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3D-Druck: Anwendernetzwerke helfen den Start nicht zu verpassen

3D-Druck
Lauern auf das passende Verfahren

Lauern auf das passende Verfahren
Der Countdown läuft: Die Vorteile generativer Verfahren sind für manche Anwendungen so verlockend, dass es am besten sofort losgehen sollte – wenn nur die Technik schon alle Anforderungen erfüllen könnte Bild: Fotolia/alphaspirit
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Anwendernetzwerke | Damit Medizinproduktehersteller auf generative Verfahren wechseln können, müssen diese viele Anforderungen erfüllen. Um den Moment für den Start nicht zu verpassen, ist Recherche unerlässlich. Anwendernetzwerke liefern zwar keine fertige Lösung, helfen aber, die richtigen Leute zu treffen.

Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Bodo Schmidt, ein erfahrener Konstrukteur bei der Berlin Heart GmbH, liegt gewissermaßen auf der Lauer. „Wir haben viele kleine und komplexe Teile, bei denen wir mit herkömmlichen Fertigungsverfahren an Grenzen stoßen. Wenn es die passende 3D-Druck-Technik gäbe, würde ich die liebend gern und am besten sofort einsetzen“, sagt er. Doch selbst intensive Recherche, eine Reihe von Tests mit Druckdienstleistern und Gespräche mit Forschern haben ihn bisher noch nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung geführt. „Daher haben wir das Thema erstmal auf Eis gelegt – aber interessant bleibt es allemal.“
Viele der Teile, die Berlin Heart für seine Herzunterstützungssysteme generativ herstellen möchte, müssen aus Titan gefertigt werden und den hohen Anforderungen für dauerhaft im Körper verbleibende Implantate genügen. „So weit ist die Technik noch nicht“, sagt Schmidt. „Es gelingt nicht, eine porenfreie Oberfläche herzustellen, nicht einmal, wenn man nachbearbeitet – und das haben wir mit Polierverfahren aller Art getestet.“ Für den Kontakt mit Blut und die Umgebungsbedingungen für Implantate seien Poren aber ein No-Go.
„Ich hoffe sehr, dass die Entwicklungen bald zu Verfahren führen, die für unsere Anwendungen geeignet sind“, sagt Schmidt. Dann würde er Teile gern so verändern, dass sie in den Pumpen neue Eigenschaften zeigten. „Wir Konstrukteure müssen natürlich umdenken, die Möglichkeiten des 3D-Drucks nutzen sowie dessen Einschränkungen kennenlernen.“
Für industrielle Anwendungen, in denen mit Stahl gearbeitet werde und wo oft weniger Präzision ausreiche, gebe es schon viele Möglichkeiten. Auch Medizinprodukte wie Knochenplatten, die für einige Monate im Körper verbleiben, seien schon sinnvoll herstellbar. „Aber wir müssen Ra-Werte von 0,05 bis 0,07 erreichen und Toleranzen von 0,05 oder sogar 0,01 Millimeter. Und ich rechne damit, dass wir auf Verfahren, die das erreichen, noch ein oder zwei Jahre warten müssen.“
Das führt Schmidt zu dem Schluss, dass er die Entwicklungen im 3D-Druck aufmerksam beobachtet. Ein Ansatzpunkt dafür ist sein Kontakt zum Anwendernetzwerk 3D-Druck in Berlin. „Davon habe ich über einen Flyer erfahren und an einer Veranstaltung am Fraunhofer IPK teilgenommen – den Kontakt zum dortigen Abteilungsleiter halte ich seither.“
Überregionaler Austausch zu Verfahren und Entwicklungen
Solche Infoveranstaltungen organisiert das 3D-Druck-Netzwerk zwei Mal im Jahr, an unterschiedlichen Standorten in der Region Berlin, an denen die generative Fertigung eingesetzt oder in Forschungsprojekten weiterentwickelt wird. „Wir laden Experten ein, die über Neuheiten berichten, und besichtigen das Unternehmen oder Institut, an dem die Veranstaltung stattfindet“, sagt Stephan Kühr, Geschäftsführer des Berliner Unternehmens 3yourmind, der sich im Netzwerk engagiert. „Das oberste Ziel ist, dass die Teilnehmer sich kennenlernen und dann gemeinsam ihre Ideen diskutieren und weiterentwickeln.“
Auch wenn die Veranstaltungen im Berliner Umfeld angesiedelt sind, ist der Austausch weit über die Region hinaus erwünscht. „Geredet wird über Zukunftsperspektiven, über die Kombination von generativen mit anderen Fertigungsverfahren, über Software und die Herausforderungen bei speziellen Anwendungen“, so Kühr weiter.
Er hat das Netzwerk 2015 mit gegründet. Sein Unternehmen bietet Software an, die 3D-Daten analysiert und das Druckverfahren optimiert. Eingesetzt wird sie vor allem in der Automobilindustrie und der Luft- und Raumfahrt. Auf der Hannover Messe haben die Berliner schon die Vorabversion eines weiteren Produktes vorgestellt: Damit soll sich abschätzen lassen, welche Vor- und Nachteile die generative oder konventionelle Fertigung eines Produkts mit sich bringt, ob es sich lohnt, über 3D-Druck nachzudenken oder ob das nur nach konstruktiven Veränderungen sinnvoll wäre. „Das soll eine Entscheidungshilfe werden, die 16 Einflussfaktoren berücksichtigt“, sagt Kühr. Und auf lange Sicht soll die Software sogar das am besten geeignete 3D-Druck-Verfahren vorschlagen.
Diese Art von Informationen sollen sich im Netzwerk verbreiten. Medizintechnikunternehmen wie Berlin Heart und Ottobock oder auch der Bioprinting-Spezialist Cellbricks sind in diesem Umfeld noch die Ausnahme. Aber aus Sicht von Bodo Schmidt bietet das Netzwerk eine weitere Möglichkeit, Entwicklungen nicht zu verpassen. ■

Zwei Netzwerke
Das Berliner 3D-Druck Netzwerk beschreibt sich als professionelle Plattform für Industrieunternehmen, Forschungseinrichtungen und Startups, die in der additiven Fertigung arbeiten. Initiatoren waren die Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH und die 3yourmind GmbH. Das Netzwerk bietet Veranstaltungen, die offen sind für alle an der Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen und Einrichtungen. Die Teilnahme an den Veranstaltungen ist kostenlos. Inhaltlich geht es um Projekte, das Marketing für 3D-Druck sowie Hilfe beim Einstieg in die und dem Ausbau der additiven Fertigung in Unternehmen.
http://3d-druck-netzwerk.de/
Als Initiative der Wirtschaftsförderung Solingen ist ein 3D-Druck-Netzwerk gegründet worden, das mittlerweile 250 Partner vereint. „Im Juni 2015 haben wir das 3D-Netzwerk erstmals auf der Solingen-Messe vorgestellt“, sagt Frank Balkenhol, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Solingen GmbH & Co. KG. Innerhalb von 20 Monaten habe es deutlich Zuwachs erfahren. Laut 3D-Netzwerk-Manager Werner Koch herrscht unter Anwendern und Herstellern „Aufbruchsstimmung“. Als Aufgaben der Initative nennt er Vernetzung, Erfahrungsaustausch, Wissenstransfer und das Organisieren von Kooperationen.
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