Rund 40 Mio. Menschen sind weltweit von Blindheit betroffen. Lösungen, um ihnen Bewegungsfreiheit zu ermöglichen, gibt es wenige. Wollen sie einkaufen oder Freunde besuchen, sind sie auf einen Blindenstock oder die Fähigkeiten eines Blindenhundes angewiesen. Die aber sind rar, teuer und kommen nur für die Wenigsten zur Unterstützung infrage. „Hier kommen wir ins Spiel“, sagt Cornel Amariei, Absolvent der Bremer Constructor University und Gründer des Start-ups .Lumen. „Unsere Technologie kopiert die Fähigkeiten eines Blindenhundes.“
Brille gibt Impulse übers Headset
Die Technik der .Lumen-Brille ähnelt der des autonomen Autofahrens. Kameras erfassen die Umgebung, Computerchips berechnen den gewünschten Weg, die Informationen werden über haptische Signale und Töne an die Träger weitergegeben. Während ein Hund über die Hand die Bewegung des Menschen steuert, erfolgt dies bei der Brille über Impulse des Headsets. „Was diese Technik in Kombination mit Neurowissenschaft ermöglicht, ist einfach unglaublich“, schwärmt Amariei, der Beeinträchtigungen aus der eigenen Familie kennt.
Die Brille ist bereits in den USA patentiert. Das Patent der Europäischen Union wird folgen. Rund 5000 Euro wird die wenige hundert Gramm leichte Brille kosten, die zunächst in ausgewählten Ländern Europas und in den USA erhältlich sein soll. „Wir möchten erreichen, dass die Betroffenen sie möglichst kostenfrei oder zu geringen Kosten bekommen. Das hängt von den Unterstützungssystemen der einzelnen Länder ab“, sagt Cornel.
Technik der Brille ist skalierbar
In einem späteren Schritt soll .Lumen auch global angeboten werden. Anders als Blindenhunde ist die Technik skalierbar. Je schneller sich die Technologie weiterentwickelt und je mehr Exemplare der Brille produziert werden, desto günstiger wird sie werden, so Cornel. „Wir wollen möglichst vielen helfen“, beschreibt er das Ziel. Den Europäischen Innovation Council der Europäischen Union hat die Brille überzeugt. Er förderte .Lumen mit 9,3 Mio. Euro – das Start-up erhielt als erstes rumänisches Unternehmen überhaupt eine derartige Förderung.
Jungunternehmer mit Visionen
Cornel wuchs in Bukarest, Rumänien auf, mit drei Jahren konnte er lesen und mit sieben Jahren programmieren. Noch zu Schulzeiten gründete er den ersten Robotik-Club des Landes sowie zwei Unternehmen. Nicht zuletzt aufgrund von .Lumen setzte ihn das US-Wirtschaftsmagazin Forbes 2016 auf die Liste der 30 einflussreichsten jungen Menschen unter 30 in Europa. 2020 gründete der 29-Jährige das Start-up .Lumen, das inzwischen mehr als 40 Mitarbeitende beschäftigt.