Gewebeschnitte sind in Kliniken eine Standardprozedur, um beispielsweise Tumorgewebe zu untersuchen. Wie der Name sagt, wird Körpergewebe dabei in dünne Scheiben geschnitten, eingefärbt und unter dem Mikroskop untersucht. Ein langgehegter Traum der Medizin ist es, nicht nur Schnitte zu untersuchen, sondern die gesamte, dreidimensionale Probe. Das naheliegende Verfahren dafür wäre Computertomographie (CT), ebenfalls ein Standardverfahren im Krankenhausalltag.
Bisher Einschränkungen bei Auflösung
Dass der Traum bislang unverwirklicht blieb, hat zwei Gründe: Erstens ist die Auflösung herkömmlicher CT-Geräte zu gering. Existierende Mikro- und Nano-CTs sind für den Einsatz in der Praxis selten geeignet. Bei manchen ist die Auflösung nicht variabel genug, andere sind auf Strahlung aus großen Teilchenbeschleunigern angewiesen. Zweitens lässt sich Weichgewebe notorisch schlecht in CT-Geräten untersuchen. Proben müssen eingefärbt werden, damit überhaupt etwas sichtbar wird. Färbemittel für CT-Aufnahmen sind teilweise sehr giftig und extrem zeitaufwendig in der Anwendung. Mitunter verändern sie das Gewebe so, dass es im Anschluss nicht weiter untersucht werden kann.
Wissenschaftler der Munich School of Bioengineering (MSB) an der Technischen Universität München (TUM) haben beide Probleme gelöst: Im November 2017 stellte das Team um Prof. Franz Pfeiffer ein Nano-CT-Gerät vor, das eine Auflösung von bis zu 100 nm liefert und für den Betrieb in herkömmlichen Labors geeignet ist.
Ergänzung statt Ersatz
An einer Mausniere demonstrierten die Forscher, dass im Nano-CT dreidimensionale Bilder erzeugt werden können, die dem Informationsgehalt von Gewebeschnitten entsprechen. Den Kern der Färbemethode bildet Eosin, ein Standard-Farbstoff für Gewebeschnitte, der bislang als nicht CT-geeignet galt. „Um Eosin trotzdem nutzen zu können, haben wir unter anderem eine spezielle Vorbehandlung entwickelt“, erläutert die Chemikerin Dr. Madleen Busse. Das Färbeverfahren ist so zeitsparend, dass es auch im Klinikalltag anwendbar wäre. „Eine weitere Besonderheit ist, dass die Gewebeprobe im Anschluss an den Scan problemlos mit klassischen Methoden untersucht werden kann“, sagt Madleen Busse.
In absehbarer Zeit wird CT-Histologie klassische Methoden jedoch nicht ersetzen. Das Team versteht das Verfahren zunächst als Ergänzung. Ärztinnen und Ärzte könnten so beispielsweise zusätzliche Informationen über die dreidimensionale Verteilung von Zellen und Zellkernen gewinnen. Prof. Franz Pfeiffer sieht zudem neue Möglichkeiten für die medizinische Grundlagenforschung. Färbemethode und Nano-CT-Gerät stellten die Forscher erstmals in der Fachzeitschrift PNAS vor.