Das größte Organ des Menschen – die Haut – ist das wohl funktionell vielseitigste Körperteil: Sie kann nicht nur verschiedenste Reize sekundenschnell unterscheiden, sondern auch die Intensität der Signale über eine weite Spanne einordnen. Einem Forscherteam des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und der Linzer Universität ist es gelungen, ein elektronisches Gegenstück herzustellen, das ähnliche Eigenschaften aufweist.
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte ihr neuer Sensor das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine stark vereinfachen, wie Dr. Denys Makarov vom Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung des HZDR erklärt: „Anwendungen in der Virtuellen Realität werden immer komplexer. Wir benötigen deswegen Verbindungsgeräte, die unterschiedliche Interaktionsmethoden kombinieren.“
Die bisherigen Systeme funktionieren allerdings entweder nur, indem sie tatsächliche physische Berührungen registrieren oder indem sie Objekte über technische Mittel berührungslos verfolgen. Zum ersten Mal sind die beiden Interaktionswege nun auf dem Sensor, den die Wissenschaftler als „Magnetisches mikroelektromechanisches System“ (m-MEMS) bezeichnen, vereint. „Unser Sensor verarbeitet die elektrischen Signale der berührungslosen und der taktilen Interaktionen in unterschiedlichen Regionen“, erläutert der Erstautor der Veröffentlichung, Dr. Jin Ge vom HZDR, und fährt fort, „dadurch kann er den Ursprung der Reize in Echtzeit unterscheiden und störende Einflüsse von anderen Quellen ausblenden.“ Grundlage dafür ist das ausgefallene Design, das die Wissenschaftler ausgetüftelt haben.
Flexibel auf der Haut
Auf einer hauchdünnen Polymer-Folie haben sie zunächst einen Magnetsensor angebracht, der auf dem sogenannten Riesenmagnetowiderstand (GMR, Giant Magneto Resistance) aufbaut. Diese Folie wiederum verschließt ein Loch, das genau in der Mitte einer zweiten Silizium-basierten Polymerschicht (Polydimethylsiloxan) liegt. In diese runde Aussparung fügten die Forscher einen Permanentmagneten ein, aus dessen Oberfläche weiche, pyramidenartige Spitzen herausragen.
„Das Ergebnis erinnert zwar eher an ein Stück Frischhaltefolie mit optischen Verzierungen“, scherzt Makarov. „Aber gerade darin liegt eine der Stärken unseres Sensors.“ Denn so bleibt er äußerst flexibel: Er passt sich an alle Umgebungen perfekt an. Selbst unter gekrümmten Bedingungen funktioniert er ohne seine Funktionalität einzubüßen.
Auch virtuelle Objekte steuern
Der Sensor lässt sich somit ganz einfach zum Beispiel auf der Fingerspitze platzieren. Mit dem Sensor lassen sich so per Finger sowohl physische, als auch virtuelle Objekte gezielt steuern.
Eine Handlung, die bislang mehrere Interaktionen erfordert hätte, konnten die Forscher somit auf eine einzige reduzieren. „Das mag zunächst vielleicht nur wie ein kleiner Schritt klingen“, sagt Prof. Martin Kaltenbrunner vom Soft Electronics Laboratory der Uni Leipzig. „Langfristig lässt sich auf dieser Grundlage jedoch eine bessere Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine aufbauen.“
So könnte die „elektronische Haut“ – neben Räumen der Virtuellen Realität – zum Beispiel auch Einsatz in sterilen Umgebungen finden. Chirurgen könnten die Sensoren nutzen, um medizinische Geräte während einer Behandlung berührungslos zu bedienen, was die Gefahr einer Kontamination verringern würde.
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