So genannte Magnetbakterien der Spezies Magnetospirillum gryphiswaldense richten ihre Fortbewegungen am Erdmagnetfeld aus. In ihren Zellen sind magnetische Nanopartikel, die Magnetosomen, kettenförmig angeordnet und bilden damit eine Art Kompass-Nadel. Jedes Magnetosom besteht aus einem magnetischen Eisenoxid-Kern, welcher von einer Membran umgeben ist. Diese enthält neben Lipiden (Fetten) eine Vielzahl von Proteinen (Eiweißen).
Mikrobiologen der Universität Bayreuth ist es nun gelungen, an diese Proteine biochemisch aktive funktionelle Gruppen anzukoppeln, welche aus verschiedenen Fremdorganismen stammen. Das dabei angewendete Verfahren setzt bei den Genen an, die für die Biosynthese der Membran-Proteine zuständig sind. Diese Gene werden aus dem Genom (Erbgut) der Bakterien herausgelöst und mit Genen gekoppelt, welche die Herstellung der jeweiligen funktionellen Gruppen steuern. Sobald die Gene wieder in das Genom eingebaut sind, produzieren die umprogrammierten Bakterien Magnetosomen, auf deren Oberfläche diese Gruppen fest installiert sind.
Bakterien werden umprogrammiert
Im Einzelnen wurden vier unterschiedliche funktionelle Gruppen mit Membran-Proteinen gekoppelt. Hierzu gehört das Enzym Glukose-Oxidase aus einem Schimmelpilz, das heute bereits als „Zuckersensor“ bei Diabetes-Erkrankungen angewendet wird. Ebenso konnten ein grün-fluoreszierendes Protein aus einer Qualle sowie ein farbstoffbildendes Enzym aus dem Bakterium Escherichia coli, dessen Aktivität sich leicht messen lässt, auf der Oberfläche der Magnetosomen installiert werden. Die vierte funktionelle Gruppe ist ein Antikörper-Fragment aus einem Lama.
„Mit dieser genetischen Umprogrammierung haben wir die Bakterien dazu gebracht, Magnetosomen zu produzieren, die bei einer Bestrahlung mit UV-Licht grün leuchten und zugleich biokatalytische Funktionen haben. Auf ihren Oberflächen können zielgenau verschiedene biochemische Funktionen installiert werden“, sagt Prof. Dirk Schüler, der die Forschungsarbeiten koordiniert hat. Die Magnetosomen der Bakterien verwandeln sich so in multifunktionale Nanopartikel mit faszinierenden Funktionen und Eigenschaften.
Baukasten für Biomaterial nach Wunsch
Das Verfahren der genetischen Umprogrammierung stellt die Grundlage für einen „genetischen Baukasten“ dar, der die Herstellung maßgeschneiderter biokompatibler Magnet-Nanopartikel erlaubt. Ganz unterschiedliche Funktionen und Eigenschaften lassen sich kombinieren. Die Partikel könnten zukünftig beispielsweise als Kontrastmittel in Bildgebungsverfahren oder als Sensoren in der Diagnostik Anwendung finden. Die Partikel könnten so helfen, Tumorzellen aufzuspüren und zu zerstören. Ein weiteres Anwendungsfeld sind Bioreaktorsysteme. Hierfür eignen sich Magnet-Nanopartikel, die mit winzigen Katalysatoren bestückt sind und komplexe biochemische Prozesse ermöglichen.
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http://dx.doi.org/10.1002/smll.201906922