Manche sind klein, manche groß, manche eher hängend, andere wiederum spitz nach oben ragend: Ohren. So unterschiedlich sie auch aussehen mögen, so sehr scheint ihre Form darüber zu entscheiden, was wir hören. Ein deutsch-kanadisches Forscherteam der Universitäten Leipzig und Montreal hat in einer aktuellen Studie erkannt, dass die Form unserer Hörorgane und ihrer Wulste beeinflusst, wie die aus allen Richtungen eintreffenden Schallwellen in unser Innenohr reflektiert werden. Aus diesen individuellen Reflektionsmustern ermittelt unser Gehirn dann, ob ein Ton von oben oder unten auf uns eintrifft.
Unregelmäßige Form der Ohrmuschel
Bislang war bereits bekannt, wodurch wir erkennen, ob ein Ton von rechts oder links kommt. Klingelt rechts von uns ein Telefon, so erreichen die Schallwellen zuerst das rechte Ohr, anschließend mit etwas Verzögerung das linke. Unser Gehirn kann daraus zuordnen, woher das entsprechende Geräusch kommt. Unklar war bisher jedoch, wie es uns gelingt, einen Ton vertikal im Raum zu verorten.
„Töne aus verschiedenen Richtungen treffen unterschiedlich auf die äußeren Bereiche unserer Ohren. Die Ohrmuschel reflektiert durch ihre unregelmäßige Form den Schall in den Gehörgang. Dadurch entsteht ein kurzes Echo, das die Klangfarbe ändert“, erklärt Marc Schönwiesner, Professor am Institut für Biologie der Universität Leipzig. „Unser Gehirn kann diese kleinen Unterscheide lernen und mit verschiedenen Richtungen assoziieren.“
Die Klangfarbe ist dabei die Eigenschaft eines Tons, die sich aus der Lautstärke der einzelnen im Ton enthaltenen Frequenzen bestimmt. Sie ist der Grund, warum ein und dieselbe Note, etwa ein hohes C, von einer Geige anders klingt als von einer Blockflöte.
„Wir können mit unseren eigenen individuell gestalteten Ohren hören, weil unser Gehirn ihre Form kennt. Wenn sich diese jedoch ändert, braucht es einige Zeit, um sich anzupassen. Das ist beispielsweise auch der Fall, wenn wir wachsen“, erklärt Schönwiesner.
Hörgeräte verbessern
Die Erkenntnisse der Neurowissenschaftler geben nicht nur Aufschluss darüber, wie unser Gehirn lernt, sich an neue Bedingungen flexibel anzupassen. Sie können auch helfen, Hörgeräte zu verbessern. „In Deutschland sind aktuell etwa 17 Prozent der Bevölkerung von Hörverlust betroffen. Mit steigender Tendenz, denn unsere Umwelt wird immer lauter, gleichzeitig werden die Menschen immer älter“, erklärt der Leipziger Biologe. Aktuell seien nach Schätzungen von Hörgeräteherstellern und Ärzten bis zu 25 Prozent der Hörgeräte nicht im Einsatz, weil Patienten häufig unterschätzen, dass das Gehirn Zeit zur Gewöhnung braucht, und stattdessen eine sofortige Verbesserung erwarten. „Wenn wir den Gewöhnungsprozess besser verstehen, können wir ihn vielleicht beschleunigen, sodass Patienten zielgerichtet beraten werden könnten.“
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