Verlängerte Werkbank

Medizintechnische Präzisionsprodukte bewegen sich im Toleranzbereich von wenigen μ. Zur Herstellung von jährlich bis zu 400 neuen Produkten hält die Aesculap AG einen Werkzeug- und Betriebsmittelbau vor, der eng mit der Entwicklung verzahnt ist. Dort werden unter anderem Lehren zum Messen und Prüfen gefertigt. Bei komplexen Sonderlehren verlässt sich das Tuttlinger Medizintechnik-Unternehmen allerdings auf einen Spezialisten im Lehrenbau, die Oberndorfer Präzisions-Werk GmbH & Co. KG, kurz OPW.

„Die Anforderungen in der Medizintechnik sind extrem hinsichtlich Genauigkeit, Formen und Materialien“, weiß Hans Keller, Leiter Prototypen- und Werkzeugbau bei der Aesculap AG. „Quantität und Präzision sind eine große Herausforderung für unsere Entwicklung, Konstruktion und Fertigung.“ Im eigenen Werkzeug- und Betriebsmittelbau fertigt Aesculap beispielsweise Gesenke, Spritz- oder Folgeverbundwerkzeuge für die Produktion von chirurgischen Instrumenten und Implantaten. Dort werden die hochpräzisen Teile auch geprüft und vermessen.

„Standard-, Funktions- und Formlehren konstruieren und bauen wir im Haus“, so Frank Gnirss vom Aesculap-Betriebsmittelbau. Allerdings verfügen die Tuttlinger Spezialisten gerade bei komplexeren Bauteilen oder Komponenten nicht immer über ausreichende Fertigungsmöglichkeiten für den sensiblen Bereich des Sonderlehrenbaus. „In diesem Fall nutzen wir das Know-how eines externen Zulieferers“, so Gnirss.

Die Oberndorfer Spezialisten sind eine verlängerte Werkbank für Aesculap. OPW hat eine langjährige Erfahrung in der Herstellung von Lehren, Einstellmeistern, Prüf- und Messvorrichtungen. In den vergangenen drei Jahrzehnten verlagerte das Unternehmen seine Kernkompetenz von den Standardlehren hin zu Sonderlehren und Messvorrichtungen. Es zählt heute als Full-Service-Anbieter zu den führenden Lehrenbauern.

OPW investiert kontinuierlich in die Weiterentwicklung von Mitarbeiter-Know-how und in den qualitativen Ausbau bestehender Fertigungskapazitäten. Ob Drehen, Fräsen, Rund-, Flach- oder Konturschleifen, Drahterodieren, Koordinatenschleifen oder Läppen: Der hohe Anteil der OPW-Eigenfertigung mit einer Fertigungstiefe von 98 % liegt weit über den Möglichkeiten des gewöhnlichen Werkzeugbaus.

„Dank unserer hohen Fertigungstiefe können wir Auftragsschwankungen ausgleichen und die Lieferfähigkeit garantieren“, erläutert OPW-Geschäftsführer Uwe Hildebrandt. „Zudem können wir das Qualitätsniveau halten.“ Die Präzision kommt aber laut Hildebrandt in erster Linie von den Mitarbeitern. „Ohne deren langjährige Erfahrung, technische Kompetenz und handwerkliche Fertigkeiten im Lehrenbau würden wir auch mit den besten Maschinen nicht die Präzision erreichen, die von uns gefordert wird.“

Bei Aesculap werden die Standard- und Sonderlehren in allen Funktionsmaßen geprüft und mit einem Fähigkeitsnachweis versehen. Jede Lehre wird dabei einer hundertprozentigen Gegenprüfung unterzogen – unabhängig davon, ob sie im Haus produziert oder extern zugekauft wurde. Bei den von OPW produzierten Lehren liegt die Reklamationsquote deutlich unter 0,5 % und entspricht damit in etwa den Auswertungen der von Aesculap gefertigten Lehren. „Mit dem Ergebnis sind wir zufrieden“, berichtet Keller. „Schließlich bewegen wir uns im Sonderlehrenbau doch am Rande des technisch Machbaren.“

Matthias Holzapfel Fachjournalist in Villingen-Schwenningen

Die 1951 gegründete Oberndorfer Präzisions-Werk GmbH & Co. KG (OPW) kann auf mehr als 50 Jahre Erfahrung in der Herstellung von Lehren, Einstellmeistern, Prüf- und Messvorrichtungen zurückblicken. In den vergangenen drei Jahrzehnten verlagerte das Unternehmen seine Kernkompetenz von den Standardlehren hin zu Sonderlehren und Messvorrichtungen- Es zählt heute als Full-Service-Anbieter mit etwa 60 Mitarbeitern zu den führenden Lehrenbauern. OPW konstruiert und fertigt Einstelllehren mit Toleranzen bis zu 1 µ. Auch die Mess- und Prüflehren sind auf das µ genau gefertigt. Zum Portfolio gehören darüber hinaus Wartung, Reparatur und Kalibrierung von OPW-Produkten.

Die Aesculap AG ist einer der führenden Hersteller von chirurgischen Instrumenten. Zu den Meilensteinen des Tuttlinger Unternehmens zählt ein Navigationssystem für die millimetergenaue Platzierung von Hüft- und Kniegelenken. Zum Portfolio gehören chirurgische Instrumente, Implantate für die Orthopädie, Neuro- oder Wirbelsäulenchirurgie, Endoskope, chirurgische Motorensysteme, Nahtmaterial, Container- und Lagerungssysteme sowie Produkte für die Gefäßtherapie. Hinzu kommen Dienstleistungen für alle chirurgischen Kernprozesse.