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Kupfer für komplexe Werkzeuge

Selektives Laserschmelzen: Jetzt auch mit Kupferpulver
Kupfer für komplexe Werkzeuge

Den Verfahren für das Rapid Manufacturing haben sich Kupferwerkstoffe bislang erfolgreich entzogen. Ihre physikalischen Eigenschaften waren einfach zu ungünstig. Nun haben Forscher diese Probleme für das selektive Laserschmelzen überwunden.

Rapid Manufacturing tritt generell in der industriellen Fertigungstechnik gerade seinen Siegeszug an. Mit diesem Fertigungsverfahren lassen sich digitalisierte Konstruktionsdaten direkt und schnell in Werkstücke umsetzen. Für Metalle eignet sich insbesondere das selektive Laserschmelzen (Selective Laser Melting, SLM), um kompliziert geformte Bauteile herzustellen, die mit konventioneller Technik nur unter höchstem Aufwand oder gar nicht produzierbar wären.

Bisher war es aber nicht möglich, das SLM auf Kupferlegierungen anzuwenden. Wissenschaftlern am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen ist es im Rahmen des Projektes InnoSurface nun gelungen, das Verfahren zu modifizieren und die technischen Probleme auch für Kupfer zu lösen. Das bietet zum Beispiel für die Herstellung von Werkzeugen für die Kunststoff-Verarbeitung große Vorteile, wenn das sehr gut Wärme leitende Metall dort auch zu komplexen Geometrien geformt werden könnte.
Gerade wegen der hohen Wärmeleitfähigkeit von Kupfer und Kupferlegierungen war es bisher jedoch nicht möglich, SLM auf diese Werkstoffe anzuwenden. Zwar hat Kupfer einen niedrigeren Schmelzpunkt als Stahl. Es absorbiert aber das zum Schmelzen eingesetzte Laserlicht nicht so gut und gibt von der zugeführten Wärme schnell wieder viel ab. Das führt dazu, dass die Schmelzspur während des Prozesses abreißt und sich winzige Schmelzkugeln bilden. Diese sind deutlich höher als die Schichtdicke und stören den weiteren Verfahrensablauf. Außerdem erzeugen sie Hohlräume und verringern so die Dichte des späteren Bauteils.
„Um die hohe Wärmeabfuhr und den geringen Absorptionsgrad des Kupfers während des Aufschmelzens zu kompensieren, setzen wir anstelle der zur Zeit beim SLM üblichen 200-Watt-Laser einen Laser mit 1000 Watt Leistung ein“, sagt Projektleiter David Becker. Um befriedigende Ergebnisse zu erzielen, wählte er einen Laser, der ein besonders gleichmäßiges Strahlprofil zeigt.
Gleichzeitig haben Becker und sein Team die gesamte Anlage so modifiziert, dass der hohe Energieeintrag nicht zu Störungen führt: Sie haben beispielsweise die Schutzgasführung und die Mechanik geändert.
„Versuche mit der Kupferlegierung Hovadur K220 zeigen bereits hervorragende Ergebnisse“, so Becker. Die Dichte der Werkstücke beträgt seinen Angaben zu Folge nahezu 100 %. Das Verfahren ist damit bereit für den industriellen Einsatz.
Gerade die große Wärmeleitfähigkeit prädestiniert Kupfer und seine Legierungen für viele Anwendungen. Sollen zum Beispiel Kunststoffteile durch Spritzgießen hergestellt werden, helfen Einsätze aus derartigen Materialien in Stahlwerkzeugen dabei, die Wärme an kritischen Stellen besonders schnell abzuführen. Solche Einsätze lassen sich nun mit dem SLM-Verfahren aus Kupfer gut herstellen und zusätzlich mit konturnahen Kühlkanälen versehen, in denen ein Kühlmittel, beispielsweise Wasser, fließt. Durch die gleichmäßige und schnelle Abkühlung im gesamten Werkzeug werden dann Taktzeiten und Verzug minimiert.
Demnächst wollen die Aachener Forscher aber noch einen Schritt weiter gehen und nicht nur Kupferlegierungen, sondern reines Kupfer zu dichten Bauteilen verarbeiten. Dessen Wärmeleitfähigkeit ist noch einmal fast doppelt so hoch wie bei Hovadur K220.
Axel Bauer Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT, Aachen

Selektives Laserschmelzen
Beim selektiven Laserschmelzen (SLM) wird das Werkstück auf einer Plattform schichtweise aus einem pulverförmigen Werkstoff aufgebaut. Das funktioniert im Grunde wie ein Drucker in drei Dimensionen. Die Konstruktionsdaten für das Werkstück liefert der Computer. Nach seinen Vorgaben wird das Metallpulver schichtweise aufgetragen und mit einem Laserstrahl an den vorgegebenen Stellen zum Schmelzen gebracht. Es verbindet sich dadurch fest mit dem fertigen Teil des Objekts. Materialprüfungen haben gezeigt, dass derart erzeugte Komponenten aus Stahl oder Leichtmetall nach einer Wärmebehandlung eine ebenso hohe Güte aufweisen wie konventionell hergestellte. Wie sich SLM in der Flugzeugindustrie für die Fertigung komplexer Triebwerks-Bauteile einsetzen lässt, haben die Aachener ILT-Wissenschaftler in den vergangenen Jahren untersucht. Die Bauteile müssen sich in einer einzigen Sekunde mehr als 1000 Mal drehen, Temperaturen von bis zu 2000 °C und extremen Drücken standhalten, leicht sein und dennoch höchsten Sicherheitsstandards genügen. Mit SLM lassen sich solche kompletten Komponenten fertigen, aber auch beschädigte Teile reparieren. „Wir haben mit Inconel 718, einer Nickelbasis-Superlegierung, und Titanlegierungen schon sehr gute Ergebnisse erzielt“, sagt Dr. Konrad Wissenbach, der an diesem Projekt mitgearbeitet hat. „Bei anderen rissempfindlichen Werkstoffen sind wir noch nicht ganz so weit.“ Hier wollen die Forscher Risse durch Schmelzen oder Pressen wieder verschließen oder die Rissbildung mit Variationen der Laserleistung, der Strahlgeometrie, der Aufbaustrategie und der Vorwärmung der Bauplattform vermeiden.

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