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Erstmal eine Aufgabe lösen

Servicerobotik: Bis Generalisten in der Pflege unterwegs sind, dauert es noch eine Weile
Erstmal eine Aufgabe lösen

Ob in Krankenhäusern oder Zuhause, im OP oder als therapeutische Unterstützung – Serviceroboter sind auf dem Vormarsch. In den kommenden Jahren ist vor allem mit einfachen, sehr spezialisierten und stark funktional gestalteten Systemen zu rechnen.

Sie entsorgen Schmutzwäsche, transportieren Essen und bringen den Abfall weg: In mehr als 50 deutschen Krankenhäusern sind fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) bereits im Einsatz. Noch arbeiten sie in separaten Bereichen, die nur das Personal betreten darf. „In jüngster Zeit wurden aber erste Lösungen vorgestellt, die den Betrieb der FTF auch im öffentlichen Raum ermöglichen“, sagt Birgit Graf, Gruppenleiterin Haushalts- und Assistenzrobotik am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart.

Dazu gehört beispielsweise der im Wi-Mi-Care-Projekt von der MLR System GmbH entwickelte „Casero“: Das frei navigierende Transportfahrzeug kann unter anderem Wäsche, Medikamente und Patientenakten zwischen den Stationen hin und her transportieren. In der Nachtschicht unterstützt es Pflegekräfte, indem es in den Korridoren patrouilliert, Bewohner erkennt und im Notfall Equipment für die Erste Hilfe bereitstellt.
Der vom Fraunhofer IPA entwickelte „Care-O-bot 3“ geht noch einen Schritt weiter: Er interagiert mit den Bewohnern und kann mithilfe seines Roboterarms Becher an einem Wasserspender füllen und sie servieren. Seine Anbindung an eine Bewohnerdatenbank ermöglicht es dem Roboter sogar, einzelne Personen auf der Station zu identifizieren und gezielt diejenigen anzusprechen, die zu wenig getrunken haben.
„Care-O-bot ist für uns vor allem eine Entwicklungs- und Erprobungsplattform, die wir nutzen, um darauf aufbauend neue, produktnähere Roboter für spezielle Anwendungsfelder zu entwickeln“, erklärt Birgit Graf. Der Transfer dieser Ergebnisse in die Industrie ermögliche die Entwicklung neuer Produkte und die damit verbundene Erschließung dieses Anwendungsfelds.
Deutschlandweit im Einsatz sind auch so genannte emotionale Roboter: Ergotherapeuten setzen Roboter in Form von Robben in der stationären Altenpflege als therapeutisches Hilfsmittel ein, um Zugang zu dementen Personen zu bekommen – ein entsprechendes Produkt trägt den Namen „Paro“ – und für einen weiteren Roboter namens „Pleo“ waren Dinosaurier das Vorbild. Die Märchenfigur „Kaspar“ und das Küken „Keepon“ werden bei Kindern mit Autismus mit dem gleichen Ziel eingesetzt.
Die Einsatzbandbreite von Service-Robotern ist also breit gefächert. 2012 wurden laut der International Federation of Robotics (IFR) weltweit fast zwei Millionen Haushaltsroboter verkauft, bis zum Jahr 2016 soll die Zahl auf 15 Millionen steigen. Im Bereich der Serviceroboter, die ältere und behinderte Menschen unterstützen, registrierte die IFR mit 159 Stück 2012 die geringste Verkaufszahl. Bis 2016 wird jedoch ein Anstieg auf über 6000 verkaufte Roboter prognostiziert.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels haben Serviceroboter-Entwicklungen in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Homecare in den vergangenen Jahren stark zugenommen: „Wir werden die Folgen des demografischen Wandels nur mit der Hilfe der Servicerobotik bewältigen“, sagt Wolfgang Ertel, Professor für Informatik und Leiter des Instituts für Künstliche Intelligenz an der Hochschule Ravensburg-Weingarten. Dabei gehe es nicht darum, Pflegehilfskräfte durch Roboter zu ersetzen, sondern sie zu entlasten, damit sie am Ende mehr Zeit für den Patienten haben.
Der sozialwissenschaftliche Aspekt spielt auch in dem aktuellen dreijährigen Forschungsprojekt „Assistenzroboter für Menschen mit einer körperlichen Behinderung“ an der Hochschule Ravensburg-Weingarten eine bedeutende Rolle: Informatiker entwickeln hier einen Assistenzroboter, der Haushaltstätigkeiten erledigen soll. Doch bevor sie anfangen zu programmieren, klären Sozialwissenschaftler den Bedarf in der Praxis. Der externe Projektpartner ist eine soziale Einrichtung mit über 3000 Mitarbeiten. In ersten Gesprächen konnten die Bewohner mit körperlichen Behinderungen ihre Erwartungen an Serviceroboter konkretisieren. Es liegt nun an den Wissenschaftlern, die Wünsche umzusetzen. „Dass Informatiker, Sozialwissenschaftler und Pflegeexperten Hand in Hand arbeiten, ist für uns eine einzigartige Konstellation“, sagt Ertel.
Neben der langfristig ausgerichteten Aufgabe der Haushaltsunterstützung beschäftigen sich aktuell Forschungsprojekte mit mobilen Robotern als Kommunikationsassistenten. „Es geht darum, Roboter mit interaktiven Fähigkeiten auszustatten“, erklärt Birgit Graf, die im Verband der Elektrotechnik (VDE) die Projektgruppe „Servicerobotik für den demographischen Wandel“ koordiniert. Ein mobiler Roboter der Ilmenauer Metralabs GmbH, der den Namen Scitos trägt, wird in diesem Zusammenhang weiterentwickelt und soll in zwei bis drei Jahren marktreif sein. Neben Spielen, Unterhaltung und Videotelefonie ist der eineinhalb Meter große sprachgesteuerte Roboter in der Lage, einen Notruf abzusetzen. In Zukunft soll er auch Hilferufe, Wimmern oder Stürze akustisch erkennen und automatisch eine Verbindung zum Pflegedienstleister herstellen.
„Vor einem flächendeckenden Einsatz solcher Roboter sind aber noch grundlegende Herausforderungen zu lösen“, resümiert Birgit Graf. Kosteneffizienz und die Zuverlässigkeit der Serviceroboter stünden da obenan. Viele Forschungsplattformen werden dafür entwickelt, möglichst viele Assistenzfunktionen umzusetzen. Doch diese Roboter sind für einen wirtschaftlichen Einsatz in der Praxis zu teuer und zu fehleranfällig. In den kommenden Jahren sei deshalb vor allem eher mit einfachen, sehr spezialisierten und stark funktionalisierten Servicerobotern zu rechnen, die eng umrissene Aufgaben sicher und zuverlässig erfüllen.
Ein Beispiel ist der Mobile Notfallassistent „Mobina“ des Fraunhofer IPA: Im Alltag dient das Gerät als „Tablet-Computer auf Rädern“. Der Benutzer kann mit Verwandten skypen und wird an seine Medikamenteneinnahme erinnert. Im Notfall prüft der mobile Assistent, der in Verbindung mit einem in der Wohnung installierten stationären Sensor- und Kamerasystem arbeitet, die Lage und nimmt gegebenenfalls Kontakt zu einer Notfallzentrale auf. „Erst mittel- und langfristig wird es in der Servicerobotik echte ,Generalisten‘ geben, die mehrere Aufgaben auf einmal lösen“, sagt Birgit Graf.
Katja Lüers Fachjournalistin in Oldenburg
Weitere Informationen Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA: www.ipa.fraunhofer.de/robotersysteme Über den Care-O-bot: www.care-o-bot.de Zur Arbeitsgruppe an der Hochschule Ravensburg-Weingarten: www.hs-weingarten.de/~ertel

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