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Mit Dampf schneller sortiert als mit mechanischen Elementen

Cell-Sorter-Chip: Blutanalyse auf kleinstem Raum
Mit Dampf schneller sortiert als mit mechanischen Elementen

Chip-Technologie bietet Vorteile beim Entwickeln miniaturisierter Diagnosegeräte. Statt ein Mikroskop mit Linse zu verwenden, lässt sich das Bild einer Zelle in so einem System errechnen. Bewegt wird sie dann mit Hilfe kleiner Dampfbläschen.

Eine einzelne Tumorzelle in einem Milliliter Blut aufzuspüren, ist eine spannende Aufgabe – denn sie ist nur eine kranke Zelle inmitten Millionen gesunder Zellen. Aber eine Zelle, die es zu erkennen und zu isolieren gilt, um sie weiter zu untersuchen. Dazu gibt es schon eine Reihe von Möglichkeiten. Schneller und preisgünstiger als bisherige Lösungen arbeitet jedoch ein Tool, das Wissenschaftler am Imec-Forschungszentrum im belgischen Leuven entwickelt haben: Ihr „Cell Sorter“ hat die Größe eines Chips. Er findet nicht nur pathogene Zellen, sondern ist auch viel kompakter gebaut als existierende Anlagen – und überdies einfacher im Gebrauch. Der Grund dafür ist die Kombination von Siliziumtechnologie, linsenloser Mikroskopie und winzigen Dampfblasen, mit deren Hilfe die Zellen sortiert werden.

Was die Chiptechnologie zu leisten im Stande ist, zeigt sich eindrucksvoll an Smartphones. Im medizinischen Bereich stehen am Ende dieser Entwicklung miniaturisierte Geräte, die Tumorzellen im Blutstrom erkennen und damit Metastasen nachweisen. Sie können die Anzahl von Tumorzellen während einer Chemotherapie bestimmen oder spezifische Bakterienarten nachweisen, um sofort eine gezielte Therapie zu beginnen.
Das Konzept des Cell-Sorter-Chips mit hohem Durchsatz wurde vor etwa zwei Jahren vom Imec erstmals vorgestellt. Inzwischen wurden die ersten Bausteine erstellt und auf Silizium-Chips der Größe 40 x 20 mm² integriert.
Sobald ein Tropfen Blut im Eingangskanal des Cell Sorters platziert ist, wandern die Zellen mit mehreren Metern pro Sekunde durch einen mikrofluidischen Kanal. Jede passiert einen Bildsensor, wobei sie von einem Laser beleuchtet wird, der ein holografisches Bild im Sensor erzeugt. Daraus rekonstruiert ein Rechnerchip ein Bild jeder Zelle. Anhand dieses Bildes unterscheidet das System gesunde von Tumor-Zellen und erkennt auch Bakterienzellen als solche.
Je nach Ergebnis wird die jeweilige Zelle in einen von mehreren mikrofluidischen Kanälen umgelenkt, in denen lebende Zellen für weitere Untersuchungen gesammelt werden. Die Richtungsänderung in der Strömung bewirken Dampfbläschen, die von winzigen sternförmigen Heizelementen erzeugt werden.
Der Verzicht auf mechanisch bewegte Elemente beschleunigt das Sortieren: Mit Hilfe der kleinen Jet-Flow-Generatoren benötigt das System nur etwa 100 ms pro Zelle. Der Imec-Prototyp enthält 288 solcher Heizelemente, die hinter dem Mikroskop auf beiden Seiten des Kanals platziert sind.
Der Cell-Sorter-Chip wird in einer Siliziumtechnologie gefertigt, wie sie auch bei Prozessoren und Speichern verwendet wird. So können alle Bausteine in hohen Stückzahlen kompakt hergestellt und kosteneffizient integriert werden. Dieser Kostenvorteil ist umso wichtiger, wenn parallele Strukturen integriert werden sollen.
Um die Zellen abzubilden und zu erkennen, setzt der Cell Sorter die linsenlose digitale holografische Mikroskopie ein. Ein über dem mikrofluidischen Kanal angeordneter Laser beleuchtet dabei die vorbeiströmenden Zellen. Ein Bildsensor unterhalb des Kanals erfasst die Interferenzmuster, die das unbeeinflusste Laserlicht und das durch die Zellen hindurch gegangene Licht ergeben. Das daraus rekonstruierte Abbild der Zelle entspricht in seiner Bildqualität in etwa dem eines Phasenkontrast-Mikroskops.
Diese Technologie wurde beim Imec weiter optimiert: Ein kleiner Punktlichtstrahler, der einen „Zoomeffekt“ erzeugt, optimiert die Auflösung. Experimente im Verlauf der Entwicklung belegen, dass sich die drei Arten von Blutzellen – Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten – mit dieser Technik eindeutig erkennen lassen. Sie unterscheiden sich in ihrer Größe und der Granularität des Zelleninhalts.
Es zeigte sich, dass der Cell Sorter mit Hilfe der Jet-Flow-Generatoren 88 % der gewünschten Zellen in einem Experiment in den korrekten Ausgangskanal leitet. Der Reinheitsgrad der Zellen am Ausgang des Chips betrug 99 %. Ein Weg, um die Genauigkeit der Jet-Flow-Generatoren noch weiter zu erhöhen, ist ein zusätzlicher Sensor, der die exakte Position und die Geschwindigkeit der vorbeiströmenden Zellen an die Jet-Flow-Generatoren zurückmeldet.
Das Konzept des Cell Sorters erscheint besonders leistungsfähig und viel versprechend, wenn man die mögliche Parallelisierung der Sensoren auf dem Siliziumchip bedenkt. Der erste Prototyp besteht aus nur einem mikrofluidischen Kanal mit einem linsenlosen Mikroskop und den Jet-Flow-Generatoren auf beiden Seiten des Kanals. Dieses Design lässt sich auf Hunderte von Kanälen erweitern, die parallel arbeiten. Damit lassen sich einige Hunderttausend oder sogar Millionen von Zellen isolieren und sortieren.
Das ist ein bisher nicht dagewesener Durchsatz in der Zellenanalyse und -isolierung. Die Anzahl der Kanäle ist lediglich begrenzt durch die Chipfläche und die entsprechenden Kosten, die Leistungsaufnahme des Lasers im linsenlosen Mikroskop und die Zeit der Berechnungen zur Bilderkennung. Schätzungen legen nahe, dass hundert Kanäle etwa 1 cm² Chipfläche in Anspruch nehmen. Gegenwärtig laufen am Imec Arbeiten, um einen fünfkanaligen Cell Sorter als Proof-of-Concept für einen weiter erhöhten Durchsatz beim parallelen Sortieren herzustellen.
Der in Leuven skizzierte Cell Sorter mit hohem Durchsatz könnte als ausgereiftes Produkt in der medizinischen Praxis nicht nur schnellere Diagnosen ermöglichen. Mit ihm lassen sich auch Tumorzellen isolieren: Ist ihr Erbgut dann sequenziert, kann der Arzt über die angepasste Behandlung dieses speziellen Tumors entscheiden. In der Stammzellentherapie ließe sich mit Hilfe des Cell Sorters feststellen, ob geschädigte Zellen vorliegen – was ein Hinweis darauf wäre, dass die Zellkultur beschädigt oder unsachgemäß angelegt wurde, was den Patienten gefährden würde.
Prof. Dr. Liesbet Lagae R&D-Manager Lifescience-Technologien, Imec, Leuven/Belgien
Weitere Informationen Über das Forschungszentrum: www2.imec.be

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