Statt vollständig neuer Gelenkprothese für Patienten mit fortgeschrittener Arthrose: Ein naturnaher, elastischer Hüftkopfüberzug soll den Gelenkapparat und seine Funktion erhalten und seine natürliche Beweglichkeit bis ins hohe Alter gewährleisten.
Arthrose gehört zu den am weitesten verbreiteten chronischen Erkrankungen der älteren Bevölkerung. Allein in Deutschland sind rund 5 Mio. Menschen betroffen – der größte Teil davon an Hüfte und Knie. Im letzten Krankheitsstadium, wenn im Gelenk Knochen auf Knochen reibt, verbleibt Betroffenen meist nur die Implantation künstlicher Gelenke, so genannter Endoprothesen. Diese haben jedoch keine dämpfende Wirkung, erfordern eine intensive Verankerung im Gelenk und sind zum Teil mit erheblichem Knochenverlust verbunden. Die Operationsrisiken sind heutzutage zwar relativ gering, im Nachhinein kann es jedoch zu Wundheilungsstörungen kommen.
Dabei müssten Arthrosepatienten häufig noch keine Prothese erhalten. Meist ist das Gelenk in seiner Funktion nicht so beeinträchtigt, dass es ausgetauscht werden müsste. Bislang können die chronischen Schmerzen jedoch dauerhaft nur durch künstliche Gelenke gelindert werden. Biomechanische Lösungen zur Behandlung von Arthrosepatienten, die die natürliche Funktion des Gelenks erhalten, gibt es nicht.
Prototyp mimt menschliches Knorpelgewebe
Eine Alternative zu Endoprothesen könnten naturnahe, elastische Überzüge für den Hüftkopf sein: Diese werden wie eine Manschette um den Hüftkopf gelegt und ersetzen im Gelenk den abgeriebenen Knorpel, fungieren als „Stoßdämpfer“ und haben das Potenzial, eine Implantation künstlicher Gelenke langfristig zu ersetzen. In dem auf drei Jahre angelegten Projekt „Mio Hip“ strebt die Revomotion GmbH Köln seit Juni 2016 gemeinsam mit Fraunhofer Umsicht und der Orthopädischen Klinik der RWTH Aachen die Entwicklung eines solchen Produkts an. „Wir stellen erstmals ein System vor, das den Gelenkapparat und seine Funktion vollständig erhält und Arthrosepatienten auch im hohen Alter die schmerzfreie Beweglichkeit ihres Gelenks zurückgeben soll“, sagt Dr. Josef Jansen, Initiator und Konsortialführer des Projekts und Geschäftsführer von Revomotion. „Der Einsatz des Hüftkopfüberzugs soll durch minimal-invasive Verfahren erfolgen, die Knochen- und Bandresektionen umgehen“, erklärt Dr. Holger Jahr, Leiter des Forschungslabors der Klinik für Orthopädie der Uniklinik RWTH Aachen. „Damit ersparen wir Patienten größere Operationsrisiken bei gleichzeitig kurzer Rehabilitationszeit“.
Klinische Pilotstudie geplant
Basierend auf einem biomedizintechnischen Gesamtkonzept und einer zum Patent angemeldeten Technologie der Revomotion wird der Hüftkopfüberzug unter Berücksichtigung verschiedener Lastszenarien konstruiert. Auch die anatomischen Unterschiede von Männern und Frauen sollen beim Design des Prototyps eine Rolle spielen. Das Material des Überzugs, ein speziell entwickeltes Polyurethan, soll ähnliche elastische Eigenschaften wie menschliches Knorpelgewebe aufweisen. Zur Evaluation einer geeigneten Implantationstechnik und der Bioverträglichkeit des Prototyps ist eine anschließende klinische Pilotstudie geplant.
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