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Infrarotspektroskopie: Ein Tropfen Blut, viele Diagnosen

Gesundheitsscreening
Infrarotspektroskopie: Ein Tropfen Blut, viele Diagnosen

Infrarotspektroskopie: Ein Tropfen Blut, viele Diagnosen
Ein Tropfen Blut genügt, um ein Gesundheitsscreening zu machen (Bild: Klaus Eppele/stock.adobe.com)
Mithilfe von Infrarotlicht und maschinellem Lernen entwickeln Forschende eine Methode, den Gesundheitszustand einer ganzen Population zu untersuchen. Jeweils ein Tropfen Blut genügt, um mit einer Messung beispielsweise anormale Blutfettwerte, Blutdruckveränderungen, Typ-2-Diabetes und sogar Prädiabetes zu entdecken.

Die Infrarotspektroskopie ist eine Technik, bei der Infrarotlicht zur Analyse der molekularen Zusammensetzung von Substanzen eingesetzt wird. Es ist, als würde man Molekülen einen Fingerabdruck abnehmen. Bei der Anwendung auf komplexe Bioflüssigkeiten wie Blutplasma kann die Technologie detaillierte Informationen über molekulare Signale liefern. Obwohl die Infrarotspektroskopie seit Langem in der Chemie und der Industrie eingesetzt wird, hat sie sich in der medizinischen Diagnostik noch nicht durchgesetzt.

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Infrarotspektroskopie: Molekularer Fingerabdruck vom Blut

Dieser Aufgabe hat sich nun ein Team von Forschenden der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) angenommen. Die Broadband-Infrared-Diagnostics-Forschungsgruppe (Bird) der LMU entwickelte bereits die Methode zum molekularen Fingerabdruck von menschlichem Plasma. Nun arbeiten die Forschenden mit dem Team von Prof. Annette Peters vom Helmholtz Zentrum München zusammen, das eine groß angelegte Bevölkerungsstudie durchgeführt hat. Gemeinsam wendeten sie zum ersten Mal das so genannte Infrarot-molekulare Fingerprinting auf eine diverse Bevölkerung an. Dazu maßen sie das Blutplasma von Tausenden von Teilnehmern im Rahmen der Kora-Studie, einem umfassenden repräsentativen Gesundheitsforschungsprojekt im Raum Augsburg.

Molekularer Fingerabdruck liefert Informationen zur Gesundheit

Mehr als 5000 Blutplasmaproben untersuchten sie so mittels Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie (FTIR). Tarek Eissa und Cristina Leonardo vom Bird-Team analysierten die Blutproben mit Infrarotlicht, um molekulare Fingerabdrücke zu vermessen.

Das Team wandte maschinelles Lernen an, um die Korrelation zwischen den gemessenen molekularen Fingerabdrücken und den medizinischen Daten zu analysieren. Sie entdeckten, dass die Fingerabdrücke ein schnelles Gesundheitsscreening ermöglichen. Ein mehrstufiger Computeralgorithmus ist nun in der Lage, zwischen verschiedenen Gesundheitszuständen zu unterscheiden. Dazu gehören anormale Blutfettwerte, verschiedene Blutdruckveränderungen und Typ-2-Diabetes, aber überraschenderweise auch Prädiabetes, einer Vorstufe des Diabetes, die oft übersehen wird.

Der Algorithmus konnte den Forschenden zufolge sogar Personen herausfiltern, die gesund waren und über den Untersuchungszeitraum von mehreren Jahren gesund blieben. Das ist aus zwei Gründen von Bedeutung: Erstens erleben die meisten Menschen in jeder beliebigen Population anormale gesundheitliche Veränderungen. Da wir alle unterschiedlich sind und uns im Laufe der Zeit verändern, ist es daher alles andere als trivial, völlig gesunde Personen zu identifizieren. Zweitens leiden sehr viele Menschen an mehreren Krankheiten in verschiedenen Kombinationen. Traditionell würden Ärzte für jede Krankheit einen neuen Test benötigen.

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Routinebestandteil von Gesundheitsuntersuchungen

Mit dem neuen Ansatz lässt sich jetzt nicht nur eine Krankheit feststellen, sondern eine ganze Reihe von Gesundheitsproblemen und komplexen -zuständen mit mehreren Krankheiten gleichzeitig. Darüber hinaus kann der Test die Entwicklung des metabolischen Syndroms Jahre vor dem Auftreten von Symptomen vorhersagen und so ein Zeitfenster für Interventionen schaffen.

Diagnoserepertoire um Infrarotspektroskopie erweitern

Die neue Studie legt den Grundstein dafür, dass der molekulare Infrarot-Fingerabdruck in Zukunft zu einem Routinebestandteil von Gesundheitsuntersuchungen werden könnte. Die Anwendungsmöglichkeiten könnten weit reichen. In dem Maße, wie die Forscher die Methodik verfeinern und ihre Fähigkeiten durch Technologieentwicklung ausbauen, könnten weitere Gesundheitszustände nach klinischer Erprobung in das Diagnoserepertoire aufgenommen werden. Das könnte zu einem personalisierten Gesundheitsscreening führen, bei der der Einzelne regelmäßig seinen Gesundheitszustand überprüfen lässt und potenzielle Probleme erkennt, lange bevor sie ernst werden..

Kontakt:
Ludwig-Maximilians-Universität
Dr. Mihaela Žigman
Max-Planck-Institut für Quantenoptik
E-Mail: mihaela.zigman@mpq.mpg.de
https://doi.org/10.1016/j.xcrm.2024.101625
www.attoworld.de
https://attoworld.de/bird.html

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