Die Prothesentechnik macht viele Fortschritte. Dennoch empfinden beinamputierte Personen ihre Prothese oft als zu schwer – obwohl sie in der Regel nur die Hälfte des natürlichen Beins wiegen. Forscher unter der Leitung von Stanisa Raspopovic, Professor am Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie der ETHZ, konnten nun zeigen, dass eine Verbindung der Prothesen mit dem Nervensystem hilft, das Prothesengewicht als geringer wahrzunehmen. Der Akzeptanz der Prothesen ist das zuträglich.
Gemeinsam mit einem internationalen Konsortium hat Raspopovic in den vergangenen Jahren Prothesen entwickelt, die dem Nervensystem des Trägers Feedback geben. Dafür werden in den Oberschenkel Elektroden implantiert und mit den Beinnerven verbunden. Informationen von Tastsensoren unter der Fußsohle sowie von Winkelsensoren im elektronischen Prothesen-Kniegelenk werden dazu in Stromimpulse umgewandelt und den Nerven übermittelt.
Mit Neurofeedback lässt sich die Prothese mit weniger Kraft bewegen
„Wir stellten das verlorene sensorische Feedback künstlich wieder her“, erzählt Raspopovic. „Dem Gehirn wird so vorgegaukelt, dass die Beinprothese dem eigenen Bein ähnlich ist.“ Daten einer Studie dazu zeigen, dass sich Träger solcher Neurofeedback-Prothesen sicherer und mit weniger Kraftanstrengung fortbewegen können.
Nun wurde gezeigt, dass das Neurofeedback auch das empfundene Gewicht der Prothese reduziert. Freiwillige Studienteilnehmer absolvierten Gangübungen mit eingeschaltetem oder ausgeschaltetem Neurofeedback. Dabei zeigte sich, dass das Neurofeedback das empfundene Prothesengewicht um 23 % oder knapp 500 g reduziert. Dass sich das Neurofeedback positiv auf das Gehirn auswirkt, bestätigten die Wissenschaftler auch mit einer motorisch-kognitiven Aufgabe, bei der der Proband beim Gehen Wörter mit fünf Buchstaben rückwärts buchstabieren sollte. Das sensorische Feedback ermöglichte ihm nicht nur einen schnelleren Gang, sondern er schnitt auch bei der Buchstabierübung besser ab.
„Neurofeedback ermöglicht nicht nur sicheres Gehen und beeinflusst das Gewichtsempfinden positiv“, sagt Raspopovic. „Unsere Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass sich damit ganz grundsätzlich die Erfahrung von Patienten mit künstlichen Gliedmaßen näher an jene mit einer natürlichen Gliedmaße heranführen lässt.“
Kontakt zur Forscherin:
Stanisa Raspopovic an der ETHZ
E-Mail: stanisa.raspopovic@hest.ethz.ch