Noch während ein Bearbeitungsschritt läuft, soll eine neue Künstliche Intelligenz (KI) mit großer Sicherheit vorhersagen, ob das Bauteil am Ende die Qualitätsvorgaben erfüllt. Das versprechen KI-Lösungen, die am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz entwickelt werden. Sie bedeuten nach Angaben der Ingenieure eine Verbesserung gegenüber bisherigen In-Line-Prüfsystemen. Wo KI eingesetzt ist, entfällt nämlich das zeitraubende Ausschleusen zu Prüfzwecken. Statt dessen geht es um Qualitätsprognosen – und diese seien in viele industrielle Fertigungsprozesse integrierbar, meist sogar in Verbindung mit bereits vorhandener, preisgünstiger Sensorik.
Doch auch für Optimierungszwecke lässt sich die KI einsetzen. So können Prozess-Eingangsparameter gesteuert werden, etwa um Ausschuss von vornherein zu vermeiden. Oder um den Energieverbrauch in der Produktion zu senken, ohne dass die Qualität leidet.
Wo die Qualitätsprognose mit KI nützlich ist
Typische künftige Anwendungsbereiche für die neu entwickelte KI-Lösung sind Bearbeitungsschritte wie
- Bohren,
- Drehen und
- Fräsen.
Beim Bohren beispielsweise geben Drehzahl, Vorschub und Messungen durch einen Vibrationssensor Aufschluss über das zu erwartende qualitative Ergebnis. Dies ermöglicht es, beispielsweise bei Tieflochbohrungen eine Qualitätsaussage zu erhalten, ohne das Werkstück für eine Messung zerstören zu müssen.
Gut oder defekt? KI-basierte Prüftechnologie für die Qualitätssicherung
KI für die Qualität beim Warmumformen
Im Bereich der Metallbearbeitung hat sich der Einsatz von KI nicht zuletzt beim Warmumformen bewährt. Bei diesem Verfahren wird das Werkstück vor dem Pressen über die Austenitisierungstemperatur – also etwa 880 °C – im Ofen erhitzt. Sobald die gewünschte Zieltemperatur für ein optimales Härteergebnis erreicht ist, wird das heiße Blech durch ein Handling-System in die Presse eingelegt und umgeformt. Es entsteht ein martensitisches Gefüge, das Material wird somit gehärtet.
Da bei diesem energieintensiven Verfahren die Produktqualität im Vordergrund steht, wird die Ofentemperatur häufig höher eingestellt, als sie sein müsste. Durch die Prognose der absehbaren Härte gibt die KI eine datenbasierte Hilfestellung, mit der sich die Härtetemperatur regulieren lässt.
Spritzguss: So reduziert die KI den Ausschuss
Bei Spritzgussverfahren wiederum überwacht die KI spezielle Parameter wie die Temperatur der Form, die Rotationsgeschwindigkeit der Förderschnecke für das Granulat, die Schmelztemperatur, die Zuhaltezeit der Form und die Abkühlzeit. Rechtzeitiges Gegensteuern bei ungünstiger Qualitätsprognose hilft somit, Ausschuss deutlich zu reduzieren.
100%-Prüfungen, geringe Zahl von Trainingsdatensätzen
In allen Anwendungsszenarien kann die KI direkt im Fertigungsprozess (Inline) eingesetzt werden, um die gesamte Charge zu überwachen. Sie ermöglicht also 100-%-Prüfungen. Alleinige stichprobenartige Prüfungen gehören damit der Vergangenheit an.
Für das Trainieren verschiedener KI-Modelle genügt bei vielen Anwendungen eine zweistellige Zahl von Datensätzen, ergänzt um das Expertenwissen zum Prozess. Im Betrieb ist oft die Rechenleistung von (lokalem) Edge Computing ausreichend.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Marco Schumann
Abteilungsleiter Data-Mining und Künstliche Intelligenz
Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU
Reichenhainer Str. 88
09126 Chemnitz
Tel. +49-(0)371-5397-1652
E-Mail: marco.schumann@iwu.fraunhofer.de
URL: www.iwu.fraunhofer.de