Herzklappen regulieren den Blutfluss, um den Körper mit ausreichend Blut zu versorgen. Schließen sie nicht mehr richtig, zum Beispiel aufgrund eines Herzinfarkts, sorgen künstliche Herzklappen für die nötige Leistungsfähigkeit. Doch auf der Metalloberfläche von herkömmlichen Ersatz-Herzklappen setzen sich leicht Blutplättchen fest. Um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern, müssen Patienten daher lebenslang Medikamente nehmen.
Bestimmte blutabweisende Kunststoffe, wie zum Beispiel so genannte niederenergetische Kunststoffe, könnten ein Alternativmaterial sein. Sie waren für den Einsatz als Herzklappe aber bislang zu weich. Solch komplexe medizinische Anwendungen verlangen häufig Materialien, die gleichzeitig sehr unterschiedliche oder sogar gegensätzliche Eigenschaften erfüllen. Und nicht selten lassen sich diese Werkstoffe auch nur schwer miteinander verbinden.
Kombination von blutabweisend und stabil
Einem Forschungsteam des Instituts für Materialwissenschaften der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ist es jetzt in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, gelungen, einen solchen weichen, blutabweisenden Kunststoff mit einem stabilen Kunststoff zu kombinieren. Es handelt sich dabei um den weichen Kunststoff PDMS (Polydimethylsiloxan) und den hochstabilen Kunststoff PEEK (Polyetheretherketon).
In dem neu entwickelten Verfahren werden die Oberflächen der beiden Materialien mechanisch ineinander verhakt. Durch diese Verbindung wurde der blutabweisende Kunststoff PDMS robust genug, um auch starken Druckbelastungen standzuhalten, wie denen einer sich ständig öffnenden und schließenden Herzklappe.
Erste Labortests an der Klinik für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie des UKSH, Campus Lübeck, bestätigten, dass auf dem neuen Kompositmaterial deutlich weniger Blutplättchen anhaften als auf herkömmlichen Materialien wie Titan oder diamantähnlichen Kohlenstoffschichten, die bereits für künstliche Herzklappen genutzt werden.
Interessant für Transkatheterklappen
„Kunststoffe, die gleichzeitig flexibel und robust sind, könnten besonders interessant sein für so genannte Transkatheterklappen. Sie werden durch eine schonende, minimal-invasive Methode ohne Operation in den Körper eingeführt und müssen daher besonderen Materialanforderungen genügen“, unterstreicht Prof. Hans-Hinrich Sievers, UKSH, die Bedeutung, die das neue Verfahren für medizinische Anwendungen haben könnte.