Inhaltsverzeichnis
1. Muskel-Folie triggert Stammzellen an
2. Einsatz bei komplizierten Defekten von Knochen
Stammzellen können sich zu vielen verschiedenen Zelltypen entwickeln: Muskelzellen, Knorpel- oder Knochenzellen. Genau wie der Körper, zu dem sie gehören, spüren die Stammzellen, was um sie herum passiert und reagieren entsprechend. Meist werden für die Forschung in diesem Bereich Experimente an statischen Aufbauten durchgeführt. Nun haben Forschende Versuche mit einer dynamischen Konstruktion durchgeführt. Dafür haben Mitarbeiter des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG), des Berlin-Brandenburgischen Zentrums für Regenerative Therapien, der Freien Universität Berlin und des Helmholtz Virtuellen Instituts – Multifunktionale Biomaterialien für die Medizin zusammengearbeitet.
Muskel-Folie triggert Stammzellen an
Die Wissenschaftler verwandten für ihren innovativen Ansatz eine Polymerfolie im Sinne eines künstlichen Muskels: Die Folie besitzt die ungewöhnliche Eigenschaft, bei einer vorgegebenen Temperaturänderung die Form reversibel zu verändern.
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Die Forscher erzeugten eine solche Polymerfolie mit einem Gitter auf der Unterseite und programmierten sie so, dass sie bei einer Temperaturänderung auch ihre Form verändert: Bei Abkühlung von Körpertemperatur, also 37 °C auf 10 °C dehnt sie sich. Bei erneuter Erwärmung zieht sich die Folie zusammen. Anschließend wurden die Muskelfolien mit Stammzellen besiedelt und die sich verändernde Form des Gitternetzes auf der Unterseite der Folie und der Zellen beobachtet.
Mithilfe dieser programmierten Muskelfolie konnten die Wissenschaftler ein physikalisches Signal, die Temperaturänderung, nutzen, um ein weiteres mechanisches Signal gleichzeitig an die Stammzellen zu senden. Durch diese Synchronisation ist es gelungen, die Stammzellen anzuregen, sich zu Knochenzellen zu entwickeln.
Einsatz bei komplizierten Defekten von Knochen
„Die programmierten Folien aus Polymer könnten später beispielsweise bei komplizierten Knochenbrüchen eingesetzt werden, bei denen sich der Knochen nicht von selbst wieder heilen kann“, erklärt Prof. Andreas Lendlein, Co-Autor der Studie und Leiter der HZG-Instituts für Biomaterialforschung in Teltow. Stammzellen aus dem Knochenmark des Patienten könnten auf die präparierte Folie aufgetragen werden, die sich bei einer Operation adaptiv um den gebrochenen Knochen legt. Die zuvor ‚trainierten‘ Zellen können dann gezielt den Knochen stärken.
Angesichts der kürzlich in New Scientist berichteten erfolgreichen Operation bei 10 °C, die an der University of Maryland School of Medicine durchgeführt wurde, könnten solche medizinischen Implantate ein weiteres Instrument im Werkzeugkasten der Chirurgen werden.
Kontakt:
Helmholtz-Zentrum Geesthacht
Max-Planck-Straße
21502 Geesthacht
Tel.: +49 (0)4152 87–0
Website: www.hzg.de
www.pnas.org/content/early/2020/01/22/1910668117