Angetrieben von immer schnellerer Rechenleistung und methodischen Durchbrüchen hat sich Deep Learning in den vergangenen Jahren in der Bildverarbeitungsbranche zu einem Megatrend entwickelt, der nach Ansicht von Florian Niethammer, auch die Fachmesse Vision 2018 prägen wird. Der Projektleiter bei der Landesmesse Stuttgart zeigt sich angesichts dieser technischen Entwicklungen überzeugt, dass die diesjährige Veranstaltung eine der spannendsten Messeausgabe überhaupt wird: „Es wird extrem aufregend, zu sehen, wie die Aussteller das Trendthema Deep Learning bespielen und mit etablierter Bildverarbeitung sowie Embedded Vision verknüpfen.“
Deep Learning für visuelle Qualitätskontrolle
Eingesetzt wird Deep Learning heute bereits in Anwendungen, wo Bildverarbeitung eine Klassifizierung des untersuchten Objekts vornimmt. Die polnische Deepsense.ai, ein Erstaussteller auf der Vision 2018 aus Warschau, wird beispielsweise eine Lösung zur visuellen Qualitätskontrolle vorstellen, die sich ohne langwierige Programmierung zur Inspektion von Objekten mit komplexen Mustern wie etwa Holz oder Textilien eignet. Robert Bogucki, Chief Science Officer bei Deepsense, sieht darüber hinaus künftig große Anwendungschancen von Deep Learning im Bereich Healthcare.
Ebenfalls im rasanten Tempo haben sich Embedded-Vision-Systeme weiterentwickelt und sind mittlerweile aus dem Kanon der Bildverarbeitungsindustrie nicht mehr wegzudenken. „Sind sie heute fester Bestandteil in der Produktpalette vieler Vision-Aussteller, so Niethammer, „und eröffnen bis dato unerschlossene Anwendungsbereiche. Sie treffen damit genau unser Messemotto ‚Be Visionary‘“.
Embedded-Vision Systeme treffen eigene Entscheidungen
Die Entwicklung gehe nicht nur hin zur kompletten Einbettung, sondern auch zu Intelligenz – um Geräte selbständig agieren zu lassen und ohne menschliche Interaktion Entscheidungen zu treffen, erläutert Christopher Scheubel, Head of IP & Business Development bei der Framos GmbH, Taufkirchen, den Trend der Embedded-Vision-Systeme. Autonome Fahrzeuge, Service-Roboter sowie Drohnen seien hier Vorreiter bei der Anwendung.
Christoph Wagner, Product Manager Embedded Vision beim Aussteller MVTec Software GmbH, München, beschreibt die aktuelle Entwicklung bei Embedded Vision Systemen so: „Viele Applikationen mit größeren Stückzahlen werden mittlerweile auf Embedded Devices umgesetzt, da diese Geräte viele Vorteile gegenüber der Standard-PC-Variante bieten. Dazu gehören etwa reduzierte Leistungsaufnahme, die Unabhängigkeit von Peripheriegeräten und nicht zuletzt der Preis- und Formfaktor.“ MVTec stellt auf der Messe das Release Halcon 18.11 vor. Die Bildverarbeitungssoftware erkennt beispielsweise in einem visionsbasierten Inspektionssystem bei einem Pharmahersteller, ob teilgeformte und gebrochene Tabletten und Kapseln die Anlage verlassen, oder stellt fest, ob eine Kreuzkontamination stattgefunden hat.
Hyperspektrale Bildverarbeitung für hochpräzise Farbkoordinaten
Ein weiteres Wachstumssegment der industriellen Bildverarbeitungsbranche ist die hyperspektrale Bildverarbeitung. Dieser auch als Hyperspectral Imaging (HSI) bekannten, relativ jungen Disziplin wird für die Zukunft ein enormes Potenzial zugeschrieben. Den wesentlichen Unterschied zu traditionellen Vision-Systemen sieht Markus Burgstaller, CEO der Grazer Perception Park GmbH darin, dass hyperspektrale Systeme im Vergleich zu herkömmlichen Bildverarbeitungssystemen pro Objektpixel ein Spektrum anstelle eines Monochrom- oder Farbwertes bieten. „Je nach Wellenlängenbereich und spektroskopischer Verarbeitung können damit hochpräzise Farbkoordinaten, chemische Materialeigenschaften, aber auch Schichtdickeninformationen aus den Spektraldaten abgeleitet werden“, so Burgstaller.
„Während herkömmliche RGB-Kameras lediglich die Farben Rot, Grün und Blau abbilden, erlauben hyperspektrale Kameras die Unterscheidung von mehr
als hundert Farben“, bestätigt Dr. Jan Makowski, Geschäftsführer der Luxflux GmbH. „Durch eine solche hochgenaue Farbmessung können Stoffe auf ihre Eigenschaften untersucht und Chemie sichtbar gemacht werden.“ Das Reutlinger Unternehmen macht Mikroskope hyperspektral und gibt Wissenschaftlern und Forschern damit ein Werkzeug in die Hand, um beispielsweise Gewebeproben zu analysieren. Durch die berührungslose Messtechnik wird das Produkt vor Schäden geschützt. (su)
Zur Vision 2018
Nach Angaben der Messe Stuttgart als Veranstalter der Weltleitmesse für Bildverarbeitung bricht die Vision auch in diesem Jahr wieder die Rekorde des vorangegangenen Events: So wächst die vermietete Ausstellungsfläche von 11 000 m² in 2016 auf über 12 000 m². Dafür wird erstmals auch die Galerie im L-Bank Forum (Halle 1) mit Ständen belegt. Auch die Anzahl der Aussteller übertrifft mit über 460 den Rekord von 440 Unternehmen aus 2016. Rund 25 % der Aussteller präsentieren sich 2018 zum ersten Mal auf der Vision.
Neben hochkarätigen Ausstellern zeichnet sie die Messe durch ihre Internationalität und das Rahmenprogramm aus: Fester Bestandteil der Messe sind auch 2018 die „Industrial Vision Days“. Als weitere Highlights werden die „Integration Area“, die Sonderschau zu den „International Machine Vision Standards“ unter Federführung der EMVA, sowie der IPC4Vision-Stand, auf dem das Thema Industrie-PCs (IPCs) bespielt wird, genannt.