Organe künstlich zu erzeugen, ist ein hochaktuelles Forschungsthema. Künstliche Organe sollen in naher Zukunft den Mangel an Organspenden ausgleichen und Tierversuche ersetzen. Zwar gibt es bereits vielversprechende Versuche mit 3D-Druckern, die eine „Bio-Tinte“ lebender Zellen verwendet, aber ein funktionsfähiges Organ ist so noch nie entstanden. Eine von Elena Martinez (IBEC, Barcelona) initiierte europäische Forschergruppe unter Beteiligung der Goethe-Universität in Frankfurt geht im Projekt Brighter jetzt neue Wege. Brighter steht für „Bioprinting by light sheet lithography: engineering complex tissues with high resolution at high speed“: Ein neues Lithographie-Verfahren setzt auf spezielle Hydrogele, die mit lebenden Zellen versetzt sind.
Bisherige Verfahren haben Nachteile
Biodrucksysteme, die Strukturen schichtweise von unten nach oben aufbauen (engl. „bottom-up“), haben erhebliche Nachteile. Zum einen dauert der Druckvorgang viel zu lang, so dass die Überlebenschancen der Zellen in der Bio-Tinte und in den polymerisierten Schichten sehr gering sind. Des Weiteren erzeugt der Sprühvorgang für die Zellen, besonders für Stammzellen, eine erhebliche Ausfallrate. Dazu kommt, dass die Auflösung des Verfahrens mit etwa 300 µm viel zu gering ist, um die filigranen Strukturen natürlicher Gewebe nachzubilden. Schließlich ist es besonders schwierig, komplexe Hohlraumstrukturen, wie blutführende Gefäße, in das Zellgewebe einzubauen.
Top-down statt bottom-up
„Mit unserem Projekt wollen wir den umgekehrten Weg gehen, indem wir ein abwärts strukturiertes Lithographie-Verfahren entwickeln“, erklärt Dr. Francesco Pampaloni vom Buchmann Institut für Molekulare Lebenswissenschaften (BMLS) an der Goethe-Universität. Das „top-down“-Verfahren funktioniert ähnlich wie die Lithographie in der Halbleitertechnik. Anstelle des Halbleiters und der photoempfindlichen Schicht, die durch eine Maske beleuchtet wird, tritt ein Hydrogel mit lichtempfindlichen Molekülen. Dieses wird mithilfe der Lichtscheibentechnik in dünnen Scheiben belichtet. So bilden sich verzweigte Kettenstrukturen (Polymere), die als Matrix für die Besiedlung durch lebende Zellen dienen. Das restliche, noch flüssige Hydrogel, wird ausgewaschen.
Biofabrikation komplexer Gewebe
„Mit diesem Verfahren werden wir in die Lage kommen, die räumliche Struktur und ihre Steifigkeit mit einer bisher unerreichten Auflösung einzustellen, so dass wir die gleichen heterogenen Mikrostrukturen schaffen können, die Zellen in natürlichen Geweben vorfinden“, erklärt Pampaloni. Er erwartet, dass sich vollkommen neue Möglichkeiten für die Biofabrikation komplexer Gewebe und ihrer anatomischen Mikrostrukturen ergeben werden. Zudem kann man die spezifischen Eigenschaften der Matrix nutzen, um Stammzellen in wohldefinierte Kompartimente einzubringen oder die Ausbildung von Gefäßen zu ermöglichen. Weitere Vorteile gegenüber bislang üblichen 3D-Drucksystemen sind die hohe Geschwindigkeit und eine kostengünstige Produktion.