Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Medizin und das Gesundheitswesen: Diagnostische Patientendaten wie EKG, EEG oder Röntgen-Aufnahmen, können in Zukunft mit Hilfe von maschinellem Lernen analysiert werden. Dann lassen sich Krankheiten anhand von subtilen Veränderungen schon sehr frühzeitig erkennen. KI innerhalb des menschlichen Körpers zu implementieren, ist allerdings eine große technische Herausforderung. Wissenschaftlern der Professur für Optoelektronik an der TU Dresden ist es nun gelungen, eine bio-kompatible implantierbare KI-Plattform zu entwickeln: Sie erkennt auch ohne Mitwirkung von Ärzten, welche Muster in biologischen Signalen wie Herzschlägen gesund sind und welche Veränderungen als krankhaft einzustufen sind.
KI in der Medizin: biokompatibler KI-Chip als Basis
Das Forscher-Team um Prof. Karl Leo, Dr. Hans Kleemann und Matteo Cucchi verfolgt hierbei einen Ansatz für die Echtzeit-Klassifikation der Biosignale, der auf einem biokompatiblen KI-Chip basiert. Die Wissenschaftler setzen polymer-basierte Faser-Netzwerke ein, die dem menschlichen Gehirn strukturell ähneln und das neuromorphe KI-Prinzip des Reservoir-Computings ermöglichen.
Die Polymer-Fasern sind zufällig angeordnet und bilden ein so genanntes „Recurrent Network“. Dieses erlaubt, Daten analog dem menschlichen Gehirn zu verarbeiten. Weil diese Netzwerke nichtlinear arbeiten, lassen sich bereits kleinste Signaländerungen verstärken, die Ärzte oft nur schwer bewerten können. Durch die nichtlineare Transformation mit Hilfe des Polymer-Netzwerkes ist dies jedoch problemlos möglich. In Versuchen konnte die KI gesunde Herzschläge von drei häufig auftretenden Rhythmusstörungen mit einer Genauigkeit von 88 % unterscheiden. Dabei verbrauchte das Polymer-Netzwerk weniger Energie als ein Herzschrittmacher.
Implantierbares KI-System erkennt Herzrhythmusstörungen
Die Nutzungsmöglichkeiten für implantierbare KI-Systemen sind vielfältig: So könnten damit Herzrhythmusstörungen oder Komplikationen nach Operationen überwacht und via Smartphone an Ärzte und Patienten gemeldet werden. Das ermöglicht schnelle medizinische Hilfe.
„Die Vision, moderne Elektronik mit der Biologie zu kombinieren, ist in den letzten Jahren durch die Entwicklung so genannter organischer Mischleiter ein großer Stück vorangekommen“, erklärt Doktorand Matteo Cucchi. „Bisher waren die Erfolge auf einfache elektronische Komponenten wie einzelne Synapsen oder Sensoren beschränkt.“ Komplexe Aufgaben ließen sich damit aber nicht lösen. „In unserer Arbeit haben wir nun einen entscheidenden Schritt zur Verwirklichung dieser Vision getan.“ Mit diesem Ansatz sei es möglich, in Zukunft weitere intelligente Systeme zu entwickeln, die helfen können, Menschenleben zu retten.
Kontakt zu den Forschern:
Matteo Cucchi
E-Mail: matteo.cucchi@tu-dresden.de