Komponenten selbst entwickeln, die Entwicklung outsourcen oder fertig einkaufen? Das ist eine Frage, mit der sich Medizintechnik-OEMs bei der Entwicklung neuer Produkte täglich auseinandersetzen. Sensoren und Kabel zur nicht-invasiven Patientenüberwachung, die zwischen Monitor und Patient eingesetzt werden, erfordern spezielle Expertise und gehören deshalb typischerweise zu den Komponenten, deren Entwicklung und Produktion outgesourct wird. Investitionen in Entwicklung und Werkzeuge trägt dann in vollem Umfang der Medizintechnik-OEM.
Inhaltsverzeichnis
1. Alternative zu individuell produzierten Sensoranschluss-Konfigurationen
2. Patientennahe Messung für Neugeborene und Erwachsene
3. Kombination aus Sensor, Stecker und Kabel
Alternative zu individuell produzierten Sensoranschluss-Konfigurationen
Die Unternehmen Sensirion AG, Stäfa/Schweiz, und Nicolay GmbH, Nagold, bieten seit Februar 2019 eine fertig produzierte Flow-Sensor-Lösung mit diversen Verkabelungsmöglichkeiten an. Sie ist für Hersteller von Beatmungsgeräten eine sehr gute Alternative zu individuell produzierten Sensoranschluss-Konfigurationen samt Verkabelung. Das trifft vor allem dann zu, wenn Investitionen in eigene Entwicklung und Werkzeuge zeitlich kritisch oder nicht gerechtfertigt sind – etwa zu Testzwecken, beim Entwicklungsstart oder für Produkte in geringen Stückzahlen. Eine Herausforderung für Hersteller moderner Beatmungsgeräte ist es, die inspiratorischen und exspiratorischen Atemgas-Flussraten möglichst genau zu messen. Nur auf dieser Basis lässt sich patientenorientiert beatmen, also die patientenindividuelle Pathophysiologie und deren Veränderungen laufend berücksichtigen.
Klassischerweise sitzt die Sensorik für diese Messungen innerhalb des Geräts – und damit weit vom Patienten entfernt. Das verursacht Ungenauigkeiten, weil zwischen Sensor und Patient diverse Schläuche, Befeuchtungsgeräte, Filter und Adapterstücke zum Einsatz kommen. Deren unterschiedliche Zusammensetzungen, aber auch die Verbindungs- und Schnittstellen, die immer einen gewissen Umfang von Leckagen mit sich bringen, sorgen dafür, dass die gemessenen Flussraten von den tatsächlich beatmeten Werten abweichen. Patientennahe Messungen eliminieren viele der Probleme, die zu Ungenauigkeiten führen.
Patientennahe Messung für Neugeborene und Erwachsene
„Insbesondere in der Neonatologie sind genaue Messungen wichtig, da das Beatmungsvolumen eines Neu- oder Frühgeborenen mit circa Fünf Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht im Milliliter-Bereich liegt – also in der Größenordnung von Leckagen bei distaler Messung“, erklärt Dr. Andreas Alt, Sales Director Medical beim Sensor-Hersteller Sensirion. „Dass möglichst patientennah gemessen werden soll, hat sich deshalb zwischenzeitlich durchgesetzt.“
Die beiden Unternehmen Nicolay und Sensirion haben diesen Bedarf erkannt, ihr jeweils spezifisches Know-how gebündelt und in Kooperation eine Sensor-Stecker-Kabel-Kombination für die proximale Platzierung in Beatmungssystemen entwickelt. Damit lassen sich sämtliche anwendungsspezifischen Anforderungen abdecken: Neben autoklavier- und waschbaren sowie Einweg-Lösungen gibt es zudem spezielle Varianten für exspiratorische Anwendungen – alle sind für die Behandlung von Erwachsenen wie auch für die Neonatologie erhältlich.
Die Sensoren messen hochgenau und geben kalibrierte und temperaturkompensierte Ausgangssignale zur weiteren Verarbeitung aus. Die Performance der Gasfluss-Sensoren basiert auf der von Sensirion entwickelten und patentierten CMOSens-Technologie. Ein mikrothermisches Sensorelement misst die Gas-Flussrate. Das Sensorelement, die Signalverarbeitung und die digitale Kalibrierung sind auf einem einzigen Mikrochip monolithisch integriert. Im Vergleich zu anderen Messprinzipien garantiert das unter anderem einen erweiterten dynamischen Messbereich, eine verbesserte Langzeitstabilität und ermöglicht den einfachen Einsatz ohne vorherige eigene oder zu wiederholende Kalibration. Damit sind diese Sensoren sehr gut für den Klinikalltag, den Einsatz im OP, im Rettungswagen oder in der Notaufnahme geeignet.
Kombination aus Sensor, Stecker und Kabel
Die komplette Lösung besteht aus der Kombination des jeweiligen Sensors und diversen elektrischen Anschlussmöglichkeiten zum Beatmungsgerät in Form von Steckerkappe und Kabel. Sie lässt sich also modular zusammenstellen und ist dadurch kompatibel mit unterschiedlichen Kommunikationsprotokollen. Das Sensorsignal von der Schnittstelle zum Medizinprodukt zu bringen, ist die klassische Aufgabe, der sich die Spezialisten von Nicolay widmen. Für die Flow-Sensor-Lösung haben sie eine mechanische Schnittstelle entwickelt, die robust und benutzerfreundlich ist. Da sich der Steckverbinder einfach und nur ordnungsgemäß aufstecken lässt, ist eine korrekte Handhabung auch in hektischen Situationen sichergestellt.
Beim Design wurde darauf geachtet, dass sich alles gut reinigen lässt. In ungestecktem Zustand lässt die Schnittstelle Wischdesinfektionen zu, aufgesteckt bringt sie eine Dichtigkeit nach Schutzart IP54. Die Materialien wurden sorgfältig ausgewählt: weicher Kunststoff sorgt dafür, dass die Kabel am Tüllenende nicht abknicken; hartes Material ist unter anderem dort eingesetzt, wo mechanische Kräfte aufgenommen werden müssen.
Auch was die Elektronik betrifft, sind unterschiedliche Anforderungen abgedeckt. Für die Kommunikation mit dem Sensor-I²C-Bus reicht bei einer Kabellänge von bis zu 30 cm ein Anschluss mit einfachen Federkontaktstiften aus. Für den sicheren Signaltransfer über längere Kabelwege hinweg ist im Stecker auf kleinstem Raum Elektronik zur Signalkonvertierung integriert. Die Ausstattung mit einem RS485– oder RS232-Interface übersetzt die Signale für die erforderlichen Kommunikationsprotokolle des Beatmungsgeräts. Für den Geräteeingang stehen je nach Bedarf des OEMs unterschiedliche Schnittstellen zur Verfügung, beispielsweise Nicolay Mini7 oder Mini12. Neben den standardisierten Produktvarianten lassen sich kundenspezifische PCB-Layouts im Stecker integrieren.
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