„Elektrochemische Abtragen“ heißt das neue Verfahren, mit dem Ingenieure bis auf Tausendstel Millimeter passgenaue technische Spezialanfertigungen erzeugen können – und das kostengünstig und in hoher Stückzahl.
Je härter und fester ein Metall ist, umso schwerer ist es, daraus Bauteile mit vielen „Ecken und Kanten“ herzustellen. Nutzt man herkömmliche Verfahren, ist die Produktion solcher Spezialkonstruktionen teuer, aufwendig und langwierig. Zudem hinterlässt Bearbeitung nicht nur sichtbare Spuren. „So können Haarrisse entstehen, die später zu Schäden führen“, sagt Prof. Dirk Bähre von der Universität des Saarlandes. Und vor allem: Was die Form der Bauteile angeht, sind der freien Gestaltung enge Grenzen gesetzt.
Ganz ohne Kraftaufwand und sonstige extreme Einwirkungen auf den Werkstoff kommt das Verfahren aus, das Forscher und Unternehmen aus dem Saarland und der französischen Grenzregion in der „Initiative Precise“ weiterentwickeln und optimieren. „Das elektrochemische Abtragen macht es möglich, maßgefertigte Metall-Bauteile in hoher Stückzahl günstig herzustellen. Das Besondere dabei ist, dass ihre Form dabei ganz frei gestaltet werden kann“, sagt Fertigungstechniker Bähre, der das deutsch-französische Projekt koordiniert. Selbst komplizierteste Geometrien können in härtestem Metall umgesetzt werden. Das neue Verfahren ist einfach, kostengünstig und hochpräzise.
Die Werkstoffe, die die Forscher in Form bringen, sind zum Beispiel Titan, Gusseisen, Hartmetalle, Nickel oder hochfeste Stahllegierungen. Am Beginn des Prozesses steht die gewünschte Form: „Von ihr wird mit Hilfe der so genannten Photolithographie ein Negativ erstellt“, sagt Diplom-Ingenieur Martin Swat, Mitarbeiter von Prof. Bähre. Durch Belichtung wird dabei die Struktur einer Vorlage Schicht für Schicht ohne Nähte oder Rillen in Fotolack übertragen. „In mehreren Arbeitsschritten wird eine dreidimensionale Vorlage erstellt, die metallisch beschichtet wird und als Werkzeug für das folgende elektrochemische Abtragen dient“, erläutert Martin Swat.
Hierzu nutzen die Ingenieure den elektrischen Strom: Dieser fließt zwischen dem Werkzeug, also der so erstellten „Wunschform-Vorlage“ (Kathode), und dem zu bearbeitenden Werkstoff-Rohling (Anode), die aufeinander gebracht und von einer stromleitenden Flüssigkeit, dem Elektrolyt, umspült werden. Hierdurch und mithilfe von Stromimpulsen werden winzige Metallteilchen vom Rohling peu à peu abgetragen, und eine Positivform mit glatten Oberflächen entsteht: das hochpräzise umgesetzte gewünschte Bauteil – Haarrisse oder dergleichen können hierbei nicht entstehen. „Auf diese Weise können etwa Motorenteile fürs Auto, die sich kraftstoffsparend auswirken, medizinische Implantate oder auch Rasiererköpfe wirtschaftlich hergestellt werden“, erläutert Professor Bähre.
Die Prozesskette zur Herstellung solcher hochpräzisen Werkzeuge zeigen die Forscher vom 7. bis 11. April auf der Hannover Messe am saarländischen Forschungsstand in Halle 2, Stand C 48.
Weitere Informationen: www.lft.uni-saarland.de/de/home.html Film über das Verfahren
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