Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Medizinische Wearables, die in Echtzeit vitale Parameter wie Blutdruck, Herzfrequenz und Sauerstoffgehalt im Blut messen, könnten helfen, diese Krankheiten frühzeitig zu erkennen und präventiv zu behandeln. Im Alltag erfreuen sich die tragbaren Minicomputer in Form von Fitnessarmbändern oder Smartwatches schon großer Beliebtheit. Auch in der Medizin werden sie mittlerweile immer häufiger eingesetzt. Das Problem ist hier allerdings, dass die mobilen Systeme nicht immer frei von Fehlern sind. So werden in den meisten Wearables Vitalparameter mithilfe der so genannten Photoplethysmographie gemessen, was auch als PPG-Verfahren bezeichnet wird. Dabei kann es zu Signalstörungen kommen, wenn beispielsweise die Sensoren bei Bewegungen verrutschen.
Wearables – zuverlässig genug für die Medizin
Die Medizin ist jedoch auf zuverlässige Messungen angewiesen. Hier setzt das neue Forschungsprojekt „Deep-PPG“ an der Hochschule Landshut unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Breidenassel an. Sein Ziel ist es, die Störanfälligkeit des PPG-Signals zu reduzieren und damit exaktere Messungen von Wearables in medizinischen Anwendungen zu ermöglichen. Mit den Wearables sollen aber nicht nur Risikopatienten überwacht, sondern auch Daten von bislang gesunden Menschen in Alltagssituationen ausgewertet werden. So könnten sie als Frühwarnsystem dienen und Krankheiten diagnostizieren.
Das Prinzip der medizinischen Wearables basiert auf einer optischen Messung: Leuchtdioden (LEDs) senden grünes, rotes oder infrarotes Licht aus. Dieses durchstrahlt das Gewebe oder wird an der Hautoberfläche reflektiert und trifft auf einen Fotodetektor. Mithilfe dieses Signals lässt sich beispielsweise die Herzfrequenz oder die Sauerstoffsättigung im Blut ableiten.
Mehrere Sensoren und Lichtquellen im Einsatz
Um Störungen durch Bewegungen oder unterschiedliche Hauttypen zu verringern, untersucht Breidenassel zusammen mit Prof. Dr. Stefanie Remmele und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Maximilian Reiser zwei Ansätze: „Zum einen wollen wir mehrere Lichtquellen und Sensoren an unterschiedlichen Positionen einsetzen und die anfallenden Daten mithilfe von Algorithmen in Echtzeit analysieren“, erläutert Reiser. Damit sei die Wahrscheinlichkeit höher, auch in der Bewegung ein auswertbares Signal zu erhalten. Die Herausforderung bestehe allerdings darin, dass das System in Echtzeit erkennen muss, welche Licht-Sensor-Kombination gerade das beste Signal liefert. Dazu entwickeln die Forschenden einen intelligenten Algorithmus und füttern diesen anhand von Probandenstudien mit riesigen Datenmengen, um ihn zu trainieren.
Was VCSEL für die Messung bieten
Beim zweiten Ansatz ersetzt das Forscherteam die LEDs durch so genannte Vertical-Cavity Surface-Emitting-Laser (VCSEL), die vermehrt in Smartphones zum Einsatz kommen. Ihr Vorteil: Die geringe Strahldivergenz könnte zu einer effizienteren Nutzung, geringerem Streulicht und damit zu einer robusteren Signalerfassung auch bei Störungen führen. „Gerade in der Kombination dieser Ansätze – Multi-Lichtquellen, intelligente Algorithmen und Einsatz von Laserdioden – versprechen wir uns eine deutliche Verbesserungen der Datenqualität“, so Breidenassel.
Sollte das gelingen, stünde mit dem PPG-Verfahren eine einfache, kostengünstige Messtechnik zur Verfügung, um wichtige, gesundheitsbezogene Daten zu erfassen. Da Wearables immer stärkeren Einzug in den Alltag halten, macht es laut Breidenassel „Sinn, diesen Trend für die Medizin zu nutzen“.
Weitere Informationen
Das Projekt Deep-PPG läuft bis Ende 2023 und wird von der Hochschule Landshut in Kooperation mit Osram Opto Semiconductors durchgeführt. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst fördert das Vorhaben mit 250 000 Euro.