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Eine Orthese für sechs Patienten

Wiederaufbereitung: Ein Konzept, das schon die Entwickler bedenken müssen
Eine Orthese für sechs Patienten

Wenn ein Produkt aus hochwertigen Ausgangsmaterialien besteht und geschickt konzipiert ist, kann seine Lebensdauer die Behandlung eines Patienten übersteigen. Ein oberbayrischer Orthesenhersteller setzt dieses Konzept der Wiederaufbereitung erfolgreich um.

Die Qualität von Medizinprodukten muss höchsten Ansprüchen genügen. So hat jeder Patient das Recht auf einwandfreie Hilfsmittel, zu denen auch Orthesen zählen. Aber ist höchste Qualität immer gleichbedeutend mit einem neuen Produkt? Dass das nicht der Fall sein muss, beweist der Medizintechnik-Hersteller Oped aus dem oberbayrischen Valley. All seine Orthesen-Typen werden nach Gebrauch wieder aufbereitet. Das schont Ressourcen, hat Vorteile für die Krankenkassen und wird auch von den Patienten angenommen.

Damit das möglich wird, haben die Valleyer eine komplexe Organisation aus Qualitätssicherung und modernen Maschinen aufgebaut, wobei die Abteilung Wiederaufbereitung mit ihren 23 Mitarbeitern die Hauptrolle spielt. Dort werden alle Orthesen nach Gebrauch in ihre Einzelteile zerlegt: Die Orthese vom Typ Vacoped zum Beispiel, das am häufigsten eingesetzte Produkt, besteht aus 45 Teilen. Nur drei von ihnen sind grundsätzlich nicht zur Wiederaufbereitung geeignet, da sie mit Haut oder Wunden in Berührung kommen. Das sind die Sohle und das an der Haut anliegende Kissen plus Bezug. Diese drei sind als Einmalprodukte konzipiert, werden als Müll an ein Entsorgungsunternehmen übergeben und verbrannt.
Der Rest der Orthesen, die der Patient an den Hersteller zurückschickt, wird in der Abteilung Wiederaufbereitung genauestens begutachtet. Was sehr gut erhalten ist, landet in speziellen Waschmaschinen. Der Grad der Abnutzung hängt dabei oft vom Patienten ab – ein Landwirt beispielswiese nutzt seine Orthese schneller und stärker ab, als ein Patient, der sich auf dem Sofa erholt.
Dieses Konzept der Wiederaufbereitung wurde schon 1997, fünf Jahre nach Firmengründung, eingeführt. Eine einmalige Verwendung der qualitativ hochwertigen Ausgangsstoffe wurde bereits damals als Ressourcenverschwendung erkannt. Allerdings war die Wiederaufbereitung im Bereich der Medizintechnik in den 90er-Jahren nicht weit verbreitet, weshalb es zu Beginn für die Krankenkassen schwierig war, das Vorhaben von Oped zu kategorisieren. Um überhaupt eine Wiederaufbereitung einführen zu dürfen, mussten einige Auflagen erfüllt werden, so zum Beispiel hygienische Standards. Außerdem mussten die Produkte dafür geeignet sein. Heute legt die hauseigene Entwicklungsabteilung besonderes Augenmerk darauf, dass jede Neuheit diesem Anspruch gerecht wird, die Teile zerlegbar und einfach zu montieren sind, auch wenn das einen Mehraufwand in der Konstruktion bedeutet.
Für die Krankenkassen ist der Ansatz finanziell interessant: Sie zahlen lediglich eine Mietgebühr für die Orthesen, nicht den Kaufpreis. Oped bietet den Kostenträgern ein Rundum-Paket. Die Orthesen weden in Valley aufbereitet, dem Hersteller obliegt die Qualitätssicherung der wiederaufbereiteten Produkte – und er übernimmt sogar die Kosten für die Zu- und Rücksendung. Das Unternehmen garantiert außerdem die gleichbleibende Produktqualität, so dass jeder Patient gleich gut versorgt ist und seine schnelle Genesung den Kassen zu Gute kommt.
Heute unterliegt Oped mt diesem Konzept der EU-Richtlinie 93/42 und ist nach DIN 13485 zertifiziert. Diese Regelung beinhaltet unter anderem, dass das Unternehmen über ein geprüftes Qualitätssicherungs-System verfügen muss. Das heißt: In jeder einzelnen Aufbereitungsschleife wird jedes einzelne Teil nach festen Regeln geprüft. Und der Prozess unterliegt der Qualitätssicherung, um den hohen Standard zu halten.
Durchschnittlich landet auf diesem Weg jede Orthesenschale sechsmal in der Montage. Einen generellen Durchschnittswert gibt es dabei zwar nicht, da jedes Einzelteil der Schale getrennt begutachtet wird. Aber die Statistik belegt: Im Jahr 2011 konnten von rund 124 t eingesetztem Kunststoff 40 % eingespart werden.
Wenn der Patient sein Produkt aus dem Verpackungskarton holt, findet er darin einen Feedback-Bogen, über den seine Meinung erfragt wird. So bekommen die Oberbayern Rückmeldungen zu ihrem Konzept – durchweg positive, nicht zuletzt deshalb, weil die Möglichkeit der Wiederaufbereitung für die Qualität der Produkte spricht.
Das war auch der Grund, weshalb Oped in diesem Jahr 100 000 Euro in die „Aufbereitung der Wiederaufbereitung“ investiert hat. Das Geld floss größtenteils in neue Maschinen im Waschbereich. Die 23 Mitarbeiter in der Abteilung Wiederaufbereitung werden durch eine wachsende Anzahl von Kollegen in der Qualitätssicherung unterstützt. Den Waschbereich verstärkt seit September eine Außenmannschaft aus den Oberland Werkstätten, einer sozialen Einrichtung für geistig behinderte Menschen.
Wie es mit der Aufbereitung weitergehen könnte, hat kürzlich eine Diplomarbeit zum Thema „Untersuchung der Entsorgung von Verschleißteilen an Orthesen“ gezeigt. Die Ergebnisse werden gerade geprüft: Darin geht es unter anderem darum, ob und wie auch die aussortierten Teile in anderer Form wieder verwendet werden können.
Judith Krempl Oped, Valley

Umweltaspekte der Wiederaufbereitung
Wie man Energie sparen und die Umwelt schonen kann, beschäftigt die Oped-Mitarbeiter bei allen Belangen der Wiederaufereitung.
  • Die Waschanlage arbeitet mit Wärmerückgewinnung, was den Energieverbrauch reduziert.
  • In der Wiederaufbereitung wird anteilig Frischwasser verwendet. Das restliche Wasser stammt aus einer Wasseraufbereitungsanlage.
  • Die verwendeten Reinigungsmittel sind gesundheitlich unbedenklich und werden sparsam dosiert.
  • Dank der Wiederaufbereitung spart das Unternehmen 49 t pro Jahr an Rohstoffen, oder anders gesagt: Ohne Wiederaufbereitung würden viel mehr Rohstoffe verbraucht.

  • Zum Hersteller
    Die Oped GmbH wurde 1992 im oberbayrischen Mühltal bei Valley gegründet und ist inzwischen weltweit an vier Standorten tätig. Im 2010 erbauten Medizinpark Valley sind rund 200 Mitarbeiter beschäftigt. Basis der Oped-Orthesen ist die Vaco-Technologie. Ein Kissen, gefüllt mit kleinen Kügelchen, passt sich dem Körper perfekt an. Nach Luftentzug wird die jeweilige Position fixiert – der Körperteil ist geschützt. In Deutschland und in der Schweiz beliefern die Oberbayern derzeit rund 2000 Krankenhäuser, Kliniken und Sanitätshäuser. Pro Jahr werden rund 76 000 Patienten mit verschiedenen Produkten versorgt.

    Ihr Stichwort
    • Wiederaufbereitung von Orthesen
    • Rohstoffeinsparung von 40 %
    • Hygienische Vorgaben
    • Akzeptanz durch Krankenkasse
    • Zukünftiger Ausbau des Konzepts
    • Unsere Webinar-Empfehlung
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