Die erfolgreiche Ausweitung des Additive Manufacturing für die Serienproduktion steht und fällt mit der Skalierbarkeit der Bauraumgröße und Produktivität entsprechender Fertigungsanlagen. Das betrifft auch das am Fraunhofer ILT in Aachen entwickelte Selective Laser Melting (SLM), ebenfalls bekannt als Laserstrahlschmelzen oder Laser-Powder Bed Fusion (L-PBF).
Weiterentwicklung der SLM-Technik
In Aachen entstand eine neue SLM-Laboranlage mit einem sehr großen, effektiv nutzbaren Bauraum (1000 mm x 800 mm x 500 mm), der wesentlich größer als bei bisherigen kommerziellen SLM-Anlagen ausfällt. Mit dem aufgebauten System will das Fraunhofer ILT demonstrieren, dass auch große SLM-Anlagen realisierbar sind. Christian Tenbrock, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gruppe Rapid Manufacturing: „Im Fokus der Entwicklungen stehen neue Strategien zur Belichtung und zur Schutzgasströmung.“
Bisherige Strategien der Schutzgasabsaugung sind bei einem sehr großen Bauraum nicht mehr effektiv. Die Wissenschaftler des Fraunhofer ILT setzen stattdessen auf kleine, verfahrbare Bearbeitungsköpfe mit einem lokalen Schutzgasführungssystem, das einen gleichbleibenden Schutzgasstrom an jeder Bearbeitungsstelle für beliebig große Bauräume garantiert.
Forschen mit diversen Laser- und Optiksystemen
Am Fraunhofer ILT werden sowohl Systeme mit Faserlasern als auch Belichtungskonzepte mit kostengünstigen Diodenlasern erprobt. Neben den etablierten Scannersystemen mit Spiegeln untersuchen die Experten einen mit hochdynamischen Linearachsen bewegten Bearbeitungskopf mit mehreren individuell steuerbaren Diodenlasern. Der Vorteil dieser so genannten Multispot-Bearbeitung: Die Aufbaurate des Systems lässt sich durch Erhöhen der Anzahl an Strahlquellen signifikant und kosteneffizient steigern.
Mit dem neuen Anlagenkonzept lässt sich zudem eine Bauraumvergrößerung ausschließlich durch größere Verfahrwege des Achssystems erreichen – ohne Änderung des optischen Systems. Tenbrock: „Weil beide Optiksysteme ihre charakteristischen Vor- und Nachteile besitzen, werden wir weiterhin beide Ansätze verfolgen.“
Mit den bei der Forschungsarbeit gewonnenen Erkenntnissen sollen Anlagenbauer Grundlagen erhalten, um die nächste Generation von SLM-Anlagen zu entwickeln und zu bauen. Für das Konzept spricht die einfache Skalierbarkeit von SLM-Anlagen: Weil die Anpassung der Schutzgasabsaugung und Optik entfällt, lässt sich die Bauraumgröße leichter als bisher an die jeweilige Anwendung angleichen. Tenbrock: „Wir schaffen einfach zu kontrollierende und konstante Prozessbedingungen und verbessern so die Prozessrobustheit.“
Intelligente Bearbeitungsstrategien
Die Wissenschaftler entwickeln nicht nur die Anlagentechnik, sondern auch die Parameter für eine effiziente Prozessführung. Das langfristige Ziel dieser Entwicklung ist nicht nur das Erschließen neuer Anwendungen für das SLM, sondern auch die Beschäftigung mit Herausforderungen wie Bauteileigenspannungen und -verzug. Mit dem neuen Anlagenkonzept sollen sich vor allem funktional optimierte SLM-Strukturbauteile im XXL-Maßstab für anspruchsvolle Branchen wie die Luft- und Raumfahrt, die Automobilindustrie oder den Werkzeug- und Formenbau herstellen lassen – entsprechend der neuen Trends im Leichtbau und bei der Funktionsintegration.