Möglichst wenig Antibiotika einzusetzen, ist wichtig, um die Entwicklung resistenter Bakterienstämme zu verringern. Die exakte erforderliche Menge für einen bestimmten Patienten zu definieren und beibehalten zu können, wäre dafür hilfreich. Dabei könnte ein neuartiger Biosensor gute Dienste leisten: Damit ließ sich erstmals in Atemproben von Säugetieren die Konzentration von Antibiotika im Körper bestimmen. Die Atemmessungen entsprachen dem Antibiotikagehalt im Blut. Den Biosensor – einen so genannten Multiplex-Chip, der gleichzeitig mehrere Messproben und Teststoffe erfasst – haben Ingenieure und Biotechnologe der Universität Freiburg entwickelt.
Synthetische Proteine als Biosensor für Antibiotika
Dass Messprinzip beruht auf synthetischen Proteinen, die auf Antibiotika reagieren und damit eine Stromänderung erzeugen. An der Entwicklung beteiligt waren die Forschungsgruppe um Dr. Can Dincer und Ceren Ates vom FIT Freiburger Zentrum für interaktive Werkstoffe und bioinspirierte Technologien sowie von Prof. Dr. Wilfried Weber, Professor für Synthetische Biologie und Mitglied im Sprecherteam des Exzellenzclusters CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies.
Die Forschenden testeten den Biosensor an Blut, Plasma, Urin, Speichel und im Atem von Schweinen, die Antibiotika erhielten. Sie konnten nachweisen, dass die Messungen mittels Biosensoren im Plasma der Schweine so zuverlässig sind, wie das Standardlaborverfahren in der Medizin. „Im Atem konnten Forschende bishernur Spuren von Antibiotika nachweisen“, erklärt Dincer. „Mit unseren synthetischen Proteinen auf einem Mikrofluidik-Chip bestimmen wir kleinste Konzentrationen im Atemgaskondensat, und diese korrelieren mit den Blutwerten.“
Biosensor soll besser Kontrolle der Antibiotika-Therapie ermöglichen
Bei schweren Infektionen müssen Mediziner den Antibiotikapegel im Blut innerhalb eines personalisierten therapeutischen Bereichs stabil halten. Ansonsten drohen etwa Blutvergiftung und Organversagen bis hin zum Tod der Patienten. Außerdem können sich die Bakterien bei niedriger Antibiotika-Gabe so verändern, dass die Medikamente nicht mehr wirken: Sie werden resistent.
„Die schnelle Überwachung der Antibiotika-Werte wäre in der Klinik von großem Nutzen“, so Ates, „die Methode ließe sich möglicherweise in eine herkömmliche Gesichtsmaske einbauen.“ Dincer entwickelt in einem weiteren Projekt an der Universität Freiburg tragbare Papiersensoren für die kontinuierliche Messung von Biomarkern im Atem. Zur Validierung des Antibiotikasensors sind klinische Tests geplant, die das System an menschlichen Proben prüfen.
Biosensor in Anlehnung an Rezeptoren resistenter Stämme entwickelt
Der Mikrofluidik-Biosensor trägt auf einem Polymerfilm befestigte Proteine, die so genannte Beta-Laktam-Antibiotika wie etwa Penicillin erkennen. Das in der Probe untersuchte Antibiotikum und ein enzymgekoppeltes Beta-Lactam konkurrieren um die Bindung dieser bakteriellen Proteine. Diese Konkurrenz erzeugt eine Stromänderung wie in einer Batterie: Je mehr Antibiotikum in der Probe vorhanden ist, desto weniger Enzymprodukt entsteht, was zu einem geringeren messbaren Strom führt. Das Verfahren basiert auf einem natürlichen Rezeptorprotein, mit dem resistente Bakterien das für sie gefährliche Antibiotikum erkennen. „Wir schlagen die Bakterien sozusagen mit ihren eigenen Waffen“, beschreibt Weber das von seiner Gruppe entwickelte Verfahren.
Kontakt zu den Forschern
Dr. Can Dincer
FIT Freiburger Zentrum für interaktive Werkstoffe und bioinspirierte Technologien & Institut für Mikrosystemtechnik – IMTEK
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
E-Mail: dincer@imtek.de
Twitter: @CanDincer83