Forscher wollen neuartige Biofasern aus einem Seidenprotein der Florfliege nun in großen Mengen biotechnologisch herstellen. Die hochgradig biegesteife Faser könnte auch bei biokompatiblen Beschichtungen von Implantaten zum Einsatz kommen.
Florfliegen schützen ihren Nachwuchs vor bodennahen Fressfeinden, indem sie ihre Eier auf der Unterseite von Blättern ablegen – auf der Spitze von stabilen seidenen Fäden. Diese sogenannten Eierstiele sind nur etwa 15 µm dick und halten das Gewicht der Eier problemlos. Um solch beeindruckende Faser herzustellen, sondert die Florfliege auf dem Blatt ein Proteinsekret ab. Das Ei wird anschließend in den Tropfen gelegt und senkrecht zur Oberfläche herausgezogen. Der entstehende Seidenfaden härtet dann an der Luft aus.
Bakterien produzieren Seidenproteine
Im Unterschied zu den meisten anderen Seidenarten weist der Eistiel der Florfliege eine spezielle Struktur mit faszinierenden mechanischen Eigenschaften auf: Die Florfliegenseide ist äußerst biegesteif und stabil. „Diese Besonderheit möchten wir auf Fasern aus Florfliegenseide übertragen. Bisher war es jedoch nicht möglich, derartige Seidenproteine in ausreichender Menge und Reinheit herzustellen“, erklärt Martin Schmidt, Biotechnologe am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Firma Amsilk GmbH aus Martinsried, München, arbeitet der Forscher daran, Florfliegen-Seidenproteine mit Hilfe von Bakterien in großen Mengen mittels eines biotechnologischen Prozesses herzustellen.
Die molekularbiologischen Vorarbeiten führte das Team von Prof. Thomas Scheibel vom Lehrstuhl Biomaterialien der Universität Bayreuth durch. Sie konstruierten eine spezielle Gensequenz, welche Bakterien befähigt, das Seidenprotein herzustellen. Am Fraunhofer IAP optimiert Martin Schmidt nun das Herstellungsverfahren, so dass das Seidenprotein kostengünstig in industrierelevanten Mengen hergestellt werden kann.
Fasern – weich oder biegesteif
Das mittelständische Unternehmen Amsilk unterstützt dieses Projekt mit molekularbiologischen Arbeiten, sowie mit seinem umfangreichen Knowhow im Bereich der Seidenanalytik und -produktion. „Unsere Seidentechnologie ist mittlerweile etabliert und erste Produkte sind bereits am Markt verfügbar. Während die von uns verwendete Biosteel-Faser nach dem Vorbild der Spinnenseide aber eher weich und flexibel ist, ist Florfliegenseide sehr biegesteif. Diese spezielle Eigenschaft macht sie für die Medizintechnik, aber auch als Verstärkungsfaser für den Leichtbau, also beispielsweise für Autos, Flugzeuge oder Schiffe, interessant“, erklärt Dr. Lin Römer, wissenschaftlicher Geschäftsführer von Amsilk.
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