Mit dem Smartphone und einer geschickten Beleuchtung lassen sich Bakterien oder Parasiten in verunreinigtem Trinkwasser nachweisen: ein verbesserter Phasenkontrast macht es möglich, den Wissenschaftler des Jenaer Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) mittels einer mitdenkenden Beleuchtung erreichen. Da die Mikroben fast vollständig transparent sind, sind sie für die üblichen Hellfeldmikroskope nahezu unsichtbar. Mikroskopische Verfahren, welche den Kontrast verstärken, sind außerhalb von Speziallaboren schlecht verfügbar. Das vorherige Anfärben der Proben ist teuer und aufwendig – daher ist das geeignete Licht der richtige Weg.
Ergebnis nach einer halben Sekunde
„Wir beleuchten die Proben mit einem Lichtmuster, das ganz spezifisch für das untersuchte Objekt ausgewählt ist und somit dessen Kontrast optimal verstärkt“, beschreibt der Erstautor der Veröffentlichung, Benedict Diederich vom Leibniz-IPHT, das Verfahren. „Das passende Lichtmuster finden wir, indem wir die Bilddaten der Proben mit maschinellen Lerntechniken analysieren“, so Diederich weiter. Das kann beispielsweise ein „convolutional neural network“, also ein künstliches neuronales Netzwerk, sein. Es reduziert den Rechenaufwand im Vergleich zu rein mathematischen Verfahren um ein Vielfaches, und liefert nach etwa einer halben Sekunde Rechenzeit auf dem Smartphone ein Ergebnis.
Die Forscher trainierten den Algorithmus zuvor mit einem Datensatz aus mehr als 1000 Proben. Das neuronale Netzwerk erlernt daraus die Beziehung zwischen den untersuchten Proben und deren optimaler Beleuchtungsform. So erhalten die Forscher Bilddaten mit hohem Kontrast, die zur Identifizierung der Mikroben dienen. Gleichzeitig erhöht das Verfahren visuell die optische Auflösung der Bilder.
Materialkosten unter 100 Euro
„Unser Ziel ist es, ein Hochleistungsmikroskop zu sehr niedrigen Kosten zu realisieren“, sagt Prof. Rainer Heintzmann, Leiter der Abteilung Mikroskopie am Leibniz-IPHT. „Deshalb nutzen wir als Bauteile ausschließlich preiswerte und überall verfügbare Massenprodukte. Als Mikroskopobjektiv dient die Handy-Kamera, und als Beleuchtungsquelle nutzen wir LED-basierte Videoprojektoren aus dem Konsumerbereich.“ Gesteuert und ausgewertet werde alles über das Handy mittels einer selbstentwickelten Smartphone-App. Die korrekte Ausrichtung der optischen Komponenten zueinander gewährleistet ein eigens entworfenes Gehäuse, gefertigt mit einem handelsüblichen 3D Drucker.
Die Materialkosten für das vollautomatische portable Gerät liegen bei weniger als 100 €. Momentan arbeiten die Jenaer Forscher daran, das Auflösungsvermögen weiter zu verbessern. In Zukunft könnten so höchstauflösende Mikroskopiebilder von biologischen Proben mit Hilfe eines Smartphones entstehen. Die Forschungsarbeiten wurden vom Freistaat Thüringen gefördert.
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0192937