Kugelgewindetrieb | Wenn Technik die Arbeit des menschlichen Herzens unterstützen soll, muss sie dauerhaft zuverlässig sein. Diesen Anspruch erfüllt ein Kugelgewindetrieb, der an seinen Einsatz in einem Herzunterstützungssystem angepasst wurde.
Gerald Scheffels Fachjournalist in Wuppertal
Ein menschliches Herz arbeitet im „24/7“-Betrieb – und es darf nicht ausfallen. An ihre Herzunterstützungssysteme stellt die Berlin Heart GmbH deshalb höchste Qualitätsanforderungen: Darin bildet ein externes Kunstherz mit entsprechendem Hubvolumen und Taktfrequenz exakt die Arbeitsweise des menschlichen Herzens nach. In den mobilen Versionen der Geräte aus der Excor-Serie wird das Kunstherz von einem Miniatur-Kugelgewindetrieb angetrieben, den die Ratinger NSK Deutschland GmbH herstellt.
Die Aufgabe ist nicht leicht, denn das menschliche Herz ist eine bemerkenswerte „Maschine“. Jede Minute bewältigt es 3 bis 4,5 l Fördervolumen – im Ruhezustand –, es verfügt über eine adaptive Regelung mit Taktraten von 50 bis 200 Zyklen in der Minute und über 100 000 Arbeitszyklen pro Tag. Für Menschen, bei denen das Herz diese Aufgabe nicht oder nur unzureichend erfüllt, bietet Berlin Heart seine Ventricular Assist Devices, kurz VADs, an, die schon erwähnten Herzunterstützungssysteme. Das 1996 gegründete Unternehmen ist der einzige europäische Hersteller von VAD-Systemen und auch der einzige, der diese anspruchsvolle Technik für Erwachsene, Kinder und Säuglinge anbietet.
Gewindetrieb führt bis zu 130 Hübe pro Minute aus
Bei den mobilen Excor-VADs wird der Blutkreislauf des Patienten über Kanülen mit Druckluftmembranpumpen verbunden, die sich außerhalb des Körpers befinden. Der Miniatur-Kugelgewindetrieb führt 60 bis 130 Mal pro Minute einen Hub von bis zu 55,5 mm aus und drückt damit eine definierte Menge Luft gegen die Membran, auf deren anderer Seite sich die Kanülen und mit ihnen der Blutkreislauf des Patienten befinden.
Bei der Auswahl des Antriebssystems war dessen Lebensdauer das entscheidende Kriterium. Nedim Arslan, Abteilungsleiter Konstruktion bei Berlin Heart: „Die NSK-Antriebe haben in unserem Benchmark-Test eine Lebensdauer von rund 120 Millionen Zyklen erreicht – das war mit Abstand der beste Wert.“
Um eine hohe Betriebssicherheit zu erreichen, erfolgt alle drei Monate – nach rund 10 Millionen Zyklen – eine Wartung der Antriebseinheiten bei Berlin Heart, während derer unter anderem die Spindel gereinigt und gefettet wird. Erleichtert wird der Service durch Modifikationen an der Geometrie des Kugelgewindetriebs, die NSK vorgenommen hat.
Auch die Auswahl des Fettes wurde bei der Projektierung des Antriebs berücksichtigt. Trotz der geringen Leistung der Servomotoren erreicht die Miniaturspindel mit 8 mm Durchmesser im Betrieb Temperaturen von 70 bis 80 °C. Das Fett wurde auf dieses hohe Temperaturniveau abgestimmt.
Die Basis des Spindelsystems ist ein Kugelgewindetrieb in geschliffener Ausführung mit Genauigkeitsklasse C3. Die Spindeln werden gemäß Kundenanforderung gefertigt, so dass sie als „tailor-made“ gelten können. Gerätehersteller und Antriebsanbieter arbeiten eng zusammen, um das Antriebssystem optimal an die besonderen Anforderungen des sensiblen Anwendungsfalls VAD anzupassen. Der Hersteller liefert den Antrieb heute als einbaufertiges Modul mit passend aufgebauter Lagereinheit. ■
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Was leisten additive Fertigungstechnologien heute? Mit der neuen Projektionsmikro-Stereolithografie lassen sich Mikroteile als Prototypen oder Serienteile in höchster Genauigkeit und Präzision fertigen. Dies lohnt sich selbst bei kleinen und mittleren Serien. Mehr erfahren Sie…
Teilen: