Um Krebs zuverlässig zu diagnostizieren, führen Ärzte meist eine Biopsie inklusive Gewebeuntersuchung durch. Ein mikroskopischer Bildsensor, montiert in ein Endoskop, soll sich künftig für die in-vivo-Krebsdiagnose einsetzen lassen. Tumore könnten so schnell entdeckt werden.
Früherkennung ist noch immer das Mittel der Wahl, um Krebs erfolgreich zu bekämpfen. Doch nicht hinter jedem Knoten verbirgt sich ein bösartiger Tumor. Um festzustellen, ob Krebszellen vorhanden sind, nehmen Ärzte in der Regel eine Biopsie vor und untersuchen das entnommene Gewebe anschließend unter dem Mikroskop. Dieses Verfahren ist nicht nur für den Patienten psychisch sehr belastend, sondern auch zeitaufwendig. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden wollen die Krebsdiagnose jetzt erheblich beschleunigen. Ermöglichen soll dies ein neu entwickelter Mikroskopkopf, der einen Durchmesser von lediglich 8 mm hat. Er kann Gewebezellen mit einer Größe von nur 10 bis 20 µm optisch auflösen und darstellen. Eingepasst in die Spitze eines Endoskops lässt er sich künftig für die in-vivo-Krebsdiagnose nutzen und wie bei einem minimalinvasiven Einsatz in den Körper einführen. Die Vision der Wissenschaftler: Der MEMS-basierte Mikroskopkopf (kurz für Micro Electro Mechanical Systems) soll Biopsien überflüssig machen. Durch eine ‚Diagnose in Echtzeit‘ könnten Mediziner sich rasch für die notwendige Therapie entscheiden. „Bislang sind endoskopisch anwendbare mikroskopische Bildaufnehmer nicht erhältlich. Wir haben erstmals einen solchen laserbasierten Sensor entwickelt“, erklärt Dr. Michael Scholles, Geschäftsfeldleiter am IPMS. „In der klassischen Endoskopie mit makroskopischen Abbildungsmaßstäben reichen CCD- oder CMOS-Bildsensoren aus, wie sie auch in Digicams oder Handys verwendet werden. Für die Endomikroskopie sind hingegen MEMS-basierte Bildaufnehmer von Vorteil, da diese auch ohne voluminöse Optik selbst kleinste Objektfelder wie Zellen ausreichend vergrößern können. Wir haben den Sensor mit einem Mikroscannerspiegel kombiniert – so erreichen wir die erforderlichen Auflösungen von 10 µm, können also kleinste Strukturen extrem vergrößern“.
Doch wie funktioniert das System? Der Laser selbst befindet sich im OP-Saal. Das Laserlicht wird über eine Sendefaser an den in der Endoskopspitze angebrachten Mikroscannerspiegel weitergeleitet. Dieser lenkt den Laserstrahl ab und beleuchtet das verdächtige Gewebe punktuell. Ein in der Endoskopspitze montiertes Glasfaserbündel überträgt das reflektierte Licht an den externen Sensor. Dieser erhält so ein Signal mit der Bildinformation. Ein Detektor misst die Position des Scannerspiegels präzise. So lässt sich bestimmen, welcher Bereich der Szene gerade ausgeleuchtet wird. Durch das Zusammenführen von Positions- und Bildsensorsignal können Mediziner das zweidimensionale Bild vollständig rekonstruieren.
„Ein wichtiger Punkt der Entwicklung war eine geeignete Mikromontage für den Endoskopkopf. Dabei standen wir vor der Herausforderung, das System für den Einsatz im Endoskop montagefähig zu machen. Dies ist uns gelungen. Zukünftig soll unser Mikroskopkopf in größeren Stückzahlen automatisiert fertigbar sein und sich dann in Endoskope einbauen lassen“, resümiert Scholles. Der Experte sieht ein breites Anwendungsspektrum für das System: „Denkbar ist nicht nur der Einsatz in der medizinischen und biologischen Mikroskopie, sondern auch in der technischen Endoskopie – etwa zum Darstellen von Hohlräumen in Gebäuden und im Innenleben von Motoren und Turbinen.“ su
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