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Zugang zur fünften Dimension

Multiphotonen-Tomographie: Laserlicht erlaubt Einblick in tiefere Gewebsschichten
Zugang zur fünften Dimension

Ein weiterentwickelter Multiphotonen-Tomograph soll bei der Untersuchung von Hautveränderungen die Biopsie ersetzen. Mit dem neuen Verfahren lassen sich nicht nur Krankheiten erkennen, sondern auch Therapiefortschritte beobachten.

Standarduntersuchungen von auffälligen Hautveränderungen basieren heute noch auf der Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie), die von einem Pathologen mikroskopisch untersucht wird. Eine solche Gewebeanalyse ist aber nicht nur sehr zeitaufwendig, sondern auch mit einem operativen Eingriff verbunden. Demgegenüber sind Untersuchungsmethoden aus dem Bereich der optischen Biopsie schneller und kommen ohne Schnitt aus.

Der optische Ansatz basiert heutzutage in den meisten Fällen auf Ultraschall und Optische-Kohärenztomographie-Systemen, kurz OCT. Beide liefern dreidimensionale Bilder, können jedoch keine einzelnen Gewebezellen und auch keine extrazellulären Matrixstrukturen darstellen.
Mit anderen technischen Verfahren wie einem konfokalen Laserscanning-Mikroskopie-Bildgebungssystem können sogar Details wie Zellmembranen, Zellkerne und Melanosome sichtbar gemacht werden. Diese Möglichkeit nutzt das Vivascope, ein Gerät, das in den USA entwickelt wurde. Es verwendet eine NIR cw 16 mW Laserdiode mit einer Wellenlänge von 830 nm und einen Resonanzscanner. Bei diesem Instrument sind jedoch die Signaltiefe und die Signalinformationen begrenzt.
Mit Hilfe einer weiteren Alternative, der Multiphotonen-Tomographie, will eine Gruppe von Forschern und Unternehmen in Deutschland nun die Darstellungsmöglichkeiten weiter verbessern. Im Rahmen des Forschungsverbundes 5D-IVT haben sie einen 5D-Intravitaltomographen entwickelt. Am Projekt, das von der Jenaer Jenlab GmbH koordiniert wird, beteiligen sich auch die Beiersdorf AG, das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik in St. Ingbert und das Universitätsklinikum Münster. Das Bundesminsterium für Bildung und Forschung hat die Arbeiten mit rund 2,7 Mio. Euro gefördert.
Der Ausgangspunkt für das Projekt war der 3-D Intravitaltomograph DermaInspect, den Jenlab 2002 auf den Markt gebracht hatte. „Gegenüber dem US-amerikanischen Vivascope hat dieser bereits den Vorteil, dass er wesentlich mehr Informationen liefert“, erläutert Jenlab-Geschäftsführer Prof. Dr. Karsten König. So seien beispielsweise mit Hilfe des 3D-Intravitaltomographen einzelne Melanozyten erkennbar. Zudem verfüge er über eine höhere Eindringtiefe als das Vivascope.
Der DermaInspect basiert, ebenso wie der neue 5D-Intravitaltomograph, technologisch gesehen auf dem Verfahren der Multiphotonen-Tomographie: Mit Hilfe eines Scan-Femtosekunden gepulsten Laserstrahls ist es möglich, eine Multiphotonen-Anregung von Biomolekülen, wie NAD(P)H, Flavinen, Porphyrinen, Elastin und Melanin zu erreichen. So lassen sich nicht nur tiefer liegende Hautzellen, sondern auch intrazelluläre Zwischenräume in unterschiedlichen Gewebetiefen visualisieren. Das Gerät verwendet einen Titan:Saphir-Femtosekunden-Laser mit einem Wellenlängenbereich zwischen 710 nm und 920 nm. Für die Visualisierung wird ein Video-Adapter mit einer CCD-Kamera benutzt. Hinzu kommt ein Scan-Modul, ein PMT-Detektor-Modul, eine Steuerungs- und Bildverarbeitungssoftware sowie ein Steuergerät.
Von seinem Vorgängermodell unterscheidet sich der neue Intravitaltomograph dadurch, dass er über die vierte und fünfte Dimension verfügt. Mittels der vierten Dimension ist es möglich, Informationen über die Fluoreszenzabklingzeit eines Moleküls zu erhalten. „Jedes Molekül verfügt über eine spezifische Fluoreszenzabklingzeit, die von der Molekülstruktur und -umgebung abhängig ist“, erläutert Professor Dr. med. Stefan W. Schneider vom Universitätsklinikum Mannheim, unter dessen Regie das neue Gerät an der Universitäts-Hautklinik Münster gerade getestet wird. Anhand der molekülspezifischen Fluoreszenzabklingzeit lasse sich ohne jegliche Vorbehandlung oder Färbung ermittlen, an welcher Stelle im untersuchten Gewebe die jeweilige Molekülart zu finden ist. Durch simultane Aufnahme der Fluoreszenzabklingzeiten in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen werden zudem spektrale Informationen, die fünfte Dimension, erfasst. „Dadurch lassen sich dann die jeweiligen Moleküle direkt vor Ort und in vivo identifizieren“, sagt Schneider.
Aus Sicht des Dermatologen Schneider eröffnet der 5D-Intravitaltomograph neue diagnostische Möglichkeiten in der Medizin. So lasse sich anhand des Verhältnisses der verschiedenen Fluoreszenzabklingzeiten der Energiezustand erkrankter Zellen und des gesunden Gewebes ermitteln, und ein Vergleich von beiden Gewebearten sei möglich. „Auch lassen sich in der Haut frühzeitig krankhafte Veränderungen anhand des Energiezustandes der Zellen detektieren, und zwar bevor diese für den Dermatologen klinisch erkennbar werden“, ergänzt Schneider.
So sei das Gerät nicht nur in der Frühdiagnostik sehr hilfreich, sondern es könne auch dazu genutzt werden, Fortschritte in der Therapie von erkranktem Gewebe zu erkennen. Denn mittels der 5-D-Technologie lässt sich feststellen, wie gut die Haut des Patienten sowohl in morphologischer Hinsicht als auch vom Entzündungsstatus her auf eine Therapie anspricht.
Trotz der Vorteile der 5D-Intravitaltomographie wird sie aus Sicht von Prof. Schneider nicht so schnell Routine werden. „In den nächsten drei bis fünf Jahren wird das Gerät speziellen Kliniken sowie auch speziellen Fragestellungen vorbehalten bleiben und vor allem zu Forschungszwecken eingesetzt werden“, prognostiziert er.
Nicht nur die Universitäts-Hautklinik Münster testet den 5D-Intravitaltomographen derzeit. Auch bei Beiersdorf laufen Versuche, die neue Erkenntnisse für die Pharma- und Kosmetikindustrie liefern könnten.
Zum Ende des Projektes 5-D-IVT im März 2010 werden die grundlegenden technischen Probleme gelöst sein. Tests zur elektromagnetischen Verträglichkeit des Gerätes stehen aber noch aus, und die Projektpartner warten auf die Ergebnisse der Universiäts-Hautklinik Münster und der Beiersdorf AG. Präsentiert werden soll das Gerät auf der nordamerikanischen Fachmesse für Optik und Photonik, der Photonics West, im Januar 2011.
Anette Weingärtner Fachjournalistin in Berlin
Weitere Informationen Zum Forschungsprojekt: www.biophotonik.de Zum Unternehmen: www.jenlab.de

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