Hochempfindliche und kostengünstige Sensoren für die medizinische Bildgebung, die hochpräzise Navigation oder Klimaforschung waren bisher Zukunftsmusik. Doch jetzt steht die zweite Generation der Quantentechnologien auf der Schwelle zur Anwendung. Insbesondere im Bereich Quantensensorik gelten Forscher der Universitäten Ulm und Stuttgart seit vielen Jahren als weltweit führend. Im Projekt Q-Sens, das jetzt vom BMBF als Zukunftscluster ausgewählt wurde, sollen Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Anwendung getragen werden.
Quantensensoren sollen besonders leistungsfähig sein
Auf dem Weg zu serienreifen Hightech-Sensoren werden die Forscher von Industriepartnern begleitet – darunter Bosch, Zeiss und Bruker. „Die Besonderheiten der Quantenwelt bieten einzigartige Möglichkeiten zur Verbesserung der Sensorperformance“, erklärt Prof. Joachim Ankerhold, Leiter des Instituts für Komplexe Quantensysteme und Forschungs-Vizepräsident der Universität Ulm. Revolutionäre Steigerungen der Empfindlichkeit würden neue Anwendungen ermöglichen– von der Erdbeobachtung aus dem Weltraum bis zur Abbildung der menschlichen Gehirnaktivität.
Das Zukunftscluster Q-Sens konzentriert sich auf die Bereiche Gesundheit, Mobilität, Informationstechnologie („Internet of things“) und Nachhaltigkeit. Für solche Anwendungen werden Quantensensoren gebraucht, deren präzise Messungen sich an der Grenze des Machbaren bewegen.
Defekte in Diamanten als Basis für Quantensensoren
Diese Leistungsfähigkeit wird durch die Gesetze der Quantenmechanik möglich: Die Sensoren nutzen die Verschränkung und Dekohärenz der kleinsten Teilchen auf verschiedenen Quantenplattformen. Als physikalische Basis setzen die Forscher in der ersten Förderphase auf Defekte in Festkörpern wie Diamanten. Später kommen weitere Quantenplattformen hinzu.
In den ersten drei Jahren des Projekts sollen bestehende Technologien zur Serienreife gebracht werden. In so genannten Blue-Sky-Projekten und folgenden Förderphasen werden neue „Durchbruchtechnologien“ entwickelt.
Nicht nur Sensoren erforschen, sondern die Lieferkette mit bedenken
Q-Sens umfasst ein Innovationsökosystem, das die gesamte Lieferkette für die beforschten Sensoren abdeckt. Über das gemeinsame, interdisziplinäre Zentrum für Integrierte Quantenwissenschaften und Technologie (IQST) arbeiten die Universitäten Ulm und Stuttgart seit vielen Jahren mit den industriellen Partnern Bosch, Zeiss, Trumpf und Bruker zusammen. Das Industrie-Konsortium wird durch Biotechnologie- und Pharmaunternehmen wie Boehringer Ingelheim und Rentschler ergänzt.
Weitere Kooperationen bestehen mit dem Landesforschungsinstitut IMS Chips und dem künftigen Quantentechnologie-Standort des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Ulm (DLR-QT). Mit Forschungsbauten wie dem Ulmer Zentrum für Quanten- und Biowissenschaften (ZQB), dem Zentrum für Angewandte Quantentechnologie in Stuttgart (ZA Quant) und der Infrastruktur der Unternehmen steht dem Zukunftscluster eine sehr gute Forschungs- und Entwicklungsumgebung zur Verfügung.
Quantensensoren: Zugangsmöglichkeiten für KMU
Zum Technologietransfer des Zukunftsclusters tragen künftig auch Angebote wie Quanten4KMU bei. Über diese Plattform geben die Q-Sens-Akteure ihr Wissen an kleinere Unternehmen weiter und öffnen sogar ihre Labore. So sollen die Einstiegshürden für die Nutzung der Quantentechnologie beseitigt werden. Dazu kommt ein so genannter Quanteninkubator: Im Gründerspace können Forschende und Studierende Ideen für Start-ups ausarbeiten und sich von den Q-Sens-Mitgliedern dazu beraten lassen.
Über das Projekt Q-Sens
Das Verbundprojekt Q-Sens hat sich im Wettbewerb „Clusters4Future“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) als eines von sieben Innovationsnetzwerken bundesweit durchgesetzt. Mit dem themenoffenen Wettbewerb „Clusters4Future“ will das BMBF – im Rahmen der Hightech-Strategie 2025 – eine Stärkung des Wissens- und Technologietransfers erreichen. Die sieben Zukunftscluster wurden in einem mehrstufigen Prozess von einer unabhängigen Expertenjury ausgewählt. Insgesamt waren 137 Wettbewerbsskizzen eingereicht worden. Im Herbst sollen die Cluster in die erste, dreijährige Förderphase eintreten. Jede Phase wird mit bis zu 15 Millionen Euro gefördert. Bei positiver Evaluation sind drei Förderphasen möglich. Weitere, in neuen Zukunftsclustern behandelte Themen umfassen Mobilitätskonzepte, die nachhaltige Nutzung der Meere, KI-Chips oder die Gentherapie.
Gemeinsam mit spezialisierten Unternehmen wollen Forscher aus Stuttgart und Ulm die Quantensensoren entwickeln und zur Marktreife führen.
In den kommenden zehn Jahren fördert das BMBF Zukunftscluster mit bis zu 450 Millionen Euro – aus der Wirtschaft kommen Zuwendungen in ähnlicher Höhe. Die erste Förderphase über drei Jahre bringt jedem Cluster bis zu 15 Mio. Euro.
Kontakt zu den Forschern
Prof. Dr. Joachim Ankerhold (Universität Ulm)
E-Mail: joachim.ankerhold@uni-ulm.de