Forscher haben eine neue Methode entwickelt, die einen neuen, vergleichenden Blick auf biologische Oberflächen eröffnet. Damit kommen sie der Lösung näher, wie diese unterschiedlichen Oberflächen entstanden sind und funktionieren.
Die einen demonstrieren eine Reduktion der Lichtreflektion, die anderen sind besonders wasserabweisend oder halten vor allem der Reibung gut stand. Oberflächen im Tierreich sind an ihre Umgebung angepasst und bieten dem Tier, welches sie umhüllen, einen größtmöglichen evolutionären Vorteil. Aktuelle Arbeiten blicken mittels modernster Forschungstechniken bis in die Zellstrukturen hinein.
Normalerweise beschränkte man sich dabei bislang aber auf Vergleiche innerhalb einer Spezies, berichtet Prof. Stanislav Gorb vom Zoologischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU): „Wir haben uns gefragt, welche strukturellen Unterschiede den verschiedenen Arten im Vergleich zu Grunde liegen. Dafür haben wir den typischen Blickwinkel der Biologie verändert und uns größere Oberflächenabschnitte verschiedener Arten vorgenommen.“
Auf die Idee brachte sie die Dekoration auf dem eigenen Institutsflur. Dort sind rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von Mottenaugen und Schlangenhaut ausgestellt. Irgendwann fielen dem theoretischen Physiker und Co-Autor Dr. Alexander Filippov Ähnlichkeiten zwischen den Aufnahmen auf. „Die Struktur von Mottenaugen ist perfekt geordnet. Außer hoher Abstandsregelmäßigkeit zwischen den Erhebungen existieren bevorzugte Richtungen der Strukturanordnung in den meisten kleinen Bereichen“, erklärt der Biophysiker und Erstautor der im Fachjournal „Applied Physics A“ erschienen Studie Dr. Alexander Kovalev. „Im Vergleich mit der Struktur des Mottenauges ist die Struktur der Schlangenhaut ungeordnet“, erklärt er.
Für sich genommen sind die Erkenntnisse über die geordnete Augenstruktur zum einen und über die ungeordnete Hautstruktur zum anderen nicht sehr aussagekräftig. Durch den gemeinsamen Nenner, also beide Strukturen mit gleichem Auflösungsgrad zu untersuchen, werde allerdings erstmals ein Vergleich grundverschiedener Strukturen möglich, erläutert Gorb: „Allerdings ist der ‚zufällige‘ Ordnungsgrad nicht zufällig, sondern durch Evolution entstanden. Das würde bedeuten, die perfekte Ordnung verleiht der Motte ihre hervorragende Sehkraft im Dunkeln, während die imperfekte Ordnung der Schlangenhaut für beste Reibungseigenschaften sorgt.“ Das klingt logisch, wenn man gemäß physikalischer Gesetze bedenkt, dass für gutes Sehen eine symmetrische Struktur notwendig ist, für gute Reibungseigenschaften der Kontakt zum Untergrund aber so gering wie möglich sein sollte.
„Im Vergleich der Arten sehen wir nun, dass der Schlüssel zum Verständnis von Oberflächenfunktionen bereits auf der kleinsten Ebene liegen muss. Jede biologische Oberfläche ist an ihre Umwelt angepasst, und diese Anpassungen spiegeln in der Anordnung ihrer kleinsten Elemente in einem bestimmten perfekten oder eben imperfekten Grad wieder“, schließt Gorb.
Weitere Informationen: http://www.uni-kiel.de/zoologie/gorb/topics.html
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