströmung und Reinigungsfähigkeit.
Hans Malinowski, KraussMaffei, München
Automatisierte Prozesse verringern die Kontaminationsgefahr

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  • Sterile Kunststoffprodukte
  • Aseptische Herstellung
  • Reinraum
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