Forscher wollen die Grenzen der optischen Mikroskopie aufheben und lebendes Gewebe in tieferen Schichten sichtbar machen.
Die Technik der optischen Mikroskopie hat wesentlich zur Begründung der Neurowissenschaften beigetragen. Aus der Forschung ist sie kaum wegzudenken. Allerdings: Bis heute bleibt die mikroskopische Bildgebung in lebenden Organismen auf Tiefen von weniger als 1 mm begrenzt. Der Grund dafür ist die Lichtstreuung. Diese Grenze aufzuheben und lebendes Gewebe in tieferen Schichten, beispielsweise in der Hirnrinde, sichtbar zu machen, das hat sich die Forschergruppe um Prof. Dr. Benjamin Judkewitz vorgenommen. In den kommenden fünf Jahren stehen dem Labor nun 1,49 Mio. Euro des Europäischen Forschungsrates (ERC) zur Verfügung.
Strahlen in die richtige Richtung schicken
Kein konventionelles Mikroskop ist in der Lage, Licht tiefer als wenige hundert Mikrometer in lebendem Gewebe zu fokussieren. Die dafür verantwortliche Lichtstreuung ist jedoch kein zufälliger Prozess, der Information zerstört, sondern ein Resultat der jeweiligen Gewebestruktur. Somit ist sie reproduzierbar und umkehrbar. Dieses Prinzip nutzbar zu machen, daran arbeitet Prof. Judkewitz bereits seit mehreren Jahren. „Um Licht an einem beliebigen Punkt innerhalb des Körpers zu bündeln, müsste man die Strahlen nur an der korrekten Stelle und mit der richtigen Richtung in das Gewebe schicken, so dass sich diese trotz der Streuung am gewünschten Punkt treffen“, erklärt der Wissenschaftler. Je tiefer Licht in ein biologisches Gewebe vordringt, umso stärker wird die Streuung der Lichtstrahlen. Entsprechend geht es darum, die richtige Korrektur zu ermitteln, mit der sowohl die Bildgebung als auch die optische Stimulation an einem beliebigen Punkt innerhalb eines streuenden Gewebes möglich werden.
Neue Wege eröffnen
Mittels eines neuen Ansatzes innerhalb der Fluoreszenzmikroskopie soll die hochauflösende Mikroskopie in größeren Gewebetiefen Wirklichkeit werden: „Wir nutzen die Effekte der Wellenfrontmodulation und der so genannten optischen Zeitumkehr, um den Prozess der Streuung zu kompensieren“, erklärt Prof. Judkewitz. Ein Durchbrechen der Tiefengrenzen bisheriger Technologien wird eine Reihe neuer Wege eröffnen, um biologische Systeme zu studieren und neue Anwendungen in der Diagnostik zu ermöglichen. „In Kombination mit funktionaler Bildgebung und Elektrophysiologie könnte es künftig beispielsweise möglich sein, Zusammenhänge innerhalb des Gehirns zu erforschen, die für nicht-invasive optische Methoden bisher absolut unerreichbar waren.“
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