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Hochpräzise CNC-Bearbeitung und Handwerkskunst sind die Basis des Erfolgs der Günter Stoffel Medizintechnik GmbH in Wurmlingen im Landkreis Tuttlingen. Geschäftsführer Dieter Stoffel betont: „Allen Stoffel-Instrumenten gemeinsam ist die höchste Präzision. Bei den winzigen Löffelchen der Biopsiezangen, deren Schneiden auf den hundertstel Millimeter genau aufeinandertreffen müssen, oder den Pinzetten mit winzigen Zähnchen an der Spitze – überall geht es darum, so genau zu fertigen, dass sich die mehrteiligen Instrumente montieren lassen und sauber funktionieren.
Verschleiß erkennen, selbst bei drehendem Werkzeug
Um seine Produktivität zu erhöhen, investierte Stoffel im Jahr 2021 in eine Fünfachs-Fräsmaschine von DMG Mori inklusive Automation durch einen Fanuc-Roboter. Dieser legt die Rohteile ein und entnimmt anschließend die fertig bearbeiteten Teile. Die neue Maschine kann damit über die Nacht oder das ganze Wochenende ohne menschliche Eingriffe produzieren. Allerdings ist es dazu unabdingbar, dass die Werkzeuge während der mannlosen Fertigung überwacht werden. Nur so lassen sich Werkzeugbrüche, Verschleiß oder Schäden an Werkzeugschneiden frühzeitig erkennen. Ein möglicher Ausschuss durch automatische Korrekturen oder beispielsweise das Einwechseln eines Schwesterwerkzeugs wird so vermieden.
Bei den bisherigen Maschinen von Stoffel wurden nur die temperaturbedingt schwankenden Werkzeuglängen per Messung kontrolliert. Die neuen Maschinen haben die Temperaturkompensation viel besser im Griff. Selbst bei den Mikrobearbeitungen im Hause Stoffel, bei denen zwei Drittel der Taktzeit auf den Werkzeugwechsel entfallen und entsprechend starke Temperaturschwankungen auftreten.
Winzige Werkzeuge mit dem Laserstrahl messen
Auf der neuen Maschine, die rund um die Uhr laufen soll, kommt daher nun ein anderes Messsystem zum Einsatz. Das LC50-Digilog kann pro Sekunde Tausende von Messwerten aufnehmen. „So lassen sich unter anderem Geometrieveränderungen an der Werkzeugschneide erkennen, beispielsweise durch Verschleiß, und das sogar am sich unter Arbeitsdrehzahl drehenden Werkzeug“, erklärt Erhard Strobel aus dem Technischen Vertrieb der Blum-Novotest GmbH aus Grünkraut. Der Hersteller gilt als weltweiter Technologie- und Innovationsführer in der Mess- und Prüftechnik und lieferte das Laser-Messsystem. Strobel: „Der speziell fokussierte Laserstrahl ermöglicht das Messen feinster Schneiden und mikroskopischer Werkzeuge – was bei Stoffel durchaus gefragt ist. Dort werden Fräswerkzeuge mit Durchmessern zwischen 0,15 und 3 mm genutzt, bei Bohrern reicht die Spanne von 0,2 bis 0,6 mm.“
Dazu muss man wissen, dass bei den von Stoffel hergestellten Biopsiezangen, mit denen Ärzte Proben aus dem Körper entnehmen können, die Löffelbacken „zu Null“ aufeinander passen müssen. Und das auch, wenn die Backen an unterschiedlichen Tagen gefertigt wurden. Nacharbeit ist hierbei nur bedingt möglich, weil jedes Bearbeiten der winzigen Teile mehr Material entfernen würde als vorhanden ist.
„Die angestrebten Toleranzen sind sehr eng und liegen oftmals unter einem Hundertstel Millimeter. Unsere Produkte bestehen aus mehreren sehr kleinen Teilen, die zusammen montiert werden, und dabei schaukeln sich die Toleranzen hoch“, unterstreicht Dieter Stoffel. „Zudem sind die Bauteile so klein, dass eine nachträgliche Vermessung sehr aufwändig wäre.“ Wenn da etwas klemmt, muss man in Wurmlingen an der Maschine nachsteuern. Das ist natürlich nachts und am Wochenende nicht möglich. Trotzdem muss Stoffel immer sofort wissen, ob die Teile in Ordnung sind – und das geht am einfachsten über eine regelmäßige Kontrolle der Werkzeugschneiden mit dem Lasermesssystem.
Eine weitere Anforderung an das Messsystem kommt hinzu: Denn um die winzigen Späne zuverlässig abzutransportieren, arbeitet Stoffel mit sehr viel Kühlschmiermittel – und das „muss der Laser abkönnen“. Der LC50-Digilog misst trotzdem hochpräzise, da es zum einen möglich ist, Schneiden bei voller Bearbeitungsdrehzahl zu messen und so das Kühlschmiermittel vom Werkzeug weggeschleudert wird. Zum anderen kann das Lasermesssystem Kühlmittel und Werkzeugschneiden anhand der vielen Messwerte und der dadurch möglichen Plausibilitätsprüfungen zuverlässig unterscheiden, wodurch Fehlmessungen ausgeschlossen sind.
Software wertet Messroutinen aus und visualisiert diese
Ebenfalls auf der Maschine installiert ist die neue Software LC-Vision für Blum Lasermesssysteme. „Die Software bietet eine Vielzahl von Messroutinen, die es ermöglichen, die Spindel und die Werkzeuge umfassend zu vermessen. So lassen sich Rundlauffehler der Spindel oder von Werkzeugen aufdecken, die morgendliche Spindelerwärmung verfolgen oder natürlich unterschiedlichste Werkzeuggeometrien überwachen“, fasst Erhard Strobel zusammen. „Eine Besonderheit von LC-Vision ist die Visualisierung und Auswertung aller Messungen, sodass die gemessenen Werte einfach und verständlich grafisch aufbereitet werden. Zudem können wir wichtige Systeminformationen und Daten zur vorbeugenden Wartung am Steuerungsbildschirm aufrufen.“
Messtaster zur Kontrolle der vierten und fünften Achse
Über das Lasermesssystem und LC-Vision hinaus findet sich mit dem TC52 noch ein Messtaster von Blum auf der Maschine. Diesmal nicht auf dem Maschinentisch montiert, sondern einwechselbar im Werkzeugmagazin. Zu seinen Messaufgaben gehört die Kontrolle der vierten und fünften Achse. Hier wird der Drehpunkt der Achsen gemessen und in den Maschinenparametern eingetragen, um eine optimale Kinematik auch in der Schwenkbewegung zu erhalten.
„An dieser Messung hängt sehr viel. Wenn der Drehpunkt der Achsen nicht genau mit dem Koordinatensystem der Maschine übereinstimmt, ergeben sich Fehler am Werkstück bei der Simultan- oder Schwenkbearbeitung. Deshalb wird diese Messung regelmäßig an einer in der Maschine montierten Messkugel ausgeführt – auch hier werden Prozesse erst durch das Blum-Messsystem ermöglicht“, zieht Dieter Stoffel ein positives Fazit.