Sie haben sich viel vorgenommen: Studenten der Schweizer ETH Zürich und der ZHdK wollen es mit ihrem Rollstuhl „Scewo“ beim Wettbewerb „Cybathlon“ mit Entwicklern renommierter Hersteller und Hochschulen aus der ganzen Welt aufnehmen.
Es herrscht geschäftiges Treiben im Schweizer Campus Balgrist. Nach zehn Monaten und zahllosen technischen Änderungen geht der überarbeitete Rollstuhl des Scewo-Teams erstmals zur Testfahrt an den Start. Pascal Buholzer begleitet – immer mit einem Blick aufs Reglement und einem auf den Rollstuhl – Scewo-Fahrer Josep Ballester durch den Parcours. Zwar nimmt der Rollstuhl Treppen souverän, doch die Wendigkeit beim Öffnen von Türen oder die Stabilität auf unebenen Grund lässt noch etwas zu wünschen übrig.
Daran müssen die Studenten noch arbeiten, denn genau darauf zielt der Wettbewerb der ETH-Zürich, „Cybathlon“ ab: Erfinder von Hochschulen und kommerziellen Unternehmen treten mit ihren innovativen Hilfsmitteln an, um Menschen mit körperlichen Behinderungen das tägliche Leben mittels Technik zu erleichtern.
Auch das Scewo-Team mit Studenten der ETH Zürich und der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) wird im Oktober beim Cybathlon antreten. Dabei war es ursprünglich nur ein Studienprojekt, das schon längst beendet sein sollte: Im Herbst 2014 begannen alles als Fokusprojekt „Scalevo“. Zehn Bachelor-Studierende tüfftelten gemeinsam an einem treppensteigenden Rollstuhl. Doch anstatt wie geplant im Sommer 2015 das Projekt zu beenden, machten vier von ihnen weiter. „Wir wussten, dass im Oktober 2016 der erste Cybathlon stattfinden sollte – und wollten mit unserer Erfindung beim Wettbewerb antreten“, sagt Pascal Buholzer.
Um jedoch im Wettstreit mit den Technologien anderer Hochschulen und internationaler Hersteller eine Chance zu haben, musste der ursprünglich entwickelte Rollstuhl komplett überholt werden: Bisher war ihr elektrisch betriebener Rollstuhl nur auf Treppen ausgelegt. Beim Cybathlon muss er aber auch unebenes Terrain mit Holzstämmen und schräge Flächen überwinden. Diese stellen technisch ganz andere Anforderungen als eine Treppe, bei welcher der Rollstuhl der Studierenden mit seiner innovativen Raupentechnik bereits im Testlauf punkten konnte. Außerdem musste schweren Herzens ein neuer Name her, da es markenrechtliche Probleme gab.
Seit Februar 2016 hat das Scewo-Team einen neuen Testfahrer. Josep Ballester ist nach seinem Bachelorabschluss in Mechanik in Barcelona nach Zürich gekommen, um an der ETH seinen Master in Management Technologie und Ökonomie zu machen. Seit einem Unfall ist er ab dem vierten Lendenwirbel querschnittgelähmt. Das Team kam über eine Anfrage bei der ETH-Beratungsstelle Studium und Behinderung mit Ballester in Kontakt. Seine Rolle als Pilot im Rennen ist ihm jedoch nicht genug. Daher hat er auch die Vermarktung des Rollstuhls in die Hand genommen. Ganz entscheidend für den späteren Verkauf, sei die Wahl des richtigen Preissegments für den Rollstuhl. Der Preis muss kostendeckend, aber bezahlbar sein. Nicht einfach, schließlich gibt es in jedem Land andere Rahmenbedingungen bei Versicherung und staatlichen Zuzahlungen. Ebenfalls zu seinen Aufgaben gehört die Kontaktpflege zu den mittlerweile 37 Sponsoren. Er ist wie seine Mitstreiter zuversichtlich, mit den technischen Änderungen am Rollstuhl den Wettbewerb zu gewinnen.
Weitere Informationen: www.cybathlon.ethz.ch/ www.scewo.ch
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