Für Menschen, die eine Hand verloren haben, ist eine Handprothese eine Erleichterung im Alltag. Bisher nehmen meist Elektroden auf der Haut die elektrischen Signale von Muskelkontraktionen auf und leiten sie an ein Elektronikmodul weiter, das wiederum die Prothese ansteuert. Die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik IBMT, im saarländischen Sulzbach verfolgen nun auf einen neuen Ansatz. Ihr Projekt heißt „Soma“ (kurz für Ultrasound peripheral interface and in-vitro model of human somatosensory system and muscles for motor decoding and restoration of somatic sensations in amputees).
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Prothesensteuerung: Mit Ultraschall geplante Muskelkontraktion erkennen
Im Projekt nutzen die Forscher Ultraschallsensoren, die laufend Schallimpulse ins Muskelgewebe des Unterarms schicken. Anders als elektrische Impulse werden Schallwellen vom Gewebe reflektiert. Die Laufzeiten der reflektierten Signale liefern Informationen über die räumliche Tiefe des Muskelstrangs, der die jeweilige Schallwelle zurückspielt.
Auf diese Weise lassen sich die durch Nervenstimuli des Gehirns ausgelösten Kontraktionen im Muskelgewebe sehr detailliert beobachten. Dies wiederum ermöglicht den Forschenden die typischen Aktivierungsmuster im Muskel zu erkennen, die für eine bestimmte Bewegung der Hand oder eines Fingers stehen. Das Projektziel ist, dass eine KI-gesteuerte Software diese Erkennung übernimmt.
KI erkennt Signale und schickt sie an Prothese
Um die hohe Präzision und Zuverlässigkeit zu erreichen, schicken die piezoelektrischen Schallwandler Dutzende Male pro Sekunde ihre Impulse mit einer Frequenz zwischen 1 und 4 MHz in das Muskelgewebe. Zudem sind mindestens 20 Sensoren zusammengeschaltet.
Jeder Sensor liefert neben den Tiefeninformationen auch Daten über die Position des Muskelstrangs, der gerade eine Welle zurückgespielt hat. Die Sensoren sind in ein Armband integriert, das später unsichtbar im Schaft der Handprothese sitzen könnte.
Die KI analysiert die Signale, identifiziert die Aktivierungsmuster und wandelt sie in Echtzeit in die entsprechenden Steuerbefehle für die einzelnen Finger der Prothese um. Die KI und die Steuersoftware sitzen noch in einer Elektronikbox, die der Patient am Körper trägt. Sie könnten zukünftig in ein Smartphone integriert werden und Signale via Bluetooth mit der Handprothese austauschen.
Das EU-Projekt ist derzeit noch in der Laborphase. Die Vorteile der Technologie sind aber schon deutlich sichtbar. Andreas Schneider-Ickert, Projektleiter Aktive Implantate und Innovationsmanager am Fraunhofer IBMT, sagt: „Versuche mit Probanden haben gezeigt, dass die Technologie funktioniert. Sie ist sehr bedienfreundlich und nicht invasiv. Wir arbeiten jetzt daran, das System noch unauffälliger zu machen.“
Prothese soll auch Signale an das Gehirn senden
Außerdem arbeitet das Konsortium daran, das System bidirektional zu machen. Die Handprothese soll nicht nur Befehle ausführen, sondern auch Rückmeldungen geben, die der Träger der Prothese als sensorischen Reiz spürt und darauf reagieren kann. Diese Rückmeldung könnte aber statt über Ultraschallsensoren über Elektroden erfolgen, die an Nerven implantiert werden. Dort leiten sie die Signale, die von der Prothese geschickt wurden, mittels gezielter Nervenstimulation als sensorischen Reiz an das Gehirn weiter.
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Das Gehirn kann dann wiederum Befehle zurücksenden, die beispielsweise den Druck der Finger verstärken oder senken. Die in das Nervengewebe implantierte Elektrode aus biologisch verträglichem Material spürt der Mensch nicht. Auf diese Weise entsteht ein geschlossener Regelkreis, in dem die Handprothese und das Gehirn laufend und in Echtzeit miteinander kommunizieren. Das Fraunhofer IBMT hat die entsprechende Technologie und die Elektroden bereits entwickelt und erprobt.