Der Abstand im Gelenk ist entscheidend: Ändert sich der Raum zwischen zwei festen Stoffen, zum Beispiel in einem Gelenk, kann das die Eigenschaften einer Flüssigkeit – wie eines Schmiermittels – im Zwischenraum verändern.
Sei es die Gelenkflüssigkeit zwischen einzelnen Knochen oder Öl zwischen zwei Türscharnieren: um die Reibung zweier fester Flächen aneinander zu vermeiden, bedarf es eines Schmiermittels. Denn was mit dem bloßen Auge oft nicht erkennbar ist, wird unter dem Mikroskop deutlich. Oberflächen sind nie ganz glatt, sondern weisen keilartige Geometrien auf, die zwangsweise zur Reibung der Oberflächen aneinander führen.
Dass der Platz zwischen diesen Flächen ausschlaggebend ist für die Eigenschaften solcher Schmiermittel, fanden in einer gemeinsamen Forschungsarbeit Physiker und Materialwissenschaftler am Düsseldorfer Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE), am ICAMS (Interdisciplinary Centre for Advanced Materials Simulation) der Ruhr-Universität Bochum und an den Universitäten Innsbruck, Erlangen und Tübingen heraus.
Zunächst untersuchten die Forscher mittels Computersimulationen und theoretischen Vorhersagen Flüssigkeiten zwischen zwei angrenzenden parallelen harten Platten. Sie stellten fest, dass die Eigenschaften einer so eingegrenzten Flüssigkeit stark vom Plattenabstand abhängen, wenn dieser nur wenige Teilchen umfasst. Im Falle amorpher Materialien – das sind Materialien, deren Atome in einer ungeordneten Struktur vorliegen – kann die durch die Platten verursachte, geometrische Einschränkung zu einem Übergang des „Schmierstoffes“ von einem flüssigen in einen festen und brüchigen Zustand führen. Beschränkt man den Abstand weiter, kehrt sich der Prozess um und man erhält wieder eine Flüssigkeit. Diese Um- beziehungsweise Rückwandlung ist wiederholbar und hängt sowohl vom Durchmesser des Plattenabstandes als auch vom äußeren Druck ab.
Ein Glasbläser kann durch sehr schnelles Abkühlen einen flüssigen oder gasförmigen Stoff in festes Glas umwandeln. Die Forschungsarbeit zeigt, dass auch geometrische Veränderungen, wie die des Raumes zwischen zwei festen Stoffen, Einfluss auf die Flüssigkeit beziehungsweise das Schmiermittel im Zwischenraum haben können. Und sie zeigt erstmals, dass bei keilartigen Geometrien flüssige und glasartige Zustände, so genannte Phasen, gleichzeitig nebeneinander existieren, wenn der externe Druck hoch genug ist. Mittels moderner Computersimulationen konnten Aussagen über Zwischenräume von nur wenigen Teilchenlagen getroffen werden, was besonders interessant für Anwendungen in der Mikro- und Nanotechnologie ist.
„Das ist der Anfang einer Reihe von Entdeckungen“, so Dr. Fathollah Varnik, wissenschaftlicher Gruppenleiter am ICAMS. „Die theoretischen Erkenntnisse unserer Forschungsarbeit öffnen den Weg für neuartige Anwendungen im Maschinenbau, in der Nanotechnologie, und sogar im medizinischen Bereich, zum Beispiel für Endoprothesen.“ Die Berücksichtigung der Reibungsprozesse kann zur Energieeinsparung und längerer Lebensdauer eines Werkstücks führen, indem Verschleiß und Abrieb verringert werden.
Weitere Informationen: www.mpie.de
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